Wechsel beim BR: Christian Nitsche soll Reformen vorantreiben

26.1.2017, 06:00 Uhr
Christian Nitsche 2010 als ARD-Fernseh-Korrespondent in Afghanistan: Der gebürtige Nürnberger soll nun Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks werden.

© Foto: privat Christian Nitsche 2010 als ARD-Fernseh-Korrespondent in Afghanistan: Der gebürtige Nürnberger soll nun Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks werden.

Unter der Schlagzeile "Mit Speed und Ecstasy auf der Flucht in den Tanzrausch" spürte er Designer-Drogen in Nürnbergs Techno-Szene nach. Und als passionierter Schwimmer war er auch prädestiniert für eine Reportage, die den "Tatort Schwimmbad" beschrieb: "Grapschern soll das Handwerk gelegt werden."

Die ersten journalistischen Gehversuche sind lange her. Am Donnerstag nächster Woche soll Christian Nitsche nun zum alleinigen Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks gewählt werden. Intendant Ulrich Wilhelm hat den 45-jährigen gebürtigen Nürnberger vorgeschlagen.

Sparen und verschlanken

An seiner Wahl im Rundfunkrat bestehen keine Zweifel, heißt es aus BR-Kreisen, die es wissen müssen, auf Nachfrage unserer Redaktion. Auch in der Staatsregierung genießt er Rückendeckung. Der verheiratete Mittvierziger gilt als Reformer und Garant für die Umsetzung des Sparkurses, den sich der Sender gezwungenermaßen auferlegt hat, um Strukturen zu verschlanken und Kosten zu senken.

Und um in der digitalen Welt bestehen zu können: Nitsche wird für alle drei Sparten des Senders redaktionell verantwortlich zeichnen - für Fernsehen, Hörfunk und Online. Bisher war das Digitale bei Informationsdirektor Thomas Hinrichs angesiedelt. Wobei die Internet-Auftritte des BR umstritten sind; elf bayerische Zeitungsverleger waren gegen den Sender vor Gericht gezogen, weil sie ihm vorwarfen, mit seiner "BR 24"-App den Rundfunkstaatsvertrag zu verletzen.

Dieser verbietet den von den Beitragszahlern finanzierten Sendern presseähnliche Angebote, die den Wettbewerb mit digitalen Nachrichtenangeboten der privaten Presse verzerren. Der BR hatte sich Mitte vergangenen Jahres "strafbewehrt unterworfen" und sich verpflichtet, es zu unterlassen, die App in der damaligen, klar presseähnlichen Fassung weiter anzubieten.

Aus zwei mach eins: Beginn einer neuen Ära

Bisher herrschten im Sender zwei Chefredakteure: fürs Fernsehen der Nürnberger Rechtsausleger Sigmund Gottlieb, dessen Kommentare liberale Beobachter früher kaum jemals als genießbar einzustufen vermochten, und für den Hörfunk Mercedes Riederer. Beide sind oder werden heuer 65, beide Verträge laufen aus.

Als Beginn einer neuen Ära nach 22 Jahren Gottlieb soll Alleinherrscher Christian Nitsche die Nachfolge am 1. April antreten, als "trimedialer, medienübergreifender Chefredakteur", wie die genaue Bezeichnung beim Sender lautet. Er hält dann auch als Leiter des Programmbereichs Aktuelles die Zügel in der Hand. Das heißt: Er wird für die "Rundschau"-Nachrichten ebenso zuständig sein wie für die Online-App und den angesehenen Nachrichtenkanal B 5, heißt es in eingeweihten Redaktionsstuben.

Es wird eine Heimkehr nach drei Jahren im norddeutschen Exil: Nitsche ist derzeit noch Zweiter Chefredakteur von "ARD aktuell" in Hamburg, für "Tagesschau", "Tagesthemen" und "Nachtmagazin" ebenso verantwortlich wie für den Kanal tagesschau24. Volontiert hatte Nitsche beim BR. Später berichtete er aus dem Kosovo und dem Irak und den ARD-Studios Tel Aviv und Istanbul. 2003 wechselte er ins ARD-Hauptstadtstudio; 2011 kehrte er als BR-Pressesprecher nach München zurück. Eine steile Karriere für einen 45-Jährigen.

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