Lukas Schleimers wunderbare Geschichte

Vom Ausgemusterten zum umjubelten Zweitliga-Spieler

Wolfgang Laaß

NN-Sportredaktion

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23.2.2022, 14:04 Uhr
Augen zu und durch: Lukas Schleimer im Heimspiel gegen Regensburg.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Augen zu und durch: Lukas Schleimer im Heimspiel gegen Regensburg.

Man sah ihm seine Unzufriedenheit an. Lukas Schleimer rätselte, woran es gelegen haben könnte. Nur 2:2, nach 2:0-Führung, ärgerlich. Auch weil er, mit Gelb vorbelastet, den Schützen des späten Ausgleichs nicht mehr hatte entscheidend stören können. Schon wieder eine Enttäuschung, damals, Mitte Juli des vergangenen Jahres. Gegen den FC Pipinsried.

Eigentlich wollte Schleimer nach einer für beide Seiten unbefriedigenden Leihe zum 1. FC Saarbrücken endlich zeigen, warum er einen Profi-Vertrag unterzeichnen durfte beim Club. Jens Keller nahm ihn vor gut zwei Jahren sogar mit ins Winter-Trainingslager nach Marbella, allerdings trauten sie sich den jungen Mann, der einst beim TuS Mosella-Schweich das Toreschießen gelernt hatte, nur hinter vorgehaltener Hand zu loben.

Ein bisschen was schien ihm noch zu fehlen für die zweite Liga. „Der Lukas muss dritte Liga spielen, das ist für ihn die Liga, wo er sich jetzt durchbeißen muss“, sagte Robert Klauß exakt drei Tage vor dem 2:2 gegen Pipinsried in der vierten. Vor allem taktisch und körperlich müsse er besser werden, und zwar schleunigst. Schleimer ist ja schon 22, sein Vertrag läuft Ende Juni aus. Weshalb Klauß unmissverständlich forderte: „Jetzt muss was kommen.“

Nur neun Wochen

Und es kam was. Was genau, weiß Schleimer selbst nicht. Verändert an sich oder seinen Abläufen hat er wenig bis gar nichts. Zusätzliche Schichten etwa im Kraftraum schob er auch schon früher. Dennoch schien er binnen ganz kurzer Zeit nicht nur einen Entwicklungsschritt gemacht zu haben. Sonst hätte er am 17. September gegen Rostock und nur neun Wochen nach Pipinsried wahrscheinlich nicht sein Zweitliga-Debüt geben dürfen. Wenige Sekunden nach seiner Einwechslung bereitete er das einzige Tor des Freitagabends durch Shuranov vor.

Die Geschichte klingt einigermaßen unglaublich, zeigt aber auch, dass es, die richtige Einstellung vorausgesetzt, manchmal auch ganz schnell gehen kann, von der vierten in die zweite Liga. Obwohl es die dritte hätte werden sollen. Obwohl sie ihm den ganz großen Sprung im vergangenen Sommer eigentlich gar nicht zutrauten. Noch nicht.
Das verlorene Jahr in Saarbrücken habe ihn „nur noch stärker gemacht“, sagte Schleimer nach dem 2:2 gegen Pipinsried. Mehr als in der jeder Einheit positiv aufzufallen, erst noch in U21, später bei den Profis, konnte er freilich nicht.

Es lag letztlich nur an ihm. „Ich wusste, dass es für mich so etwas wie die letzte Chance sein würde“, sagte Schleimer am Dienstag vor dem Training über seine Situation im Sommer. Die er genutzt zu haben scheint. Am Samstag gegen Regensburg durfte er sich zusammen mit Taylan Duman und Mats Möller Daehli im vorderen Mittelfeld austoben, bei seiner Auswechslung in der 82. Minute gab’s viel Applaus.

Schlauer Vorbereiter

Die Leute mögen offenbar Schleimers mitunter noch etwas ungestüme, wilde Spielweise; dass er auch anders kann, zeigte er nicht nur bei seiner Vorbereitung des 2:0, als er von der Grundlinie klug in den Rücken der Abwehr passte. Drei eigene Abschlüsse, der gefährlichste bereits in der dritten Minute, zeugen von bemerkenswertem Selbstvertrauen. Von einem, den niemand mehr auf der Rechnung hatte.

„Ich will einfach nur kicken und Spaß haben“, sagt Schleimer, jetzt natürlich am liebsten in der zweiten Liga, notfalls aber eben auch in der vierten oder dritten. Der Fußball kann noch so richtig romantisch sein.

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