Schambacher gesund dank Leberspende seiner Frau
02.06.2016, 06:05 Uhr
Alles fing 1993 mit einem Arztbesuch an. Blutwerte überprüfen – eigentlich Routine. Doch das Ergebnis war für den Schambacher Karl Liebhardt alles andere als Routine. Seine Leberwerte waren auffällig. „Ich habe zwar mal ein Gläschen Rotwein getrunken, aber nicht so viel, um solche Werte zu rechtfertigen“, sagt der heute 65-Jährige.
Die Ärzte diagnostizierten einen Virus, den damals aber noch niemand kannte: Hepatitis C. Woher er kam, weiß Liebhardt bis heute nicht. Doch die Krankheit begann, seine Leber zu zerfressen. Bald war klar: Ein neues Organ muss her.
Bei der Spende gibt es zwei Möglichkeiten, wie ein Organ zum Empfänger kommt. Wird bei einem Menschen, etwa nach einem Unfall oder langer Krankheit, der Hirntod diagnostiziert, kann er als Spender in Frage kommen. Wobei Friedrich Meyer vom bundesweit tätigen Verein „Lebertransplantierte Deutschland“ Probleme mit dem Begriff Hirntod hat. „Zwei Ärzte, die nichts mit der Transplantation zu tun haben, müssen unabhängig voneinander bestätigen, dass die Gesamtfunktionen des Gehirns unumkehrbar erloschen sind“, sagt der Langenaltheimer, dem vor 28 Jahren eine Leber transplantiert wurde – damals noch ein eher neuer Eingriff.
Trotzdem müssen auch Hirntote weiter künstlich am Leben erhalten werden, um die Organe intakt zu entnehmen. Wer sie zur Verfügung stellen möchte, muss einen Spendeausweis besitzen. „Es ist auch sinnvoll, seine Angehörigen zu informieren“, sagt Meyer.
Skandal belastet die Organspende noch heute
Doch die Beliebtheit der Organspende ist in Deutschland rückläufig, nachdem vor knapp vier Jahren ein Skandal aufgedeckt wurde. Damals wurden Wartelisten manipuliert, die Ärzte bevorzugten manche Empfänger. „Skandal“ – wieder ein Wort, das Meyer nicht für richtig hält. „Die Ärzte haben vielmehr aus Mitleid gehandelt, um den besonders kranken Patienten zu helfen“, glaubt der 66-Jährige. Seiner Meinung nach liegt das Problem darin, dass vor allem die Patienten, die schon lange auf ein Organ warten, ganz vorn in der Liste stehen. „Dabei sind die Überlebenschancen bei denjenigen höher, bei denen eine Krankheit erst frisch diagnostiziert wurde.“
In den betroffenen Kliniken ging dennoch wohl nicht alles mit rechten Dingen zu. Die Aufarbeitung der Angelegenheit hat ergeben, dass Blutwerte manipuliert wurden und auch die Organisation einiger Transplantationszentren nicht den Anforderungen genügte.

Ein weiteres Problem sieht Meyer außerdem in der Gesetzgebung zur Organspende. In Deutschland muss explizit auf einem Ausweis festgehalten werden, dass ein Mensch Leber, Nieren oder Herz spenden möchte. In Österreich oder Spanien hingegen ist jeder automatisch Spender, solange er nicht widerspricht. In Spanien gab es 2013 nach Angaben des Internetportals „statista“ 35 Spender pro Million Einwohner. In Deutschland waren es nur knapp elf.
Die zweite Variante der Organspende ist die Übertragung von einem lebenden Spender – so wie bei Karl Liebhardt aus Schambach. Seine Frau Uta ließ sich untersuchen, ob sie ihrem Mann einen Teil ihrer Leber abgeben konnte. Die Blutgruppe passte und ein Eingriff war möglich. Doch der war nicht ganz ohne Risiken. „Wir hätten beide sterben können“, meint Liebhardt. Besonders hatte sich das Paar um seine Tochter gesorgt, die damals 13 Jahre alt war. „Ich habe alle meine wichtigen Unterlagen meinem Chef gegeben, damit er sich um meine Tochter kümmert, falls etwas passiert.“
Ein Krankenhaus in Berlin führte die Operation schließlich durch. Vorher sprach eine Ethikkommission mit Uta Liebhardt und klärte sie über die Risiken auf, sodass sie in Ruhe entscheiden konnte. Am 11. November 2003 fand die Operation statt.
Uta Liebhardt hat sich relativ schnell von dem Eingriff erholt. Ihr Mann durfte an Weihnachten das Krankenhaus verlassen. Doch der Virus befand sich weiterhin im Körper und befiel auch das neue Organ. „Ich habe dann eine Interferonbehandlung bekommen“, erklärt Karl Liebhardt. „Das wäre früher nicht möglich gewesen.“ Ein halbes Jahr nach der Transplantation konnte er in seinem Bürojob wieder Vollzeit arbeiten.
Täglich auf Medikamente angewisen
Der 65-jährige Schambacher erzählt frei heraus von seinem Schicksal. Er genießt sein „zweites Leben“. Zwar ist er täglich auf Medikamente angewiesen, die das Immunsystem dämpfen, damit es die neue Leber nicht abstößt. „Für jeden, der ein Organ bekommen kann, ist das aber ein Segen“, sagt Liebhardt. Nach Angaben der Deutschen Stiftung für Organstransplantation warten bundesweit mehr als 10.000 Menschen auf neue Herzen, Nieren oder Lebern. Knapp über 3000 Organe wurden im vergangenen Jahr transplantiert.
Weil viel Unwissen und Angst grassiert, möchte der Verein „Lebertransplantierte Deutschland“ den Betroffenen helfen und ihnen als Ansprechpartner zur Seite stehen. Liebhardt kommt auch zu den Treffen der hiesigen Kontaktgruppe und erzählt regelmäßig von seinem Schicksal. Er möchte den Erkrankten Mut machen, verbunden mit der Bitte an alle Gesunden: „Werdet Organspender!“
Weitere Auskünfte gibt Friedrich Meyer vom Verein „Lebertransplantierte Deutschland“, Telefon 09145/ 6303. Am Freitag, 3. Juni, findet um 14 Uhr ein Treffen der Gruppe im Müßighof in Absberg statt. Mehr dazu auch im Internet unter www.lebertransplantation.de.
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