«Wir brauchen flexiblere Strukturen»
17.03.2008, 00:00 Uhr «Einige Unterrichtsstunden habe ich um eine Woche vorverlegt; und wo das nicht ging, habe ich Material an Kollegen weitergegeben, die meinen Schülern zumindest den Klassenraum aufschließen», erzählt Holl und ergänzt: «Ehrlich gesagt: Ich hätte es sicher einfacher gehabt, wenn ich nicht hierher gekommen wäre.» Dabei seien Veranstaltungen wie die Hochschultage eine gute Gelegenheit, um sich untereinander auszutauschen und neue Impulse für die eigene Arbeit mit nach Hause zu bringen.
Von den anwesenden Lehrerkollegen erntet der Pauker zustimmendes Nicken. «Es ist in der Tat schwierig, sich Zeit für Tagungen oder Weiterbildungen freizuschaufeln», meint eine Teilnehmerin aus Köln. Wie Hans-Peter Holl hat auch sie die Reise zu den Hochschultagen selbst organisiert und finanziert. «Es fehlt einfach die positive Motivation für uns Lehrer, an regelmäßigen Fortbildungen teilzunehmen; es werden einem immer noch viel zu viele Steine in den Weg gelegt.»
Und rasch gerät das eigentliche Thema des Workshops, wie man guten Unterricht definiert und wie sich Unterricht und Ausbildung verbessern lassen, in den Hintergrund. Denn dass sich das Lehrerbild in den vergangenen Jahren stark gewandelt hat, das wird, so die anwesenden Vertreter der Zunft, immer noch zu wenig erkannt.
Keine Zeit zur Fortbildung
«Die Belastung der Lehrer hat enorm zugenommen, es wird um einiges mehr erwartet als früher», meint etwa Wolfgang Kehl vom Rudolf-Rempel-Berufskolleg Bielefeld. «Neben der Tatsache, dass man als Lehrer ständig unter Druck handelt und angesichts zunehmender Disziplinstörungen sekundenschnell reagieren muss, ist man mittlerweile auch viel mehr darauf angewiesen, sich mit anderen Lehrern abzusprechen und Teams zu bilden.» Woher also die Zeit nehmen, um daneben auch noch an diversen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen?
«Es müssen flexiblere Strukturen an den Schulen Einzug halten», meint Kehl. «Denn oft sehen die Schulleiter den Stundenplan immer noch als unveränderliches Gesamtkunstwerk an; genau hier muss ein Umdenken stattfinden.»
Das gilt für den zeitlichen Rahmen von Fortbildung genauso wie die Gestaltung der Maßnahmen. «Eigentlich braucht jede Schule so etwas wie einen Fortbildungsbeauftragten, der sich um das gesamte Fortbildungsmanagement kümmert, angefangen von der Bedarfsermittlung über die Recherche nach passenden Angeboten bis hin zur Bewertung», sagt Studiendirektor Dirk Kowallick aus Göttingen. Mehr Flexibilität sollte neben der Gestaltung und Durchführung der Maßnahmen außerdem in einer veränderten Feedbackkultur Einzug halten.
«Genauso wie die Meinung der Schüler stärker berücksichtigt werden sollte, sollten die Lehrer mehr Möglichkeiten bekommen, sich gegenseitig im Unterricht zu besuchen und zu bewerten.» Das müsse nicht «künstlich aufgeplustert werden, sondern kann auch schon im kleinen Stil gehalten werden, ohne dass es gleich zu einer großen Umorganisation oder gar zu Unterrichtsausfällen kommt». Wieder zustimmendes Nicken im Raum.
Auch Hans-Peter Holl ist sich sicher: Er wird all das, was an den Hochschultagen über die Qualität von Bildung und Unterricht gesagt wurde, an seine Schule herantragen. Wie schnell das umgesetzt wird, darüber wagt er aber keine Prognose. «Manchmal habe ich leider das Gefühl, es gilt immer noch das Prinzip: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.»
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