Center-Parcs-Showdown: Streit im Seenland tobt weiter
15.5.2021, 14:01 UhrPark-Planer, Park-Gegner, Park-Befürworter und Verfahrensbeteiligte marschierten in der Alten Reithalle in Triesdorf auf. Doch schon vor dem Eingang prallten sie aufeinander.
Rund 70 Menschen haben sich postiert. Neben Plakaten, die vor einem Ausverkauf der Heimat warnen, findet man Banner, die Center Parcs willkommen heißen. Die Befürworter sind in diesem Begrüßungskomitee aber die Minderheit.
Die Stimmung auf beiden Seiten ist gereizt. Kein Wunder, gut zwei Wochen vor dem ersten Moment der Wahrheit in dieser Auseinandersetzung. Am 30. Mai entscheiden, die Wahlberechtigten der rund 1600-Einwohner-Gemeinde Pfofeld über das 350-Millionen-Euro-Projekt.
Ist die Oberpfalz die Alternative?
Im Falle eines Center-Parcs-Sieges ist das der erste Schritt auf einem langen Weg in Richtung Genehmigung. Im Falle einer Center-Parcs-Niederlage aber das Aus für eines der größten Tourismusprojekte Süddeutschlands. Zumindest an dieser Stelle.
Angeblich soll man in der Oberpfalz schon mit den Hufen scharren, um den Park mit offenen Armen aufzunehmen. Ob das stimmt? Unklar, immerhin gibt es auch in der Oberpfalz immer mehr Proteste gegen Großprojekte. Auf der anderen Seite: der jüngste Center Parc im Allgäu ist nur deswegen gebaut worden, weil man ihn in Dennenlohe 2008 nicht realisieren konnte. Unter anderem wegen heftiger Bürgerproteste.
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Und es gibt auch diesmal, im Seenland viele Menschen, die ihre Probleme mit dem Park haben. Ob sie in der Mehrheit sind, ist unklar, dass sie lauter sind eher nicht. So auch an diesem Tag in Triesdorf. Die Center-Parcs-Delegation kommt ums Eck und marschiert flotten Schrittes auf das historische Gebäude zu.
Verbale Attacken, gelächelte Konter
Schon kommt Leben in die Demonstranten. Es erhebt sich zärtlicher Applaus von Seiten der Befürworter, der von den Gegnern aufgenommen und ins Höhnische gekippt wird. Plakate und Transparente mit bissigen Slogans gehen nach oben. Es kommt vereinzelt zu verbalen Attacken. "Lügner, ihr seid Lügner", schreit ein Demonstrant mit erhobener Faust auf die Planer ein. Der Mann sitzt für die Linken im Kreistag von Weißenburg-Gunzenhausen.
Center-Parcs-Projektleiter Jan Janssen lächelt die Angriffe milde weg. Das gelingt nicht jedem. Aus dem Gutachter-Team antwortet man dem schreienden Teil der Demonstranten nun ebenfalls mit höhnischem Applaus und nach unten gereckten Daumen. Das Ergebnis: lauteres Geschrei. Die Stimmung ist giftig.
Die Geschichte einer versäumten Debatte
Und das nicht nur draußen. Auch in der Sitzung wird es hakelig. Teile des Gremiums sind sauer, dass die CSU die Informationsveranstaltung vom Juni in den Mai verlegt hat. Also vor die Bürgerabstimmung in Pfofeld. Das erwecke den Eindruck, man wolle Einfluss auf das Votum vor Ort nehmen, heißt es. Inoffiziell finden einige, dass man sich viel Aufgeregtheit hätte ersparen können, wenn man den Entscheid abgewartet hätte.
"Dann wird geklagt"
So wird es zwar kein Nachmittag der langen Messer, aber doch einer der großen Fässer und kleinen Gemeinheiten. Die ÖDP, die mit "Stoppt Center Parcs" eine eigene Protestgruppe hat, nutzt ihre 15 Minuten im Bezirkstag in Person von Bundestagskandidat Kilian Welser zu einem Impulsreferat zum Klimawandel und kündigt nebenbei an, dass man ein positives Votum in Pfofeld nicht akzeptieren werde.
"Dann wird geklagt, dann machen wir das große Fass auf", so der ÖDP-Mann. Anschließend vergleicht er die möglichen Baumrodungen mit dem illegalen Umlegen des Regenwalds in Brasilien. "Das macht Center Parcs, das macht Bolsonaro", erklärt Welser mehrfach und drückt auf seiner Power-Point-Präsentation die Bilder hin und her.
Das wird ihm noch Ärger einbringen. "Das ist für mich eine schwerwiegende Entgleisung, dass ein Unternehmen, das sich an einen demokratischen Prozess hält, hier mit einem Autokraten verglichen wird", stellt Peter Daniel Forster, der Fraktionsvorsitzende der CSU fest. Auch Weißenburgs Landrat Manuel Westphal (ebenfalls CSU) ist genervt.
"Mir wird fast schlecht"
Der in öffentlichen Diskussionen nicht zu Gemeinheiten neigende Politiker knöpft sich Welser vor, weil der von Rotwild im Muna-Areal gesprochen hatte. "Das gibt es bei uns nicht. Wenn man sich so für Umweltschutz einsetzt, sollte man so etwas eigentlich wissen." "Mir wird fast schlecht", beschied ein anderer Bezirksrat dem ÖDP-Mann. "Das sind unsachlich-reißerische Bilder. Das ist der gleich Sch..., wie ich ihn zuletzt bei uns in der Gegend von Windkraftgegenern erlebt habe."
Gifteleien gibt es auch an anderer Stelle. Die ÖDP-Kreisrätin und Center-Parcs-Kritikerin Ingrid Malecha muss sich von einem Kollegen den Hinweis auf ihre privaten Fernreisen gefallen lassen, die sie via Social Media in die Welt poste. Ein Urlaub in einem Center Parc am Brombachsee wäre da ökologisch betrachtet wohl besser.
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Die Bürgerinitiative Seenland in Bürgerhand liefert in Person von Johannes Riedl dagegen einen im Ton ruhigen, in der Sache aber durchaus scharfen Auftritt ab. Der Pleinfelder kritisiert, dass mit dem Muna-Gelände ein "Filetstück in 1a-Lage verscherbelt" würde und die Dimension des Projekts die Region überfordere. "Die bauen da nochmal Pleinfeld hin!" Damit gehe der See für die Einheimischen ein Stück weit verloren. "Eigentlich müsste jedem Menschen mit gesundem Menschenverstand klar sein, dass das ein Schmarrn ist."
Das sieht aus Klimaschutzsicht auch Prof. Dr. Erwin Hussendörfer so, der für den BN spricht. Die versprochene CO2-Neutralität des Parks sei nicht zu erreichen. Auch, weil er in die Bilanz die Energie mit einrechnet, die man zum Bau des Parks benötige, genauso wie die Anreisen der Parkgäste. Ein kleines Scharmützel liefert er sich mit Dieter Popp, der als Tourismusgutachter für Center Parcs auftritt.
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Er hält Popp, der auch Diplom-Forstwirt ist, einen Fachartikel vor, in dem der selbst vor Waldrodungen gewarnt habe. Popp antwortet, dass es dabei um alte wertvolle Wälder gegangen sei und diese auf dem Munagelände ja gerade nicht gefällt würden. "Wenn denn der ganze Wald wirklich so wertvoll wäre, frage ich mich, warum BN und die Bima ihn nicht schon längst aus der Nutzung genommen haben?"
Explodierende Kinder
Natürlich spielt auch wieder die Frage der Munitionsbelastung eine Rolle. Welser und auch Hussendörfer lassen Zweifel anklingen, ob denn da nun wirklich so viel Gefährliches im Muna-Wald liege. Der zuständige Gutachter antwortet kurz und knapp. "Auf dem Gelände ist eine enorme Menge an Kampfmitteln vorhanden. Es ist zurecht eingezäunt. Wer auf dem Gelände etwas machen will, kommt nicht darum herum, sich damit auseinanderzusetzen."
Bei den Ideen von Park-Gegnern, Wege auf Stegen anzulegen, verliert auch CP-Projektleiter Jan Janssen langsam sein Lächeln. "Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken, wenn da ein Kind von dem Steg runtergeht in der Erde gräbt und sie müssen erklären, warum es explodiert ist." Wie gesagt: ein Tag der großen Fässser.
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