Fünf Pausenführungen in 24 Spielen
Der Club und die verflixte erste Halbzeit: Der entscheidende Faktor zum (Miss-)Erfolg?
02.03.2025, 05:00 Uhr
Mit einem weiteren Heimsieg gegen Hannover hätte der 1. FC Nürnberg auf Tuchfühlung mit den Aufstiegsrängen bleiben können. Dass der Club allerdings keine ernsthaften Aufstiegsambitionen hegt, braucht man in Nürnberg keinem erzählen, auch wenn er von Medienvertretern außerhalb des Frankenlandes häufig zumindest zum erweiterten Kreis gezählt wird. Dafür war der Umbruch in der Mannschaft, auf der Trainerbank und in der Führungsebene im vergangenen Sommer einfach zu groß.
Und obwohl nach der ersten Heimniederlage seit dem 21. September (0:2 gegen Hertha BSC) nach wie vor alles im Lot ist, fühlt sich das 1:2 gegen Hannover vermeidbar an. Sehr vermeidbar sogar. Hauptverantwortlich ist wieder einmal eine äußerst schwache erste Hälfte.
Gute Reaktion, schlechtes Ergebnis
Im Vergleich zum 0:0 in Berlin, bei dem der Club so gut wie gar keine Offensivgefahr ausstrahlte, setzte Klose erstmals wieder auf eine Doppelspitze. Winterneuzugang Antiste kam für Lubach ins Spiel und bewies seinen Wert für die Mannschaft noch in der ersten Hälfte. Zwar konnte er einen aussichtsreichen Abschluss lediglich an die Unterkante der Latte setzen, doch weil sein Sturmpartner Tzimas hellwach war, glückte dem jungen Franzosen immerhin ein weiterer Assist. Die neue Doppelspitze brauchte nur etwas mehr als eine halbe Stunde, um ihren Wert unter Beweis zu stellen. Also alles super? Mitnichten.
Denn bis auf das Tor blieben echte Chancen im ersten Durchgang Mangelware. Das lag natürlich an der starken Defensive der Hannoveraner, aber eben auch an fehlender Durchschlagskraft auf Seiten der Nürnberger. "Wir waren sehr dominant mit und gegen den Ball und haben nur eine Aktion zugelassen, die dann aber zum Tor geführt hat", resümierte Gäste-Coach Breitenreiter nach dem Spiel. Dass der Club es besser kann, zeigte der FCN erst in Halbzeit zwei. Und auch wenn dort ebenfalls bis auf ein Abseitstor nichts Zählbares heraussprang, lässt sich auf den zweiten 45 Minuten deutlich besser aufbauen.
"Wir haben heute generell kein gutes Spiel gemacht und sind letztlich zu spät aufgewacht", bemängelte Robin Knoche. Auch Julian Justvan schlug in die gleiche Kerbe: "Wir haben das Spiel in der ersten Halbzeit aus der Hand gegeben, da war es von uns zu passiv."
Die verflixte erste Halbzeit
Dabei ist ein schwacher Start und eine Leistungssteigerung nach der Pause fast schon symptomatisch für Kloses Amtszeit. In lediglich fünf der bisher 24 absolvierten Spiele ging der Club mit einer Führung in die Halbzeit. Dem gegenüber stehen acht Rückstände und ganze elf Unentschieden. Dass der FCN mit dieser Leistung dennoch lange Zeit zumindest Richtung Aufstieg schielen durfte, liegt in erster Linie an der zweiten Hälfte der Partie.
Die bestreitet Kloses Elf häufig deutlich motivierter, zielstrebiger und mit einem klaren Plan nach vorne. Späte Siegtore wie die gegen Ulm, Magdeburg oder Darmstadt zeigen, dass das Team bis zur letzten Sekunde an sich glaubt und sich fast nie aufgibt. Wieso der Club sein volles Potenzial häufig erst nach dem Seitenwechsel ausschöpft, gibt dagegen Rätsel auf. Gegen Hannover ließen die Spieler Grundtugenden wie Ruhe, Zweikampfstärke und Selbstvertrauen - das sie sich nach den vergangenen Wochen redlich verdient hätten - vermissen. Ja, die Gäste standen defensiv sehr gut und bereiteten dem "Ruhmreichen" mit ihrem Pressing große Probleme. Die Räume wären für den FCN jedoch definitiv da gewesen, aber Tzimas und Co. vertändelten den Ball entweder im letzten Drittel und kamen so gar nicht erst vors Tor oder verloren ihn bereits in der eigenen Hälfte.
"Wir waren im eigenen Ballbesitz zu hektisch, haben falsche Entscheidungen getroffen und konnten uns vom Druck nicht so lösen. Wir waren in vielen Situationen nicht clever genug", erklärte sich Klose anschließend die verdiente Niederlage. Insgesamt habe man zu wenig gemacht, um einen Punkt mitzunehmen.
Nur eine Niederlage nach Führung zur Pause
Dabei täte es dem FCN mehr als gut, mal wieder mit einer Führung im Rücken aus der Kabine zu kommen. Nach einer Pausenführung verlor der Club diese Saison nur ein einziges Mal - nämlich am ersten Spieltag in Karlsruhe, nachdem man furios mit 0:2 gestartet war. Acht der übrigen neunzehn Partien verlor man ganz, immerhin viermal reichte es noch für ein Unentschieden.
Nichtsdestotrotz ist das Meckern auf sehr hohem Niveau. In Anbetracht der vielen Änderungen in der Sommerpause steht der FCN heute deutlich besser da, als so mancher Sportredakteur das zu einem früheren Zeitpunkt in der Saison vermuten konnte. Das sieht auch Miroslav Klose so. "Wir haben in letzter Zeit gute Leistungen gebracht und gute Fortschritte gemacht. Wir müssen in dieser Liga immer von Spiel zu Spiel denken und aus der heutigen Leistung werden wir lernen." Worin genau für Trainer und Mannschaft der Unterschied zwischen erster und zweiter Hälfte liegt, wissen nur die Beteiligten selbst. Womöglich sollte Klose mal darüber nachdenken, seine Halbzeitansprache vor das Spiel zu verlegen.
Betrachtet man jedenfalls die Erfolgsquote nach Pausenführungen (nur eine Niederlage), könnte darin sogar der Schlüssel zum langfristigen Erfolg und dem Anklopfen an die obersten Plätze liegen. Schließlich beträgt der Abstand auf einen direkten Aufstiegsplatz stand jetzt "nur" sieben Punkte. Rein statistisch wäre das mit der ein oder anderen Führung zur Pause mehr durchaus realistisch.
So oder so kann der Club seine Saison jetzt ohne Aufstiegsstress oder Abstiegssorgen zu Ende spielen und sich weiter finden. Eine überzeugende erste Halbzeit wäre jedenfalls ein guter Ansatzpunkt, an dem man die restlichen Spieltage noch feilen kann. Vielleicht wird es dann ja nächstes Jahr etwas mit dem Aufstiegsstress.
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