Verkaufsoffene Sonntage: Fürth und Ansbach hadern

28.7.2019, 05:53 Uhr
Die verkaufsoffenen Sonntage sind in Nürnberg und der Region beliebt.

© Günter Distler Die verkaufsoffenen Sonntage sind in Nürnberg und der Region beliebt.

Ja, was denn nun, Herr Wirtschaftsminister? Noch in diesem Frühjahr wollte Hubert Aiwanger (FW) die Vorgaben für verkaufsoffene Sonntage in Bayern lockern, wie er auf der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) in München angekündigt hatte – zur Freude des stationären Einzelhandels, zum Verdruss der Sonntagsallianz, einem Bündnis aus Gewerkschafts- und Kirchen-Vertretern, das seit Jahren für den Sonntagsschutz kämpft, auch mit juristischen Mitteln.

Zu Sommerbeginn hieß es dann, wie Aiwanger eine Ministeriumssprecherin mitteilen ließ, die Regelungen für einen verkaufsoffenen Sonntag sollten ausgeweitet werden. Es müsse eine weitere Definition der Anlässe geben. Und diese Woche schließlich sagte der Minister beim IHK–Kammergespräch in Nürnberg: "An den vier verkaufsoffenen Sonntagen, die möglich sind, will ich nicht drehen." Allerdings plädierte Aiwanger für zwei lange Verkaufsnächte pro Jahr. "Das bringt Leben in die Städte und nutzt dem Einzelhandel."

Ärger wegen Einschränkungen

Verkaufsoffene Sonntage: Fürth und Ansbach hadern

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Seit gut zehn Jahren ist die Sonntagsöffnung Ländersache. In Bayern dürfen Geschäfte bisher an bis zu vier Sonn- und Feiertagen im Jahr öffnen. Dafür gelten jedoch mehrere Einschränkungen, mit denen etliche Kommunen hadern, darunter Ansbach und Fürth.

Demnach dürfen Läden sonntags nur dann verkaufen, wenn es einen speziellen Anlass dafür gibt, etwa eine Traditionsveranstaltung, einen Markt, eine Messe oder ein Fest. Genau dieser Anlassbezug könnte nun der Hebel für Aiwanger sein – einerseits die bestehende Regelung beizubehalten, andererseits aber eine von vielen stationären Händlern geforderte flexiblere Lösung zu ermöglichen.

Momentan müssen Kommunen – so stellte das Bundesverwaltungsgericht Ende 2015 klar – zudem nachweisen, dass die anlassgebende Veranstaltung mehr Besucher anzieht als die offenen Geschäfte. Außerdem dürfen nur Läden in unmittelbarer Nähe der Veranstaltung öffnen, also etwa keine Möbelmärkte am Stadtrand, wenn das fragliche Fest in der Innenstadt steigt.

Gerade dieser Aspekt sorgte in Ansbach im Vorjahr für reichlich Ärger. Im Widerspruch zu den Vorgaben hatten nicht nur Geschäfte im Umfeld des fraglichen Festes am Sonntag geöffnet, sondern auch das Brücken-Center.

Klage gegen Ansbacher Praxis

Die Sonntagsallianz klagte mit Erfolg gegen die Ansbacher Praxis. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verbot daraufhin einen verkaufsoffenen Sonntag – und mehr noch: erklärte die fragliche Verordnung der Stadt für unwirksam. Das bedeutete das vorläufige Aus für alle drei verkaufsoffenen Sonntage. "Wer nicht hören will, muss fühlen", kommentierte seinerzeit die stellvertretende ver.di-Bezirksgeschäftsführerin Rita Wittmann. Man hoffe nun, dass auch andere Städte die Rechtsprechung umsetzten.

Zum Beispiel Fürth. Hier steht aktuell eine Drohung der Sonntagsallianz im Raum: Setzt die Stadt ihre neue Verordnung zu den Sonntagsöffnungen wie geplant um, werde man im Härtefall ein juristisches Vorgehen ins Auge fassen. Die Abstriche gehen Gewerkschaften und Kirchen nicht weit genug.

 

 

 

Der Stadtrat zeigte sich jedoch zuletzt unbeeindruckt und stimmte dem Vorschlag der Stadtspitze zu: Die Zahl der Handelssonntage wird von vier auf drei reduziert, es entfällt die Öffnung anlässlich des Fürth Festivals im Juli. Beim Frühlingsfest und am ersten Kärwa-Sonntag sollen zudem nur noch Läden im Zentrum aufsperren dürfen.

Am Bauernsonntag der Kirchweih allerdings bleibt weiter im gesamten Stadtgebiet geöffnet – wegen der "regionalen Strahlkraft" des Kirchweihfestzugs, so die Argumentation. Ein Vorschlag der Grünen, den Handel auch hier auf die Innenstadt zu beschränken, um weitere Schritte der Allianz zu vermeiden, fiel durch.

"Fürth mit akzeptablem Kompromiss"

Nach Ansicht von Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) handelt es sich bei der neuen Verordnung um einen akzeptablen Kompromiss. Weitere Streichungen schaden in seinen Augen dem stationären Handel in Fürth und kommen allein dem Onlinehandel zugute. Jung verwies auch auf das Beispiel Schwabach, wo mit Duldung der dortigen Allianz-Vertreter weiter vier verkaufsoffene Sonntage erlaubt seien. Werde vor diesem Hintergrund gegen Fürth geklagt, wäre das, so Jung, "eine Demütigung".

Weitgehend einig war man sich im Stadtrat in der Forderung, der Freistaat müsse die Sonntagsöffnung anders als bisher regeln. Jung wie die grüne Stadträtin und Landtagsabgeordnete Barbara Fuchs halten es für sinnvoll, Gemeinden zu gestatten, nach eigenem Gusto und ohne Beschränkung an je vier Sonntagen des Jahres zu öffnen. Der Landtag, sagte Barbara Fuchs, arbeite daran. Und damit wohl auch Wirtschaftsminister Aiwanger.

26 Kommentare