3:4-Irrsinn! Dezimierter FCN lässt Punkte in Aue liegen

18.10.2019, 21:16 Uhr
Vergab entscheidend kurz vor Schluss vom Punkt: Nürnbergs Michael Frey.

© Sportfoto Zink / WoZi Vergab entscheidend kurz vor Schluss vom Punkt: Nürnbergs Michael Frey.

Die Spieler des FC Erzgebirge liefen gerade ihre dritte oder vierte Ehrenrunde nach dem 4:3-Heimsieg gegen den 1. FC Nürnberg, als Johannes Geis in der einem Bergwerk nachempfundenen Mixed-Zone nach Erklärungen suchte. Obwohl es eigentlich keine Erklärungen gab. Jener Geis hatte in der zweiten Minute der Nachspielzeit einen Elfmeter zum 3:3 verwandelt und hätte eigentlich auch in der neunten Minute der Nachspielzeit antreten sollen, als sich die Gäste, wieder in Rückstand geraten (3:4, Krüger, 90.+3), noch ein Unentschieden sichern konnten. Wieder Elfmeter, diesmal aber trat Michael Frey an. Die Begründung erstaunte: "Es war ausgemacht", sagte Geis, "ich weiß, wie wichtig es für einen Stürmer ist, zu treffen."

Die eine Schlüsselszene

Weil Frey aber an Martin Männel scheiterte, stand der Club nach einer unglaublichen Schlussphase und insgesamt sechs Videobeweisen ohne Punkt da. Über 90 Minuten betrachtet hatten die Gäste mehr vom Spiel und vor allem bessere Möglichkeiten, die Begegnung beizeiten zu entscheiden. Frey erzielte in der 51. Minute das zu diesem Zeitpunkt hochverdiente 1:0, Nazarov glich elf Minuten später per Handelfmeter aus.

"Wahrscheinlich die Schlüsselszene", stöhnte Kapitän Hanno Behrens im Bergwerk, weil der Kollege Sörensen wegen eines Handspiels auf der Linie auch noch die Rote Karte sah. In Unterzahl kassierte der Club nach einer miserabel abgewehrten Flanke das 2:1 (Hochscheidt/75.), Geis antwortete mit einem noch abgefälschten Flachschuss, 2:2. Es ging hin und her, Mihojevic staubte auf der anderen Seite nach erneutem Durcheinander zum 3:2 ab, Nürnberg kam durch Geis sogar noch zum 3:3 (90.+2, Elfmeter), ließ sich das Remis abermals entreißen; Krüger köpfte in der Nachspielzeit zum 4:3 ein. "Ich bin jetzt 20 Jahre Fußball-Trainer, aber so ein Spiel habe ich noch nicht erlebt", meinte Nürnbergs Damir Canadi.

"Aue gegen Nürnberg, das klingt wie David gegen Goliath", fand der Stadionsprecher, "ist aber ein Punktspiel in der 2. Bundesliga", sogar um vordere Plätze. Zufällig anwesende Zuschauer wären zunächst aber vermutlich nicht auf die Idee gekommen, dass sich hier gerade der Vierte mit dem Sechsten misst. Beide Mannschaften verteidigten ausgesprochen kompakt, nach Ballgewinnen versuchte der Club, mit langen Diagonalpässen in den Rücken der Defensive vorzustoßen. Das klappte in der ersten Halbzeit ein paar Mal gar nicht und ein paar Mal recht ordentlich, in Strafraumnähe fehlte aber oft die letzte Präzision. Pech hatten die Nürnberger aber auch; Handwerkers Flanke touchierte noch den Querbalken (18.), Hacks abgefälschter Schuss klatschte ebenfalls an die Latte (43.).

Unmittelbar vor der Pause drängte der Favorit massiv auf die Führung, musste aber mit einem 0:0 in die Kabine, weil auch Jägers Kopfball knapp vorbeiflog (44.). Was sich liest wie ein Spiel auf ein Tor, war es eigentlich nicht, Aue hielt kräftig dagegen, trotzdem hatte Torwart Lukse vermutlich kalte Finger – die sechs Minuten nach Wiederbeginn aber richtig warm geworden sein dürften vom Beifall-Klatschen. Handwerker hatte einen Fehlpass erlaufen und in der Mitte Frey bedient, der Rest war Formsache für den Schweizer. Der Club legte kurz darauf durch Behrens sogar nach, musste sich aber dem Videobeweis beugen (Abseits) und nach einer Stunde Hochscheidt, der nach einem Fehlpass in der Vorwärtsbewegung gleich drei Nürnberger aussteigen ließ. Sein anschließender Schlenzer wäre drin gewesen, wenn Sörensen kurz vor der Linie nicht mit dem Arm geklärt hätte. Logische Konsequenz: Rot für den Dänen und Elfmeter, Nazarov ließ Lukse keine Chance (62.).

"Die Mannschaft lebt"

Danach: 2:1, 2:2, 3:2. Der Endstand? Noch lange nicht. Der Videobeweis bescherte den Gästen nach einem Foul an Frey einen Strafstoß, Geis bedankte sich mit dem 3:3 (90.), sein zweiter Treffer sollte aber ebenfalls nicht reichen, weil Krüger in der Nachspielzeit aus höchst abseitsverdächtiger Position zum 4:3 einköpfte. Nochmal Nürnberg, ein Foul an Lohkemper, noch ein Elfmeter nach Videobeweis: Frey scheiterte an Männel, der großzügige Geis machte ihm hinterher keinen Vorwurf und auch keinem anderen. "Die Mannschaft lebt", sagte Geis, "und ist voll da - aber im Moment sind wir natürlich sehr niedergeschlagen."

Erzgebirge Aue: Männel - Kalig, Gonther, Mihojevic, Rizzuto - Riese, Fandrich - Baumgart (81. Krüger), Nazarov, Hochscheidt (88. Zulechner) - Testroet (90. + 1)

1. FC Nürnberg: Lukse - Sorg, Margreitter, Sörensen, Handwerker - Jäger (77. Kerk) - Behrens, Geis - Hack (87. Lohkemper), Dovedan (64. Mühl) - Frey

Tore: 0:1 Frey (51.), 1:1 Nazarov (HE, 62.), 2:1 Hochscheidt (75.), 2:2 Geis (78.), 3:2 Mihojevic (86.), 3:3 Geis (FE, 90. + 2), 4:3 Krüger (90. + 4) | Gelbe Karten: Mihojevic, Männel, Sörensen | Rote Karte: Sörensen (61., absichtliches Handspiel) | Besondere Vorkommnisse: Männel hält Foulelfmeter von Frey (90. + 9.) | Schiedsrichter: Schlager (Hügelsheim) | Zuschauer: 15.000

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