Online-Portal Altmühlfranken: Pionier-Arbeit am Paket
27.1.2020, 05:55 UhrBeeindruckend ist die Schlagzahl, mit der man das Projekt nach vorne treibt. Erst recht, weil man in vielen Fällen gar nicht so genau weiß, wohin man eigentlich rudert. Aber so ist das eben als Pionier. Viele Annahmen, wenig gesicherte Wahrheiten.
Kurz vor Weihnachten ging man mit einer Testversion des Portals online und schlug erstmals größer in der Öffentlichkeit auf. Bereits einige Wochen zuvor feierte man hinter den Kulissen einen vielleicht noch wichtigeren Erfolg. Man fand den Partner, der die Theorie in die Praxis umsetzt. Sprich: der dafür sorgt, dass aus dem digitalen Klick eines Kunden ein real existierendes Paket wird, das möglichst schnell an der Wohnungstür des Kunden landet.
Und das ist ein ehrgeiziger Job. Der Landkreis ist groß und die Zahl der Bestellungen noch überschaubar. Im schlimmsten Fall muss ein Fahrer aus Weißenburg eine Flasche Wein in Burgsalach abholen, sie zu einem Kunden in Döckingen bringen und dann wieder zurück an seinen Standort fahren. Kostenpunkt für den Kunden: 0 Euro. Verdienst für den Logistiker: 5,95 Euro. Der Shop-Anbieter Atalanda bezahlt die Gebühr in der Testphase.
Die Masse wird es richten müssen
Dass die Firmen unter diesen Umständen nicht gerade Schlange stehen, um einige wenige Pakete durch den Landkreis zu kutschieren, war klar. Umso erfreuter war man, als sich ein lokales Unternehmen nach vorne traute. Youlog heißen die Logistik-Experten, die 2018 gegründet worden sind. Sie haben sich in das Dotlux-Gebäude im Weißenburger Gewerbegebiet West eingemietet.
Entstanden ist die Firma um Lagerung und Versand der Dotlux-Produkte, sie ist aber auch für andere Firmen in allen Größen tätig. Als sogenannter "Fullfiller" wickelt man etwa auch für kleine Amazon-Shops Lagerung, Bestellungen und Versand im Komplett-Paket ab.
Die Beteiligung am Online-Portal verbucht man als Werbekosten, erklärt Youlog-Geschäftsführer Matthias Schübel. Nach einem Jahr müsste man das Projekt neu bewerten und sehen, wo man stehe. Grundsätzlich hält man die Finanzierung der lokalen Lieferlogistik mittelfristig aber für machbar. Das werde aber nur über eine gewisse Masse an Bestellungen und eine Mischkalkulation gehen, stellt Matthias Kögler fest, der bei YouLog für die IT zuständig ist.
Die Extrem-Fahrten über Land müssten durch Schnell-Lieferungen im stadtnahen Bereich mitfinanziert werden. Zudem würden die Margen steigen und die Routen optimiert werden können, wenn das Bestellaufkommen wächst. Über angestellte Fahrer an anderen Standorten im Landkreis ließen sich etwa mit weniger Kilometer andere Shops mitversorgen.
"Für uns war das einfach interessant, da einen kostengünstigen Einstieg in einen neuen und spannenden Markt zu bekommen", erklären die You-Log-Vertreter. Vielleicht ist das Online-Portal-Projekt in fünf Jahren ja das deutsche Vorzeigebeispiel für internetbasierten Regionalhandel. Dann wäre es kein Schaden, da der ausgewiesene Experte für den Logistik-Teil zu sein.
Im Moment hat man die Vorgabe, dass alle Bestellungen, die bis 14 Uhr im Shop eingehen am nächsten Tag ausgeliefert sind. Mittelfristig soll aber auch auf Landkreis-Ebene die taggleiche Lieferung das Ziel sein. "Das ist schon sportlich", stellt Matthias Schübel fest und pustet in Gedanken an die logistischen Herausforderungen kurz durch. Im Moment ist das aber noch Zukunftsmusik. Erstmal gilt es mit dem technischen System, der möglichst rationellen Auslieferung und den steigenden Bestellungen Stück für Stück zurecht zu kommen. Alles weitere muss sich zeigen.
"Das Projekt hier kann in einem Jahr völlig anders aussehen als heute", ist Matthias Kögler überzeugt. Einfach deswegen, weil man in unbekanntem Terrain arbeitet. Keiner weiß, wie viele Händler sich in den nächsten Wochen überzeugen lassen, mit an Bord zu gehen. Keiner weiß, um welche Sortimente es sich handelt, ob etwa die Auslieferung von Lebensmitteln über das Portal ein Thema wird. Und keiner weiß, ob und wie die Kunden das Portal annehmen und Bestellungen abgeben.
"Ich persönlich finde die Sache auf jeden Fall total gut", sagt Matthias Kögler. Vielleicht sei das die letzte Chance für den lokalen Einzelhandel, in einer digitaleren und damit grenzenloseren Welt zurechtzukommen. Nachholbedarf sieht er allerdings noch bei der Bekannteit des Online-Portals. "Viele Leute, mit denen ich rede, wissen noch nichts davon." Das zu ändern ist sicher eine der wichtigsten Baustellen der kommenden Monate. Wenn auch nicht die einzige.
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