Von eigenen Aussagen distanziert
Hecking kritisiert Demos gegen Rechtsextremismus als "Folklore" - und rudert in offenem Brief zurück
2.2.2024, 18:37 UhrAm Samstag empfängt der 1. FC Nürnberg den VfL Osnabrück. Der Club lädt seine Fans ein, nach dem Spiel auf die Demonstration gegen Rechtsextremismus unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt - Demokrat*innen gegen rechte Brandstifter" zu gehen. Weil der Verein selbst Mitglied der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion ist, werden einige Vereinsvertreter auf der Kundgebung in der Innenstadt zu den Demonstranten sprechen. Auch Dieter Hecking ist als Redner angekündigt - dabei stiftete der Sportvorstand des FCN am vergangenen Wochenende mit seinen Aussagen zu den aktuellen Demonstrationen reichlich Verwirrung.
Wie unter anderem die "Bild" berichtete, hatte Hecking sich während einer Podiumsdiskussion der "Neuen Presse" in Hannover zu den bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus geäußert. Dort sagte er: "Demos sind für mich manchmal Folklore. Das Wichtige ist, dass wir auf den Landtagswahlen Farbe bekennen und dort sagen: Das wollen wir und das wollen wir nicht. Das bemängle ich und deswegen bin ich da gerade zeitkritisch unterwegs." Mit dieser Aussage stellte sich Hecking gegen die Interessen seines Vereins - der 1. FC Nürnberg hatte seine Anhänger ja ausdrücklich darum gebeten, an der Demo in Nürnberg teilzunehmen.
Für Irritationen sorgte auch Heckings Kommentar zur Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Hansa Rostock. Ein Journalist hatte Trainer Christian Fiél zu der damals anstehenden Demonstration in Nürnberg befragt - Heckings Meinung nach ein absolutes No-Go: "Es wird nur noch darauf ausgelegt, Leuten zu schaden, ihnen irgendwo ans Bein pinkeln zu können. Da sollten wir uns alle hinterfragen."
Viel Kritik und "Rolle rückwärts": Hecking distanziert sich von eigenen Aussagen
Nach viel Kritik distanziert sich Hecking nun von seinen Aussagen. In einem offenen Brief, den der 1. FC Nürnberg auf seiner Website veröffentlicht hat, entschuldigt er sich bei den Club-Fans. "Mit meiner unglücklichen Wortwahl, Demonstrationen als ‚Folklore‘ zu bezeichnen, habe ich einen Fehler begangen." Zwar habe Hecking sofort nach seiner Aussage bemerkt, "ein unpassendes Wort" benutzt zu haben, sich aber nicht korrigiert. Dadurch seien "einige Missverständnisse" entstanden. Hecking sei es wichtig, "nicht in eine rechte Ecke gerückt zu werden. Dort war ich nie und da werde ich auch nie sein", beteuert der Sportvorstand.
Vielmehr will Hecking betonen, zu den gesellschaftlichen Projekten zu stehen, die der FCN seit vielen Jahren verfolge: Hecking stehe hinter den Werten, denen sich der Verein in seiner Satzung und seinem Leitbild verschrieben hat - für ihn sei es ein "toller Prozess" gewesen, an der Erstellung dieses Leitbilds beteiligt gewesen zu sein. "Es ist mein innerer Antrieb und Anspruch, dieses Leitbild jeden Tag zu leben und es auf unsere Spielerinnen und Spieler sowie Mitarbeitenden und Fans zu übertragen", versichert Hecking deshalb.
Hecking lobt Demonstranten - und ruft zur Teilnahme auf
Auch auf die Demonstrationen selbst kommt Hecking in seinem Schreiben nochmals zu sprechen. Diesmal bezeichnet der Sportvorstand sie als wichtiges Instrument zur "Meinungsbildung in einer Demokratie": "Ich respektiere und unterstütze jede und jeden der fast zwei Millionen Demonstrierenden, die in den vergangenen zwei Wochen auf der Straße klar Kante gegen Rechtsextremismus gezeigt haben und es hoffentlich weiterhin tun werden. Demonstrationen können zu einem Stimmungsumschwung in unserem Land beitragen." Eigentlich habe Hecking mit seiner Aussage auf der Podiumsdiskussion die Menschen nur dazu aufrufen wollen, wählen zu gehen. "Nehmt Euer Wahlrecht wahr und macht Euer Kreuz bei einer demokratischen Partei", appelliert er deshalb an die Fans des FCN.
Hecking betont, es sei ihm "sehr wichtig, Haltung zu zeigen gegen Menschen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zerstören wollen und mit 'Remigration' und Deportationen von Menschen drohen" - und wirft die Frage auf, wie die Mannschaften des 1. FC Nürnberg ohne Spielerinnen und Spieler aus dem Ausland oder mit Migrationshintergrund aussähen. "Ich spreche hier auch für unseren Trainer Christian Fiél, der die spanische Staatsbürgerschaft besitzt", so Hecking.
Abschließend versichert Hecking, dass der Club für "Vielfalt und Akzeptanz" stehe - und ruft die Fans sogar noch zur Teilnahme an der Demonstration nach dem Spiel gegen Osnabrück auf: "Ich bitte Euch: Zeigt Haltung. Das macht mir Mut. Kommt am 3. Februar zur Kundgebung am Kornmarkt. Ich werde ebenfalls dort sein."