Plötzlich Stammspieler

Bloß keinen Kopf machen: Club-Talent Schleimer lebt von seiner Unbekümmertheit

Uli Digmayer

Sportredaktion

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25.3.2022, 06:00 Uhr

Auch zwei Tage nach dem Spiel hatte Lukas Schleimer die Szene aus der 16. Minute noch ziemlich genau vor Augen. „Ich muss den Ball mit der Innenseite ins lange Eck schießen oder ihn vielleicht sogar noch annehmen. Ich hatte da schon ’ne Menge Platz“, räumt der 22-Jährige selbstkritisch ein. Dass Schleimer den Ball stattdessen freistehend aus elf Metern links am Tor vorbeischoss und es somit verpasste, das fällige 2:0 nachzulegen, hatte mit dazu beigetragen, dass sich sein 1. FC Nürnberg am Ende gegen Dynamo Dresden trotz phasenweise drückender Überlegenheit mit einem enttäuschenden 1:1 hatte arrangieren müssen.

"Wir blicken nach vorne"

Ewig nachtrauern mochte Schleimer der vergebenen Großchance, der an diesem Tag diverse Kollegen ja noch weitere folgen ließen, aber nicht: „Das Spiel ist abgehakt, wir blicken nach vorne.“ Es dürfte zu Schleimers Stärken zählen, mit Negativerlebnissen nicht lange zu hadern. „Ich mache mir keinen Kopf im Spiel, auch wenn ich mal Fehler mache“, sagt er. Lieber aus diesen Fehlern lernen, es besser machen und sich kontinuierlich weiterentwickeln.

Das Ding musste rein: Lukas Schleimer trauert einer der vergebenen Großchancen beim 1:1 gegen Dresden hinterher.

Das Ding musste rein: Lukas Schleimer trauert einer der vergebenen Großchancen beim 1:1 gegen Dresden hinterher. © Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr

Dank dieser Einstellung hat es der einstige Kapitän der Nürnberger U21 im zweiten Anlauf doch noch zum Zweitliga-Profi geschafft. Obwohl er nach seiner Rückkehr von einer wenig glücklich verlaufenen Ausleihe an den 1. FC Saarbrücken im vergangenen Sommer am Valznerweiher eigentlich schon aussortiert worden war, ließ sich Schleimer nie hängen und empfahl sich durch starke Leistungen in der Regionalliga wieder für höhere Aufgaben. Zurück im Kreis der Profis verdiente sich der Pfälzer dann erste Einsätze, „weil er über Wochen richtig gut trainiert und um seine Chance gekämpft hat“, wie Trainer Robert Klauß betont.

Als sich Klauß nach den bitteren Niederlagen gegen Ingolstadt (0:5) und in Karlsruhe (1:4) zu personellen und taktischen Änderungen gezwungen sah, fand sich Schleimer plötzlich sogar in der Startelf wieder, wo er der Offensive zusammen mit dem quirligen Mats Möller Daehli und dem technisch versierten Taylan Duman als einer von drei „mobilen Zehnern“ neue Impulse gibt. Seitdem hat der Club viermal gewonnen und einmal unentschieden gespielt, beim 3:0-Sieg in Hannover erzielte der gebürtige Trierer sogar sein erstes Zweitliga-Tor.

Schleimer, findet Klauß, sei „ein Spielertyp, der uns guttut“. Ein Instinktfußballer eben, der gewisse Überraschungsmomente, Dynamik und Wildheit einbringt, unbekümmert auftritt, gern ins Risiko geht. Der aber auch bisweilen noch andeutet, dass er anno 2017 erst mit 17 Jahren als Spätstarter vom moselfränkischen Bezirksligisten TuS Mosella Schweich ins Nürnberger NLZ gekommen ist. Dann lässt Schleimer kleinen Geniestreichen schlampige Ballannahmen folgen, agiert im Zweikampf zu naiv, stürmt zu ungestüm oder verliert bei reizvollen Kontern die Übersicht.

„Ganz normal“ findet Klauß das, „er hat eben noch nicht die Erfahrung und erlebt viele Situationen zum ersten Mal.“ Schleimer müsse nun Konstanz in seine Leistungen bringen und „im Training an den Dingen arbeiten, die ihm noch fehlen, damit er effektiver wird. Das ist hier der nächste Schritt für ihn.“

Ob Schleimer auch den übernächsten Schritt beim Club machen wird, scheint offen, sein 2020 unterzeichneter Profivertrag läuft am Saisonende aus. „Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt Schleimer nur, alles weitere überlässt er gerne seinem Berater, der sich im Austausch mit Sportdirektor Olaf Rebbe befindet, „ich will mich voll und ganz auf den Fußball konzentrieren“. Und ihn dann beim nächsten Mal mit der Innenseite ins lange Eck schießen.

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