Zugverkehr ohne Strom: Warum die Bahn weiter am Diesel hängt

Arno Stoffels

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27.7.2020, 05:52 Uhr

"Die Zukunft fährt elektrisch." So steht es auf der Webseite des Bundesverkehrsministeriums. Dazu erklärt der Hausherr Andreas Scheuer (CSU), dass Elektromobilität eine Schlüsseltechnologie ist, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Doch damit geht es nur sehr langsam voran. Vor allem wenn es darum geht, Bahntrassen unter Strom zu setzen, damit keine Dieselzüge mehr fahren müssen.

Der Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Nürnberg über Marktredwitz und Schirnding bis zur tschechischen Grenze wurde bereits vor 25 Jahren beschlossen. Bis hier wirklich etwas passiert, werden dennoch viele Jahre verstreichen, wie kürzlich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervorging. Demnach "kann der Abschluss einer Baufinanzierungsvereinbarung für den Abschnitt Nürnberg–Schirnding Ende der 2020er Jahre erfolgen. Termine für den Beginn der Bauarbeiten können erst nach Abschluss der Planfeststellung benannt werden."

In Bayern hängt über 55 Prozent der Gleise ein Fahrdraht

Auch für viele andere Bahnstrecken in Deutschland wurde zwar längst ein vordringlicher oder potenzieller Bedarf für die Elektrifizierung festgestellt, ohne das ein Fortschritt festzustellen wäre. Bislang sind 39 Prozent beziehungsweise 12.946 Kilometer des Schienennetzes nur für Dieselzüge befahrbar, wobei die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern teilweise groß sind.


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So hängt in Bayern über 55 Prozent der Gleise ein Fahrdraht. In Brandenburg beträgt der Elektrifizierungsgrad des allerdings deutlich kleineren Netzes 71 Prozent, in Baden-Württemberg immerhin noch 68 Prozent, wie jetzt ebenfalls eine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag ergeben hat.

FDP-Verkehrsexperte fordert eine Strategie von der Regierung

Dort steht auch zu lesen, wie viele Schienenkilometer im letzten Jahr in Angriff genommen und mit einer Oberleitung ausgestattet wurden: 60 Kilometer zwischen Freiburg und Breisach beziehungsweise Neustadt im Schwarzwald und Donaueschingen. Der FDP-Verkehrsexperte Christian Jung nennt das einen "Witz".

Auch der Einsatz von modernen Hybridantrieben oder Wasserstoffzügen im Schienenpersonennahverkehr kommt nicht voran. Die Deutsche Bahn hat aktuell kein einziges solches Fahrzeug im Bestand. Die seit vier Jahren laufende Erprobung einer H3-Hybridlok für den Rangierverkehr in Nürnberg habe zwar gezeigt, dass sich damit rund 30 Prozent Kraftstoff und auch Emissionen einsparen lassen. Aber wegen der Mehrkosten "sind weitere Neubeschaffungen nicht geplant", wie es in der Antwort der Bundesregierung heißt. Jung fordert von der Regierung eine Strategie, "die den Trend zur Zukunft nicht nur erkennt, sondern ebenso mutig und schnell umsetzt."


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