Was dafür und was dagegen spricht
Holt der Club Guido Burgstaller zurück? Ein Vollstrecker mit Verfallsdatum
27.4.2022, 08:56 UhrGuido Burgstaller tut derzeit das, was ihm während eines Fußballspiels als versierter Trash-Talker eher schwerfällt. Er schweigt. Interviewanfragen auch dieser Zeitung lässt der Österreicher aktuell kategorisch ablehnen, er wolle sich, so teilte das der FC St. Pauli höflich mit, "vor dem Spiel nicht äußern". Was auch damit zu tun haben könnte, dass dieses Spiel am Freitag (18.30 Uhr) nun mal gegen den 1. FC Nürnberg geht, der wiederum ein reges Interesse an einer Rückkehr seines einstigen Torjägers haben soll.
Eine durchaus pikante Gemengelage also, zumal beide Teams im Verfolgerduell darum kämpfen, ihre noch mehr (St. Pauli) oder weniger (FCN) realistische Aufstiegsrestchance zu wahren. Zuerst berichtet über die Avancen vom Valznerweiher hatte die Bild-Zeitung, von Seiten des Vereins gibt es dazu bislang offiziell weder eine Bestätigung noch ein Dementi. Doch wie sinnvoll wäre eine solch spektakuläre Rückholaktion überhaupt? Der Versuch einer objektiven Abwägung von Chancen und Risiken.
Was dafür spricht
Dem Club, das hat auch Sportvorstand Dieter Hecking längst erkannt, fehlt in dieser Saison ein echter Knipser, wie ihn alle anderen Mannschaften aus dem oberen Tabellendrittel besitzen. Manuel Schäffler (33) ist es offenbar nicht mehr, Erik Shuranov (20) noch nicht. Burgstaller hat in seiner Karriere mit Ausnahme eines kurzen Intermezzos bei Cardiff City stets recht verlässlich getroffen. Auch in dieser Saison bringt es der Angreifer bislang in 35 Pflichtspielen auf 20 Tore und neun Vorlagen, er könnte dieses Vakuum im Club-Kader also mit hoher Wahrscheinlichkeit füllen.
Zudem würde der schlitzohrige Wühler mit seiner aktiven, oft unorthodoxen Spielweise und seinem unermüdlichen Pressing besser zur Spielidee von Trainer Robert Klauß passen als ein klassischer, eher statischer Stoßstürmer wie Schäffler. Bei den Fans genießt "der Burgi" ungeachtet seines hastigen Abgangs nach zwei Jahren im Januar 2017 zum FC Schalke 04 einen guten Ruf, nicht nur wegen 34 Toren und zwölf Vorlagen, sondern auch wegen seines Kampfgeists und seiner schelmischen Art. Der Kärntner selbst soll einer Rückkehr vor allem wegen der Nähe zur Heimat nicht abgeneigt sein.
Was dagegen spricht
Burgstallers Arbeitspapier in Hamburg läuft noch bis 30. Juni 2023. Der nach der Corona-Krise finanziell nicht gerade auf Rosen gebettete Club müsste also nicht nur in eine stattliche Ablöse investieren, sondern dem Profi mit Champions-League-Erfahrung, der beim Gehaltsniveau zu den Besserverdienern zählen dürfte, auch mindestens einen Zweijahresvertrag offerieren. Nun wird Burgstaller aber just am Freitag 33 Jahre alt.
Zwar wären dem robusten 1,87-m-Mann durchaus noch ein, zwei Spielzeiten auf gehobenem Zweitliga-Niveau zuzutrauen, doch könnte es eben auch sein, dass er seinen Zenit wie der 2020 aus Wiesbaden geholte Schäffler bereits überschritten hat. Auch weil Burgstaller nicht mehr an die Form der Vorrunde anknüpfen konnte und seit der Winterpause nur noch viermal traf, ist St. Pauli von der Tabellenspitze bis auf Rang vier abgerutscht. Zudem dürfte der potenzielle Wiederverkaufswert des Routiniers gen Null tendieren.
Am Millerntor hat man die Gerüchte um den Goalgetter übrigens recht gelassen registriert. "Vor drei Wochen gab es das Thema Kyereh vor dem Bremen-Spiel. Jetzt haben wir das Thema Burgstaller vor dem Nürnberg-Spiel. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Auf die Spielchen werde ich mich bestimmt nicht einlassen", sagte Trainer Timo Schultz der Bild-Zeitung und fügte trotzig an: "Guido ist hier. Der wird für uns die Tore schießen – und das wird auch so bleiben." Vielleicht wäre der Freitag ja eine gute Gelegenheit für Burgstaller, um alle Spekulationen zu beenden. Natürlich nach dem Spiel.
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