FCN in der Krise

Statistiken eines Absteigers? Zahlen, die selbst hartgesottene Clubfans schocken

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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1.5.2024, 05:00 Uhr
Schon wieder keine Punkte: Mit leeren Händen stellen sich die Spieler des FCN nach der Niederlage gegen Karlsruhe den Fans im Max-Morlock-Stadion.

© IMAGO/Sportfoto Zink / Daniel Ma/IMAGO/Zink Schon wieder keine Punkte: Mit leeren Händen stellen sich die Spieler des FCN nach der Niederlage gegen Karlsruhe den Fans im Max-Morlock-Stadion.

Der 1. FC Nürnberg zittert sich dem Saisonende entgegen. Das 0:1 am vergangenen Spieltag war bereits die vierte Niederlage in Serie, der Vorsprung auf die Abstiegsplätze schmilzt immer weiter. Noch liegt der FCN zwar fünf Punkte vor dem Relegationsrang 16, doch das könnte sich bald ändern - zumindest, wenn keine weiteren Punkte aufs Konto kommen, und die Konkurrenz weiter Boden gutmacht.

Die schwachen Leistungen der vergangenen Wochen - schon seit sechs Spieltagen wartet der FCN auf einen Dreier - schlagen sich logischerweise in diversen Zahlen und Statistiken nieder. In vielen Belangen liegt der Club nicht nur weit hinter den eigenen Erwartungen, sondern sieht auch im ligaweiten Vergleich schlecht aus. Dabei ist es schwer, eine konkrete Problemzone zu benennen - der Schuh drückt vorne wie hinten.

Letzter Platz in der Formtabelle

Alleine beim Blick auf die Formtabelle, der die Leistungen der vergangenen fünf Partien zugrunde liegen, wird es manchem Clubfan Angst und Bange. Keine andere Mannschaft hat in den letzten fünf Spielen weniger Punkte geholt - lediglich ein Remis gelang dem Club, zuletzt verlor man viermal in Folge. In dieser Zeit schoss der Club außerdem nur drei eigene Tore (zusammen mit Hansa Rostock die wenigsten).

Gleichzeitig kassierte man zwölf Gegentreffer (zusammen mit Wehen Wiesbaden und dem SV Elversberg die meisten). Wenig verwunderlich, dass sich der FCN mittlerweile auf dem vorletzten Platz der Rückrundentabelle befindet - nur der SV Wehen Wiesbaden ist in der zweiten Saisonhälfte bislang noch erfolgloser.

Schon 57 Gegentore: Löchrige Defensive

Ein Teil des Problems: Der 1. FC Nürnberg kassiert viel zu viele Gegentore. Zusammen mit dem FC Schalke 04 stellt der Club die drittschlechteste Defensivreihe der Liga - lediglich der 1. FC Kaiserslautern und der VfL Osnabrück haben bislang mehr Gegentreffer hinnehmen müssen.

57 Gegentore sind zudem bereits drei Spieltage vor Schluss der zweitschlechteste Wert der Nürnberger Zweitligahistorie: nur in der Saison 2019/2020 kassierte der FCN einen Gegentreffer mehr - am Ende folgten der Gang in die Relegation und ein dramatischer Klassenerhalt in letzter Sekunde.

Konkret hapert es beim FCN im Umgang mit hohen Bällen: Im ligaweiten Vergleich verliert der Club die drittmeisten Kopfballduelle. Das macht sich auch in der Abwehr bemerkbar: Bereits 15 Gegentore nach Kopfballtreffern kassierte der FCN - die meisten in der 2. Bundesliga. Und auch das Thema Konzentration wird dem Club so häufig zum Verhängnis wie kaum einer anderen Mannschaft: Bereits sechs Gegentore kassierten die Nürnberger in dieser Saison in der Nachspielzeit, nur die SV Elversberg musste ebenso viele späte Gegentore hinnehmen.

Erst 38 Tore: Harmloser Angriff

All das wäre weniger schlimm, wenn der 1. FC Nürnberg wenigstens im Angriff überzeugen und genug Tore schießen würde, um die defensiven Unzulänglichkeiten auszugleichen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Zuletzt blieb man vier Spiele am Stück komplett ohne eigenen Treffer, der Angriff des Clubs ist in dieser Spielzeit extrem harmlos. Im kompletten Saisonverlauf haben nur vier Mannschaften weniger Tore geschossen als der FCN.

Dabei übt sich der Club über die Saison hinweg betrachtet nicht einmal im Chancenwucher - die Offensive erspielt sich einfach zu wenige Torgelegenheiten, um häufiger erfolgreich zu sein. 1,13 erwartete Tore pro Spiel schreibt die xGoals-Statistik dem Club zu - die viertwenigsten der Liga. Mit 38 erzielten Treffern übertrifft der FCN die erwartbaren 35 Tore nach Chancen sogar minimal.

Aber nicht nur die Qualität, auch die Quantität der Torchancen lässt zu wünschen übrig: Gerade einmal 380 Torschüsse hat der FCN in dieser Spielzeit bislang abgefeuert, auch in dieser Statistik waren nur vier Mannschaften ligaweit harmloser.

Zudem lässt die individuelle Performance der Nürnberger Offensivspieler zu wünschen übrig. Denn bis auf den 18-jährigen Can Uzun, der sich zur absoluten Lebensversicherung des FCN aufgeschwungen hat, kann kein Spieler im Kader eine zufriedenstellende Torausbeute vorweisen. Am überzeugendsten lieferten noch Lukas Schleimer (vier Saisontreffer) und Kanji Okunuki (drei Tore) ab - ansonsten gelangen keinem weiteren Spieler mehr als zwei Treffer.

Tordifferenz von -19: Schwere Hypothek im Abstiegskampf?

Eine löchrige Abwehr und ein harmloser Angriff ergeben - wenig überraschend - eine schlechte Tordifferenz, genauer gesagt einen Wert von minus 19. Davon abgesehen, dass überhaupt nur zwei Mannschaften in der 2. Liga eine noch schlechtere Differenz aus eigenen Toren und kassierten Treffern vorzuweisen haben, sollte dieser Wert alle, die es mit dem FCN halten, aus einem anderen Grund alarmieren.

Denn die Tordifferenz ist bei Punktgleichheit das erste ausschlaggebende Kriterium für die Platzierung in der Tabelle - und könnte somit gerade im engen Abstiegskampf eine entscheidende Rolle spielen. Besonders kritisch: Bis auf Hansa Rostock haben alle Mannschaften, die den Club in der Tabelle noch überholen können, eine teils deutlich bessere Tordifferenz als der FCN.

Platz 18 in der Fairplay-Tabelle - und zumindest eine Statistik, die Mut macht

Darüber hinaus gibt es weitere Statistiken, in denen der Club kein allzu gutes Bild abgibt, um es positiv zu formulieren: In der Fairplaytabelle rangiert der FCN mit 81 gelben Karten, 2 gelb-roten Karten und vier roten Karten abgeschlagen auf dem letzten Platz. Klar, mit Fairness allein schafft keine Mannschaft den Klassenerhalt. Dennoch sollte die Statistik den Verantwortlichen am Valznerweiher zu denken geben. Schließlich hatte sie ja im Laufe der Saison bereits schmerzliche Konsequenzen - allein Jens Castrop verpasste fünf Saisonspiele gesperrt.

Zumindest eine Statistik gibt es, die den Fans des 1. FC Nürnberg Mut machen dürfte: Der Club ging in dieser Saison 14 Mal in Führung - und verlor davon nur ein einziges Spiel. Überhaupt gelang es nur zwei Mannschaften in der bisherigen Spielzeit, nach Führung immer mindestens einen Punkt zu holen: Fortuna Düsseldorf und Eintracht Braunschweig. Die Niedersachsen gingen aber auch erst zehnmal in dieser Saison in Front.

Beim letzten Mal, als der Club in Führung ging, hieß es am Ende immerhin 3:3 - das wilde Spiel gegen Hertha BSC war gleichzeitig der letzte Punktgewinn für den FCN in der Liga. Gegen Düsseldorf könnte ein Remis reichen, um einen weiteren großen Schritt in Richtung Klassenerhalt zu machen. Dazu muss sich der 1. FC Nürnberg aber hinten stabiler und vorne gefährlicher präsentieren als zuletzt.

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