Wird Toilettenpapier-Hamstern zur Herausforderung für die Klärwerke?

Maria Segat

Nürnberger Nachrichten

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19.3.2020, 18:06 Uhr

Wo geht eigentlich das ganze Toilettenpapier hin, das all die Menschen jetzt zuhause bunkern? Genau, den Abfluss runter und dann durch die Kanalisation ins nächste Klärwerk. Eine solche Anlage ist im hessischen Kreis Groß-Gerau bereits verstopft - weil dort aktuell "doppelt so viele Faserstoffe" ankommen wie sonst. So zitiert die Allgemeine Zeitung den Leiter der Kläranlagen in Mörfelden-Walldorf. Der führt das Mehraufkommen unter anderem auf die Verwendung von feuchtem Toilettenpapier zurück. Womöglich wird das im Homeoffice eher verwendet als im Büro? Die betroffene Stadt appelliert jedenfalls an die Bürger, sich an die Regeln zu halten, was in die Toilette gehört und was nicht.

Dass feuchtes Toilettenpapier ein Problem darstellen kann, weiß auch Burkard Hagspiel, technischer Werksleiter der Stadtentwässerung und Umweltanalytik Nürnberg. Kritisch werde das jedoch vor allem, wenn die Tücher gehäuft vorkommen, erklärt er. "In Nürnberg ist das zum Glück kein großes Thema", sagt er.

"Kurioses Hygieneempfinden"

Ob die Menschen in Nürnberg im Homeoffice arbeiten oder vom regulären Arbeitsplatz aus, mache demnach für das Klärwerk keinen Unterschied, so Hagspiegel. Trotzdem: Dass es gerade zu fragwürdigen Verhaltensweisen komme, könne jeder selbst beobachten - zum Beispiel beim Thema Klopapier-Hamstern.

"Manche Menschen haben ein ganz kurioses Hygieneempfinden", meint Hagspiel. Dass da der eine oder andere auch zuhause eher Papiertücher verwende, um etwas aufzuwischen als den regulären Putzlappen, spiele sicherlich auch eine Rolle. "Und die werden dann in der Toilette heruntergespült, denn im Müll sind sie den Leuten immer noch zu nah."

Aktuell gebe es in den Nürnberger Kläranlagen jedoch keine Probleme mit zu einem zu hohen Papieraufkommen. Und auch hier bereitet man sich intensiv auf die Auswirkungen des Coronavirus' vor.

Die Leitwarten der Anlagen müssten permanent besetzt sein, jede Minute jedes Tages, das ganze Jahr über. Sechs Personen braucht es pro Schicht dafür. Damit es im Falle einer Infektion in der Belegschaft zu keinen personellen Engpässen kommt, arbeiten auch die Mitarbeiter der Stadtentwässerung - wie aktuell in vielen Betrieben - in aufgeteilten Teams, die sich nicht begegnen dürfen. "Der Rest der Mitarbeiter ist dann im Stand-by zuhause und kann im Notfall angerufen werden." Eine besondere Gefährdungssituation für die Mitarbeiter liege nicht vor, so der technische Leiter.

Als kritischer Betrieb, der für die grundsätzliche Versorgung der Bürger notwendig ist, ist ein reibungsloser Ablauf in den Kläranlagen der Stadtentwässerung und Umweltanalytik Nürnberg besonders wichtig - generell und vor allem in Krisenzeiten.

Für wirkliche Ernstfälle, wie einen längeren Stromausfall oder Probleme mit dem Abtransport des Klärschlamms, gebe es intern einen genauen Stufenplan, erklärt Hagspiel. Von solchen Zuständen sei man aktuell aber weit entfernt. "Es liegt kein Störfall vor", sagt der technische Werksleiter. Und appelliert ebenso wie seine Kollegen von den Klärwerken in Hessen und wohl auch der restlichen Bundesrepublik, nichts in der Toilette runterzuspülen, was dort nicht hinein gehört. Das gilt für Medikamente, die immer wieder im Abwasser landen, ebenso wie für feuchtes Toilettenpapier. Genug reguläres Toilettenpapier müssten die meisten ja inzwischen zuhause haben.

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