Asylinfoabend in Weißenburg
11.05.2015, 14:00 Uhr
„Wir dürfen und wollen uns in Weißenburg nicht vor der humanitären Verantwortung drücken, sondern uns zu ihr bekennen,“ stellte Oberbürgermeister Jürgen Schröppel vor rund 80 Besuchern klar. Eine eigene Zuständigkeit habe die Stadt allerdings in dieser Frage nicht. Vor Monaten bereits mietete nach Absprache mit der Stadt die Regierung von Mittelfranken ein Gebäude am Richterfeld an.
Jetzt erhielt die Stadt außerdem den Bauantrag bezüglich des ehemaligen Barnert-Gebäudes in der Nürnberger Straße im Briefkasten. Das war aber keineswegs überraschend – Vorgespräche habe es freilich schon gegeben, sagte der OB.
Im vergangenen Jahr haben knapp 203000 Menschen Asyl in Deutschland beantragt, führte seitens des Landratsamts der zuständige Sachbearbeiter Artur Berk aus. Zu Zeiten des Balkankonflikts in den 1990er-Jahren seien es aber auch schon mehr als doppelt so viele gewesen. Vor Jahren habe man einen Tiefstand im niederen fünfstelligen Bereich erlebt. Seither lassen die Kriege und Konflikte auf dem Globus die Zahl wieder steigen.
In Mittelfranken fänden die Flüchtlinge zunächst Platz in der zentralen Notaufnahmeeinrichtung in Zirndorf sowie deren Außenstellen wie etwa an der Mackenmühle bei Pleinfeld. Derzeit suchten 454 Personen im hiesigen Landkreis Hilfe und Schutz nach beschwerlicher Flucht. Meist handle es sich um Familien, das Gros von ihnen stamme aus Russland, der Ukraine und Aserbaidschan.
Berks Amtskollege Sebastian Münch von der Abteilung kommunale und soziale Angelegenheiten, deren Leiterin Karin Vedder ebenso anwesend war, verwies darauf, dass die 454 Asylbewerber in Weißenburg-Gunzenhausen gerade einmal 0,75 Prozent der in Bayern ankommenden Flüchtlinge bilde. Ziel sei es überdies, pro Regierungsbezirk eine zentrale Notaufnahmeeinrichtung zu installieren, sodass dezentrale Einrichtungen dann nicht mehr nötig seien. Von Zirndorf und den anderen Stellen würden die Hilfesuchenden an die Unterkünfte in den Landkreisen weitergeleitet, wovon es in Weißenburg-Gunzenhausen derzeit elf gibt.
Bei der vom Geschäftsführer der katholischen Erwachsenenbildung im hiesigen Dekanat, Andreas Weiß, moderierten Publikumsrunde gab es neben allgemeinen Fragen, wie etwa dem Impfschutz (dessen Standardversion übrigens jedem ausnahmslos gewährt wird), kritische Nachfragen. Einem Besucher etwa stieß es auf, dass freiwillig zurückkehrende Flüchtlinge Beihilfen vom Staat erhalten. Das könnte einem „Asyltourismus“ Vorschub leisten, meinte der junge Mann, während ein Raunen durch den Saal ging. Seitens der Redner wurde hier auf die Entscheidungshoheit der Regierung verwiesen.
Auf Unmut stieß auch die bevorzugte Unterbringung in zentralen Unterkünften, was zwangsläufig zu Schwierigkeiten führen müsse, führte ein Bürger unter Beifallsbekundungen aus. Bedenken, die aber zumindest in Bezug auf unseren Landkreis zerstreut werden konnten. In Weißenburg etwa entstünden innerhalb der Gebäude kleine Wohneinheiten, es werde „keine großen Schlafsäle“ geben, erklärte OB Schröppel. Das Barnert-Gebäude muss dazu entsprechend umgebaut werden.
Abgeschlossene Wohnbereiche gäbe es bereits im Heidenheim, wo ein vielbeachtetes Pilotprojekt der evangelischen Landeskirche den Weg in die Zukunft weisen könnte. Flüchtlingskinder bekommen dort deutsche Paten, die ihnen Sprachkenntnisse und Wertschätzung vermitteln. Anfängliche Befürchtungen der einheimischen Bevölkerung hätten sich nicht bewahrheitet, Spannungen gäbe es lediglich gelegentlich innerhalb der Asylbewerber-Gruppen.
Wenn ein Vierteljahr zur Arbeitslosigkeit gezwungene Erwachsene zusammen lebten, gäbe es natürlich Reibereien, warb ein Besucher diesbezüglich um Verständnis. Mit jenen die da sind, „kommen wir gut zurecht“, betonte der Heidenheimer Dekan Klaus Kuhn, der auch einräumte, dass es schwierig würde, wenn weitere 50 Personen in Heidenheim hinzukämen.
Ghettos aber gäbe es, wenn überhaupt, in den Köpfen. Und dort könnten sie durch Begegnung überwunden werden. Derzeit gäbe es im Rahmen des Projekts zahlreiche Begegnungsmöglichkeiten, die sich großer Resonanz erfreuten, erklärten Dekanin Annette Kuhn und Projektleiterin Gabriele Himmler einmütig.
Entschärft werden konnte an der Veranstaltung auch die These von den in der Asylfrage angeblich „allein gelassenen Landkreisen und Kommunen“ – sie hätten nämlich nur die personellen Mehraufwandskosten zu tragen und keine weiteren Belastungen. So sei ein Infoabend wie dieser gut, damit man „gewissen Parolen nicht widerspruchslos gegenüberstehe“, betonte Schröppel ergänzend.
In diesem Zusammenhang warnten auch die beiden Asylsozialarbeiter des Diakonischen Werkes, Rainer Schröppel und Wolfgang Knapp, vor „gefährlichen Begriffen“ wie etwa „Flüchtlingswelle“. Das sei maßlos überzogen, schließlich würden die Krisenregionen seit Jahrzehnten selbst 85 Prozent der Flüchtlinge selbst aufnehmen.
Die Veranstaltungsreihe wird morgen, 12. Mai, im Gemeindehaus St. Andreas fortgeführt, wo sich ab 19.00 Uhr die auf der Wülzburg untergebrachten jugendlichen Flüchtlinge vorstellen. Am Montag, 18. Mai, soll sich dann um 19.00 Uhr ein Unterstützerkreis für Asylbewerber im Söller des Gotischen Rathauses gründen.
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