Zengers Taktiktafel: Jahn Regensburg

Der Club-Gegner und das Ende des Außenseiterfußballs

Florian Zenger

17.2.2022, 12:53 Uhr
Blüht auf beim Jahn: der frühere Club-Profi Sarpreet Singh (li.) überzeugt nicht nur als Vorlagengeber.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Blüht auf beim Jahn: der frühere Club-Profi Sarpreet Singh (li.) überzeugt nicht nur als Vorlagengeber.

Wie war das Hinspiel?

Intensiv und zerfahren. In einem Spiel, das mit Nachspielzeiten 102 Minuten dauerte, war der Ball nur 50 Minuten im Spiel. Überdurchschnittlich viele Fouls brachten das Spiel immer wieder zum Stocken, hinzu kamen mehrere längere Verletzungsunterbrechungen. Über das gesamte Spiel gesehen hatte der Jahn viel Ballbesitz und spielte ungewöhnlich wenig lange Bälle. Der Club ging früh in Führung durch einen Kopfball von Lino Tempelmann, schaffte es dann aber kaum mehr durch die Mitte zum Abschluss zu kommen.

Stattdessen drehte der Jahn durch Besuschkow und Wekesser, der ab 2022/23 für den 1. FC Nürnberg auflaufen wird, das Spiel. Robert Klauß reagierte, stellte die Grundordnung auf ein 4-2-2-2, um für mehr Breite im Spielaufbau zu sorgen. So kam er nach einer Flanke von Handwerker – unter Mithilfe von Jahn-Keeper Meyer – zum Ausgleich durch Dovedan und kam danach sogar noch durch Handwerker und Duman zu großen Chancen zum Siegtreffer.

Was ist seitdem anders?

Das Spiel gegen den Club war etwas wie der erste Schritt in der Veränderung des Jahn. Regensburg war unter Mersad Selimbegović lange Zeit stark von schnellem und direktem Spiel in die Spitze, von Elementen der RB-Schule geprägt, die Selimbegović als Co-Trainer von Achim Beierlorzer mitgenommen hatte. Im Laufe dieser Saison aber hat sich der Jahn in Sachen Ballbesitz und Ballkontrolle weiterentwickelt, setzt bei Weitem nicht mehr nur auf Außenseiterfußball.

In Sachen Grundformation ist der 39-jährige Coach der Regensburger deutlich flexibler als früher. Es wird zwar weiterhin vor allem auf ein flaches 4-4-2 oder ein 4-2-3-1 gesetzt, aber gegen St. Pauli begann der Jahn in einem 3-4-1-2, gegen den HSV spielte man zum Teil im 4-3-3. Zentrales Element, egal in welcher Grundordnung, ist bei den Oberpfälzern aber weiterhin die Intensität.

Mit Kapitän Benedikt Gimber, zusammen mit Tom Krauß der pressingstärkste Spieler der Zweiten Bundesliga, den Innenverteidigern Kennedy, Breitkreuz und Elvedi, bringen die Domstädter eine ganze Reihe an physisch starken, die Zweikämpfe suchenden Defensivspielern auf den Rasen. Die setzen gemeinsam mit dem Rest des Teams eine Art radikales Pressing um, das den Gegner eben nicht nur nach Außen wegleiten soll. Zum Teil schnappt die Pressingfalle auch im Zentrum zu, wenn der Jahn mit einer erheblichen Anzahl an Spielern, zum Teil bis zu sechs, Druck auf den Ballführenden macht.

Darin liegen Chance und Risiko gleichermaßen: Wird der Ball zentral erobert, ist er schnell dort, wo er hinsoll: in Tornähe. Andererseits kann es defensiv wacklig werden, wenn ein numerisch so umfassendes Pressing überspielt wird. Dann ist der Gegner schnell im Angriff in der Überzahl und der Jahn unter Druck. Eine erhebliche Stärke liegt bei den Oberpfälzern in den Standards.

Mit dem Bestwert von 13 Treffern nach ruhenden Bällen liegen sie noch vor dem KSC (11 Tore), dessen Standards in der Vorwoche dem Club schon vor Probleme gestellt hatte. Noch mehr Kopfzerbrechen dürfte die Tatsache verursachen, dass der Jahn mit elf Kopfballtoren in der Offensive brandgefährlich ist, wenn es um die Lufthoheit geht. Der Club dagegen ist im Kopfballduell die zweitschwächste Mannschaft der Liga, hat bereits fünf Gegentore per Kopf kassiert.

Wer sind die Top 2 unter 23?

Sarpreet Singh, dessen Leihe vom FC Bayern München in der Vorsaison im Winter abgebrochen wurde, hat sich beim Jahn deutlich besser zurechtgefunden als am Valznerweiher. Die offizielle Statistik weist beim Neuseeländer in dieser Saison bereits acht Vorlagen aus - nur Bülter, Kyereh, Kempe und Kittel haben mehr Tore aufgelegt.

Bei den Pässen, die dann wiederum zu Vorlagen werden, ist Singh, der am Sonntag 23 wird, mit fünf „Second Assists“ sogar ligaweit Spitze. Auch bei den Pässen, die zu Abschlüssen führen, ist Singh unter den Top 5 der Liga. Singh ist demnach in Regensburg mehr ins Spiel eingebunden ist als er das noch in Nürnberg war. Und das obwohl er, wenn Selimbegović auf ein flaches 4-4-2 setzt, fast genau dieselbe Position übernimmt wie in Nürnberg.

Der andere auffällige junge Spieler ist Carlo Boukhalfa. Der 22-jährige Mittelfeldspieler ist – wie Nürnbergs Tempelmann – vom SC Freiburg ausgeliehen. Wird im 4-2-3-1 gespielt, ist Boukhalfa meist der Spieler hinter den Spitzen, im 4-4-2 der offensivere der beiden zentralen Mittelfeldspieler. Der Badener mit algerischen Wurzeln kann aber auch als Sechser agieren, ist meist eine Art Scharnierspieler zwischen offensiven und defensiven Bemühungen der Oberpfälzer, dessen Robustheit zu Regensburgs Spielstil passt.

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