Angst vor Asbest
19.10.2018, 08:06 UhrDoch Stadträte und Verwaltung machen sich trotzdem große Sorgen um die Trinkwasserversorgung und fürchten eine Kontamination.
Franken-Schotter will die bestehende Deponie im Kalksteinbruch Dietfurt erweitern. Insgesamt soll so Platz für 185000 Kubikmeter Material geschaffen werden. Zum einen geht es um eine Monodeponie der Deponieklasse 0 (für unbelasteten Erdaushub), zum anderen um Volumen für den einstigen Wunderbaustoff. Einzig zementgebundene asbesthaltige Abfälle (beispielsweise Eternitplatten), die in dicke Plastickbeutel (sogenannte Big Packs) verpackt werden, dürften dort abgelagert werden. Das beantragte Volumen würde den Bedarf der Region für die nächsten 25 Jahre decken.
Schon zu Jahresbeginn hat der Pappenheimer Stadtrat das Vorhaben abgelehnt. Franken-Schotter gab daraufhin ein Gutachten in Auftrag, um zu zeigen, dass die Asbestabfälle keine Gefahr bedeuten, selbst wenn die
Sickerwässer in die Altmühl fließen. Die Ingenieure von Müller BBM in Planegg gehen davon aus, dass das Sickerwasser mit maximal 4,7 Millionen Fasern pro Liter belastet würde. Der Grenzwert für die Einleitung in Gewässer liegt bei 7,0 Millionen. Auch gehen die Gutachter davon aus, dass die Asbestfaserkonzentration in 25 Jahren im Altmühlwasser durch die Verdünnung dort höchstens 154 Fasern/Liter betragen würde. Der Grenzwert von Grundwasser liegt bei 5000 bis 60000, jener für Trinkwasser bei 1000 bis 10000 Fasern.
Angst ums Trinkwasser
Doch beruhigt hat das Gutachten die Pappenheimer keineswegs. Die Wassergewinnungs- und -versorgungs-GmbH Pappenheim und Umgebung erinnerte in einer Stellungnahme daran, dass die Brunnen in Pappenheim und Eßlingen jeweils knapp zur Hälfte aus Uferfiltrat der Altmühl gespeist werden. Deshalb seien „die möglichen Risiken und Folgen“ durch die Deponieerweiterung „nicht absehbar“. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Das Vorhaben ist für uns als Wasserversorger weiterhin als höchst bedenklich einzustufen und deshalb letztendlich abzulehnen.“ Diese Sichtweise bekräftigte in der Stadtratssitzung SPD-Stadtrat Günther Rusam. Er ist technischer Geschäftsführer der Wasserversorgung und erinnerte daran, dass die Brunnen keine 20 Meter tief sind und deshalb anfälliger für Kontaminationen als tiefere Bohrungen.
m Beschlussvorschlag machte die Pappenheimer Stadtverwaltung deutlich: „Das Interesse der Allgemeinheit an einem unbelasteten Grund-/Trinkwasser wiegt deutlich höher als das Interesse einer Firma, hier kostengünstig Abwasser zu entsorgen.“ Eine ungefilterte Einleitung des Sickerwassers in die Altmühl sei abzulehnen und dem Vorhaben könne nur zugestimmt werden, wenn entsprechende Reinigungsmaßnahmen erfolgen, „um jegliche Verschlechterung der Trinkwasserqualität“ ausschließen zu können.
Der Stadtrat folgte bei zwei Gegenstimmen dem Beschlussvorschlag der Verwaltung. Damit zweifelt das Gremium auch das laufende Genehmigungsverfahren an sich an, weil die Wassergewinnungs- und -versorgungs-GmbH nicht direkt als Träger öffentlicher Belange einbezogen wurde. Hintergrund: Genehmigungsbehörde ist das Landratsamt. Das kann die ablehnende Haltung des Stadtrats samt zusätzlicher Auflagen beherzigen oder auch nur zur Kenntnis nehmen, ohne weitere Konsequenzen zu ziehen. Gelingt es der Stadt aber nachzuweisen, dass das Genehmigungsverfahren nicht den Vorgaben entsprach, müsste alles nochmal von vorne anfangen und das würde das Vorhaben zumindest erheblich verzögern.
In der Diskussion ärgerten sich die Stadträte über das Vorgehen des Landratsamtes, das per E-Mail ein Meinungsbild einholen wollte, um die Stimmung bei den Stadträten abzufragen. Karl Satzinger (Bürgerliste) kritisierte zudem, dass er die Unterlagen sehr kurzfristig erhalten habe und sich deshalb nicht ausreichend vorbereiten konnte. Günter Rusam (SPD) betonte, dass es bislang in Pappenheim sehr gutes Trinkwasser gebe. Das dürfe nicht gefährdet werden. Eine Verschlechterung der Trinkwasserqualität müsse in jedem Fall ausgeschlossen werden, befanden auch Rusams Parteifreunde Gerhard Gronauer und Christa Seuberth.
Nur mit Filterung
Walter Otters von den Freien Wählern erklärte, dass er dem Einleiten der Sickerwässer nur zustimmen könne, wenn diese vorher gefiltert werden. „Nur dann ist das kontrollierbar, was in die Altmühl läuft.“ Das sieht Friedrich Obernöder (CSU) ähnlich. Er sei dem Unternehmen dankbar, dass es sich um die Entsorgung der Asbeststoffe kümmere, doch „eine Vorreinigung zu verlangen ist legitim“.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht eine Gesundheitsgefahr durch Asbestfasern nur dann gegeben, wenn diese eingeatmet werden. Trinkt man sie mit, sei eine krebserregende Wirkung nicht nachweisbar.
Die strikte Ablehnung Pappenheims kann Thomas Herrscher, Werkleiter bei Franken-Schotter, nicht verstehen. Denn über Asbestbauelemente, die nach wie vor auf vielen Dächern liegen, fließe derzeit das Regenwasser und gelange völlig ungefiltert in die Altmühl, sagte er im Gespräch mit dem Weißenburger Tagblatt. Da sei es doch besser, diese sauber in Plastik zu verpacken und mit möglichst undurchlässigen Erdschichten zu umgeben und sie auf der Deponie abzulagern. Herrscher war auch in der Stadtratssitzung als Zuhörer. Nach der Abstimmung verließ er den Saal sichtlich empört und mit knallender Tür.
Das Landratsamt muss nun die Stellungnahme der Stadt Pappenheim im Genehmigungsverfahren prüfen und dann entscheiden, inwiefern die Argumente zu berücksichtigen sind. Für Franken-Schotter zählt das Betreiben einer der Asbestdeponie nicht zum eigentlichen Kerngeschäft. Dem Vernehmen nach hat das Projekt deshalb auch nicht die allerhöchste Priorität im Unternehmen. Auf eine DK0-Halde für unbelastetes Material ist der Steinbetrieb hingegen angewiesen.
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