Achtung, Dynamo kommt!
Club-Kontrahent Dresden: Das Problem mit dem Toreschießen
19.3.2022, 06:01 UhrWie war das Hinspiel?
Der 1:0-Sieg bei den Sachsen war eines der typischen Spiele des 1. FC Nürnberg im ersten Saisonviertel. Eines, das Robert Klauß nach der Partie mit dem Etikett "kein schönes Spiel" versah: Der Club hatte deutlich weniger Ballbesitz, eine schlechtere Zweikampfquote, weniger Schüsse aufs Tor und war nach expected Goals auch unterlegen. Allein von den Daten her hätten man also meinen können, der Club wäre die deutlich schlechtere Mannschaft gewesen. Doch bei näherer Betrachtung konnte man feststellen: Wirklich gefährlich war Dynamo nur bei Standards. Aus dem Spiel heraus hatten die Gastgeber wenig Chancen, Ballbesitz vor allem in den ungefährlichen Zonen.
Der Club verteidigte nach der Führung durch Krauß in der 21. Minute so, dass es zwar wenig ansehnlich nach vorne war, defensiv aber die Aufgaben gut bis ordentlich verrichtet wurden. Er schaffte es, dass Dynamo selbst in der Schlussviertelstunde, wo Ballbesitz und Angriffszahl noch einmal anstiegen, nur drei Schüsse in Richtung Tor abgab. "Wir haben es in der letzten Linie gut verteidigt", analysierte daher auch Mats Møller Dæhli, der aber auch "zu viele Ballverluste” nach vorne feststellte. Auch das zurecht. Nach der Pause kam der Club kein einziges Mal im Dresdner Strafraum zum Abschluss.
Was ist seitdem anders?
Dresden hat den Trainer gewechselt. Damit trifft der Club zum fünften Mal in Folge auf einen anderen Trainer als in der vorangegangenen Partie gegen Dynamo. Nach Alexander Schmidt im Hinspiel, Markus Kauczinski und Cristian Fiel in der Dresdner Abstiegssaison sowie Uwe Neuhaus im Rückspiel 2017/18 sitzt nun Guerino Capretti auf der Bank. Der 40-Jährige übernahm zu Beginn des Monats die Übungsleitung bei Dynamo und saß bisher bei der knappen Niederlage in Bremen und dem Remis gegen St. Pauli auf der Bank. Zuvor war der in Kampanien geborene Capretti fast fünf Jahre lang Trainer des SC Verl gewesen, hatte diesen 2019/20 zurück in die Dritte Liga geführt. Im Februar 2022 war er aber entlassen worden, als die Ostwestfalen auf einem Abstiegsrang standen.
Aus Verl mitgebracht hat Capretti sein Faible für das 4-3-3. Das soll dabei helfen, eines der größten Probleme, welches die Sachsen unter Schmidt hatten, zu beheben: Sie kreierten einfach zu wenig Torchancen. Nur knapp 10,5 Torschüsse pro Spiel waren schon ein geringer Wert, gepaart mit einer niedrigen Chancenqualität – in fünf der letzten acht Spielen unter Schmidt kam Dresden auf weniger als ein zu erwartendes Tor – ist es eine Erklärung, warum Dynamo auf lediglich 23 Treffer in 24 Spielen unter Schmidt kam.
Capretti versuchte in den bisherigen Partien, die Chancenproduktion vor allem durch hohes Mittelfeldpressing anzukurbeln. Auch das hat er aus Verl mitgebracht, die Ostwestfalen waren 2020/21 das pressingintensivste Team der Dritten Liga. Als Pressingtrigger diente dabei in Verl wie auch in den ersten Spielen in Dresden vor allem der Pass zwischen den Innenverteidigern.
In Bremen eroberte Dynamo immer wieder früh den Ball, leitete ihn dann auf den rechten Flügel und spielte ihn aus Grundliniennähe zurück ins Zentrum. Allein den Paraden von Jiri Pavlenka war es zu verdanken, dass Bremen dieses Spiel unbeschadet überstand. Auch St. Paulis Keeper Nikola Vasilj verhinderte beim Stand von 1:0 für Dresden einen höheren Rückstand, ehe St. Pauli nach dem Seitenwechsel zuschlagen konnte. Die Breite, die das 4-3-3 dem Spiel durch die zusätzlichen offensiven Flügelspieler verleiht, hilft Caprettis Ansatz hier in hohem Maße.
Wer sind die Top 2 unter 23?
Technisch gesehen fällt sogar Dresdens wichtigster Spieler, Christoph Daferner, noch unter die Bezeichnung U23-Spieler, da er am 1. Januar 2022 noch 23 Jahre alt war. Doch der Schwabe, der an mehr als 50 Prozent der Dresdner Treffer beteiligt war, ist inzwischen 24 und Dynamo hat genug andere junge Spieler in seinen Reihen, etwa Ransford-Yeboah Königsdörffer.
Vier Tore und vier Vorlagen hat der deutsche U21-Nationalspieler schon zu Buche stehen, unter Capretti darf der 20-Jährige über die Flügel kommen, in Bremen spielte er zunächst links, später dann rechts offensiv. Gegen St. Pauli spielte er erneut zunächst links, ehe er dann im 5-3-2 der Schlussphase zum zweiten Stürmer wurde. Zum Tragen kommt in allen offensiven Positionen einerseits das Tempo des gebürtigen Berliners, andererseits die Fähigkeit, seine Pässe in Tornähe präzise anzubringen.
In dieser Fähigkeit wird Königsdörffer nur von einem anderen Dynamo-Spieler übertroffen. Oliver Batista Meier kam im Winter von Bayern München II an die Elbe und hat sich schnell in die Startformation gespielt. Dabei ereilte den 21-Jährigen das Schicksal zahlreicher vielseitiger Fußballer: Er musste fast in jedem Spiel auf einer anderen Position agieren. Stürmer, Zehner, linkes Mittelfeld, linke Acht, Batista Meier war überall zu finden. Nicht zuletzt durch seine Fähigkeit, gefährliche Standards zu schlagen, verbessert Batista Meier den Dresdner Kader.
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