Nürnbergs Kämmerer ächzt
So teuer wie die Elbphilharmonie: Muss Freistaat Opernhaus-Sanierung zahlen?
22.8.2021, 05:54 UhrKämmerer Harald Riedel fordert vom Freistaat eine 100-Prozent-Förderung für die Sanierung des Opernhauses und für den Bau einer Interimsspielstätte: "Unser Haushalt ist an seiner Grenze angelangt und er hat sie vielleicht schon überschritten." Nach ersten Schätzungen werden sich die Sanierungskosten des Opernhauses auf 800 Millionen Euro belaufen. Hinzu kommen noch 200 Millionen Euro für den Bau einer Interimsspielstätte.
Schlechte Haushaltslage
Finanzminister Albert Füracker (CSU) hatte vor einigen Wochen ein Förderquote von 75 Prozent für die Opernhaussanierung zugesagt. Das würde aber nur die förderfähigen Kosten betreffen, die deutlich niedriger liegen als die für die gesamte Sanierung. Für Riedel ist das angesichts der Haushaltslage zu wenig. "Wir brauchen vom Freistaat für die Opernhaussanierung und für die Interimsspielstätte eine 100- Prozent-Finanzierung vom Freistaat und keine 75 Prozent", sagt Riedel.
Nürnberg hat auf Konzertsaal verzichtet
Aus seiner Sicht sei das gerechtfertigt, denn Nürnberg hat auf den Bau des Konzertsaals verzichtet. "Dagegen wird in München der Konzertsaal weiter geplant und der Freistaat wird ihn zu 100 Prozent finanzieren." Derzeit werden dafür 700 Millionen Euro veranschlagt. "Ich halte es für angemessen, dass Nürnberg für eine klassische Kulturstätte genau so viel bekommt, wie München."
Der Grund, dass Nürnbergs Haushalt an seine Grenze gelangt, sind die weiterhin hohe Ausgaben für Investitionen: Schulen, Kinderbetreuung, Infrastruktur, Mobiliät. "Am Ende können wir es vielleicht noch schaffen, den Haushalt zu finanzieren. Das Opernhaus geht aber nicht mehr. Wir müssen mit dem Freistaat reden", sagt Riedel.
Keine Einwände
Ob er mit der Unterstützung des Stadtrats rechnen kann, lasst der Kämmerer offen. "Widerspruch gab es bislang nicht." Riedel hält es für ganz wichtig, dass außerdem Freistaat und Bund zusätzliche Mittel für die Energiewende bereitstellen. "Sonst scheitert der Klimaschutz an den Finanzen und wird gesellschaftlich nicht akzeptiert." In den nächsten vier Jahren wird die Stadt 240 Millionen Euro mehr investieren als in den vergangenen vier Jahren. Damit wird erstmals die Zwei-Milliarden-Grenze überschritten. Laut Riedel alles nicht schiebbare Vorhaben.
Viel Geld für den Personennahverkehr
Der Kämmerer ärgert sich, dass immer wieder behauptet wird, die Stadt stelle zu wenig Geld für Maßnahmen gegen den Klimawandel zur Verfügung. Seine Rechnung beim öffentlichen Personennahverkehr: Durch den Verzicht auf eine Erhöhung der Ticketpreise 2021 und 2022 müssen pro Jahr jeweils sieben Millionen Euro ausgeglichen werden. Das neue eingeführte Sozialticket zu 15 Euro belastet den städtischen Haushalt mit 22 Millionen Euro pro Jahr. Kommt das 365-Euro-Ticket für jedermann ab 2023, dann kommen noch einmal 290 Millionen Euro bis 2026 hinzu.
Außerdem übernimmt die Stadt den Verlustausgleich der VAG. Derzeit sind es rund 60 Millionen Euro im Jahr. Insgesamt sind das bis 2026 600 Millionen Euro und bis 2030 kommen noch einmal über 500 Millionen für eine umweltfreundliche Mobilität hinzu. Darüber hinaus wurden im Rahmen des Mobilitätspakts 80 Stellen für den Planungsbereich sowie für Fahrradwege genehmigt.
Neue Radwege
Davon werden 20 bis 30 Stellen demnächst besetzt. Auf zehn Jahre gerechnet sind das Kosten von 100 Millionen Euro. Hinzu kommen noch 300 Millionen Euro an Investition. Die Pauschale speziell für den Ausbau von Fahrradwegen wurde auf zehn Millionen Euro erhöht. Außerhalb dieser Pauschale werden folgende Projekt aufgenommen: Radweg Fürther Straße, Fahrradstraße Maxtor zum Nordring, Neubau einer Rad-Fußweg-Brücke über den Nordring. Die Energiewende, lässt sich die Stadt, Stand heute, bis 2030 1,5 Milliarden Euro kosten. "Und das soll alles nichts sein?", fragt Riedel.
Kämmerer fordert eine Beschlussdiät
Besser als gedacht
Insgesamt ist die Haushaltslage der Stadt im Jahr 2021 etwas besser als befürchtet, weil die Gewerbesteuer über Plan liegt. Ursache sind die hohen Steuernachzahlungen aus den vergangenen guten Gewinnjahren 2017/18/19. Das wird aber im nächsten Jahr nicht mehr der Fall sein. Zum Vergleich: 2019 nahm die Stadt 476 Millionen Euro an Gewerbesteuer ein, 2020 waren es 421 Millionen Euro. Die Lücke wurde aber vom Freistaat ausgeglichen. Derzeit liegt die Stadt bei 448 Millionen Euro. Geplant wird für das nächste Jahr mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 476 Millionen Euro. "Das wäre dann das Niveau vor der Corona-Krise. Aber die Kosten sind natürlich weiter in die Höhe gegangen", sagt Riedel.
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