Klimawandel erfordert neue Strategie
18.10.2011, 07:13 Uhr
Während in den Jahren zwischen 2003 und 2007 in den forstrechtlich unbelasteten Wäldern der Stadt jährlich bis zu 6.000 Festmeter Holz eingeschlagen wurden, peilt man aktuell eine Zielmarke von rund 2.600 Festmetern an. Das Mehr in den früheren Jahren war ohnehin hauptsächlich dem Borkenkäfer geschuldet, der dazu zwang, mehr Holz zu entnehmen, als eigentlich gewünscht und geplant war.
Bei dem Rundgang durch den Gundelsheimer Stadtwald wurde deutlich, dass es noch viele Schadflächen gibt, die nach massivem Käferbefall und Windwurf wohl über Jahre hinweg keinen Holzertrag mehr liefern werden.
Preise sind nicht zu halten
Auch wenn die Preise für Holz derzeit insgesamt sehr gut liegen – der Festmeter Fichte bringt im Augenblick rund 100 Euro –, kann Bernholt nach eigenem Bekunden in der Gesamtrechnung bestenfalls auf eine „schwarze Null“ hoffen. Nach den Worten des Fachmannes steht außerdem zu erwarten, dass die Preise nicht mehr lange auf diesem Niveau bleiben und somit die derzeitigen Erträge auf Dauer so nicht zu halten sein werden.
Vor diesem Hintergrund warnte er auch davor, in der verbreiteten Geisteshaltung zu verharren und mit Blick auf vielleicht weiter steigende Preise eigentlich hiebsreife Bestände noch stehenzulassen. Dieser Fehler wurde wohl früher auch öfter in Stadtwäldern gemacht. „Und dann kommen solche Jahrhundertstürme wie Wiebke, und alles ist dahin. Besser ist es, jedes Jahr ein wenig aus den Beständen herauszunehmen“, so Bernholt. Dieser Hinweis richtete sich aber durchaus auch an Privatbesitzer, von denen er sich bisweilen mehr Engagement in ihren Arealen erwarte.
Der Förster widmete sich auch dem Thema Totholz, das in seinen Augen zu wenig Beachtung findet. Dieses offenbar von vielen geschmähte Holz sei ein wichtiger Bestandteil des natürlichen Kreislaufes im Wald und obendrein ein bedeutsamer Bio-Indikator. Daher gehöre es zu einem gesunden Wald dazu.
In der Gesamtsicht müsse bereits jetzt der Grundstein für eine andere Art der Bewirtschaftung gelegt werden, so ein Grundtenor bei der Begehung. Als „Baum der Zukunft“ präsentierte Bernholt der Runde die Douglasie, die eigentlich in Nordamerika beheimatet ist, sich aber aufgrund der veränderten Klimabedingungen auch hier zu Hause fühlt. Sie sei anpassungsfähig, wachse gut und schnell und liefere eine beachtliche Holzausbeute. Zudem sei sie weniger anfällig für Schädlingsbefall. Eine weitere Alternative sei der Bergahorn. Auch Buchen, Eichen, Lärchen und Tannen sollten laut Bernholt im Wald der Zukunft eine Rolle spielen. Die Fichte solle indes nicht vollends verschwinden, aber über die Zeit auf ein vernünftiges Maß reduziert werden.
Anhand von abgeschlossenen und noch anstehenden Maßnahmen machte der Revierförster an mehreren Stellen des Gundelsheimer Stadtwaldes beispielhaft den nun einzuschlagenden Weg und die künftige Strategie deutlich. Es gehe schlicht darum, die Baumbestände den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Speziell in Gundelsheim herrschen Bernholt zufolge erfreulicherwiese sehr gute Bodenverhältnisse vor. Man müsse jedoch auch sehen, dass rund die Hälfte des gesamten Treuchtlinger Stadtwaldes an eher problematischen Hanglagen stehe.
Der Förster sprach sich im Weiteren dafür aus, mit Blick auf die Kosten die Maßnahmen in den Beständen weitmöglichst durch die eigenen Waldarbeiter zu bewerkstelligen. Darüber hinaus sei auf eine zweckmäßige Erschließung durch einen entsprechenden Waldwegebau (Wege, Gassen usw.) zu achten, um auch gezielte und punktuelle Einzelmaßnahmen zu ermöglichen.
Während der Begehung und auch anschließend in der Runde im Gasthaus „Frankenhöhe“ in Haag wurde thematisiert, dass die Buche trotz ihrer sehr guten Eigenschaften derzeit – wohl wegen eines Modetrends, aber auch wegen der teils aufwändigen Verarbeitung – als Nutzholz ein eher ungeliebter Baum und deswegen kaum verkäuflich sei. Peter Sammler verwies diesbezüglich auf eine neue, vielversprechende Technologie mit hochstabilen und materialsparenden Leimbindern aus Fichte und Buche, die in der Bauindustrie der derzeit wenig gefragten Buche zu einem neuen Durchbruch verhelfen könnte.
Er bedauerte ebenfalls, dass die Buche im Augenblick so wenig Anklang findet, wo sie doch – weltweit gesehen – ohnehin nur noch bei uns vorkomme. Nicht nur deswegen sei sie zuhöchst erhaltenswert. Dies ist auch ein Punkt im FFH-Managementplan für den „Trauf der südlichen Frankenalb“, zu dem Sammler noch einige weitere Anmerkungen machte, darunter auch zur Erhaltung eines gewissen Anteils an Totholz als wichtigem Bestandteil des Waldes sowie als Bio-Indikator.
Der Forstdirektor begrüßte im Weiteren das für 2012 anberaumte, neue Vegetationsgutachten (Verbissgutachten). Mit Blick auf den Verbiss durch Schalenwild diene es als Grundlage für die weitere Vorgehensweise und werde nun erstmals um „revierweise Aussagen“ und damit um örtlich differenziertere Beurteilungen ergänzt.
Wo kommen die Christbäume her?
Eines der abschließenden Themen war die zunehmende Schwierigkeit für die Stadt, aus den vorhandenen Waldressourcen für öffentliche Einrichtungen (Therme, Stadtwerke, Kindergarten usw.) geeignete Christbäume in ausreichender Zahl bereitzustellen. Ein Ausweg könnte sein, im Stadtwald eigens hierfür Christbaum-Kulturen anzulegen, ein anderer der Zukauf von Bäumen von anderswo.
Bürgermeister Baum wehrte sich jedoch gegen eine gesonderte „Christbaum-Plantage“ in größerem Stil. Vielmehr solle man sehen, inwieweit eventuell marginale Bereiche des Stadtwaldes noch als Potenzial genutzt werden können. Der Rest des Bedarfs solle durch Zukauf abgedeckt werden, was unter dem Strich billiger komme. Dies war denn auch die einstimmige Beschlusslage.
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