90. +2! Misidjan belohnt den Club in Bremen spät

Hans Böller

Sportchef der Nürnberger Nachrichten

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16.9.2018, 17:22 Uhr
90. +2! Misidjan belohnt den Club in Bremen spät

© Sportfoto Zink / DaMa

Es reicht für die Bundesliga - beinahe, so sah es lange aus für den 1. FC Nürnberg, der auch bei Werder Bremen ein sehr respektabler Gegner war – aber eben auch ein tapferer Verlierer. Dachte man, bis der eingewechselte Neuzugang Virgil Misidjan für einen Knalleffekt sorgte.Georg Margreitters weiten Pass verlängerte Mikael Ishak per Kopf auf Hanno Behrens, der bediente Misidjan - und der Niederländer traf in der zweiten Minute der Nachspielzeit zum 1:1-Endstand. Maximilian Eggesteins Tor zum 1:0 reichte Werder am Ende nicht, weil der Club nie den Glauben daran verlor, noch belohnt zu werden für eine famose Moral. Es war ein wenig Glück dabei. Aber hart erarbeitetes Glück.

Die klar favorisierten Bremer, die es sich leisten konnten, ihren prominenten Neuzugang Nuri Sahin erst in der Schlussphase einzuwechseln, waren wie erwartet die reifere Mannschaft, Nürnberg wehrte sich wieder, wieder fehlte die letzte Entschlossenheit im Vorwärtsspiel, aber diesmal verzweifelten sie nicht daran. Man hatte wieder eine Einheit gesehen, die an ihrer Bundesliga-Reife arbeitet. Nürnbergs Trainer Michael Köllner hatte sich durchgerungen, Yuya Kubo doch wieder nach links zu versetzen, Neuzugang Matheus Pereira begann über die rechte Seite, während Millionen-Einkauf Virgil Misidjan vorerst auf der Bank blieb. Das ließ sich zwar ordentlich an, Pereira begann auffällig, Nürnberg versuchte mitzuspielen, zwingend geriet der Abschluss aber nicht - das bekannte Manko.

Eggestein erschüttert den FCN

Das hatte erneut Folgen. Werders Maximilian Eggestein, bedient vom umtriebigen niederländischen Nationalspieler Davy Klaassen, erfreute sich für einen kurzen Moment eines unverhofften Freiraums und traf aus 17 Metern entschlossen mit links in den Winkel - 1:0, für Keeper Fabian Bredlow war nichts zu machen, zu spät hatte die Defensive die Gefahr erkannt.

Es war keine ganz neue Erfahrung für Nürnberg. Schon in Berlin (0:1) und gegen Mainz (1:1) fiel das erste Gegentor zu etwa diesem Zeitpunkt, jedesmal eher unerwartet – und auch in Bremen hatte man nicht zwingend damit rechnen müssen. Lediglich Max Kruse war bis dahin ein Schreckschuss gelungen, gegen den Ex-Nationalspieler, der von halblinks zum Zuge kam, grätschte Georg Margreitter entschlossen und klärte zur Ecke (16.).

Die Führung der Bremer zur Pause war vor allem deshalb verdient, weil die Gäste zu wenig Druck auf Werder machten. Verblüffend: Der Club leistete sich in der ersten Halbzeit kein Foulspiel, was zwar auch eine geschickte Zweikampfführung belegt, aber – je nach Betrachtungsweise – auch einen Mangel an Aggressivität. Insgesamt sahen die ersten 45 Minuten erneut zu brav aus, Werders Torwart Jiri Pavlenka musste keine Talentprobe abliefern.

Hoch hinaus mit Pereira 

Vor 14 Tagen gegen Mainz änderte sich das nach Seitenwechsel schlagartig, diesmal, gegen das routinierte Team von Werder, würde sich das so nicht wiederholen lassen. Nürnberg musste versuchen, die Schlagzahl zu erhöhen, ohne Bremen Räume zu geben. Sie versuchten es, phasenweise sah man alle Nürnberger Feldspieler in der gegnerischen Hälfte. Nach Enrico Valentinis abgewehrtem Freistoß geriet Pereiras Nachschuss aber viel zu hoch (53.).

Die Präzision fehlte weiter, Bremen wirkte zielstrebiger, Eggestein verfehlte das Tor (55.). Als der (vermeintliche) Ausgleich doch gefallen schien, galt der Treffer nicht: Ondrej Petrak hatte die Kugel ins Tor gestochert, aber Vorbereiter Mikael Ishak im Abseits gestanden – der Videoassistent hatte eingegriffen (59.), es war eine strittige Entscheidung, mindestens ein Bremer war vor Petrak noch am Ball. Ansichtssache, wie so oft beim sogenannten Videobeweis.

Köllner stellte um und brachte Misidjan für Perreira, Eduard Löwen löste Alexander Fuchs ab und übernahm die linke Seite, Kubo durfte wie gegen Mainz weiter nach innen rücken. Der Club erarbeitete sich mit zunehmender deutlich mehr Spielanteile, für Torchancen reichte es nicht. Ishak sah sich im letzten Moment abgeblockt (67.), Lukas Mühl misslang der Abschluss (70.), Ishak rutschte der Ball über den Spann (74.). Löwen fehlten bei seinem Rechtsschuss von halblinks nur etwa eineinhalb Meter (79.). Gegenüber sah Bremen bei wenigen Halb-Chancen nicht besser aus, in der Summe des Bemühens wäre ein Ausgleich da schon längst nicht unverdient gewesen – die Qualität sprach doch noch für Bremen. Köllner brachte noch Törles Knöll für Petrak (82.), das Signal zur Schlussoffensive, die allerdings mit einer starken Parade von Bredlow gegen den starken Eggestein begann.

Einmal drin - und fast noch einmal 

Dann traf Misidjan doch, und es wäre sogar noch mehr möglich gewesen: Eine Minute später schickte Ishak nämlich Yuya Kubo, aber Pavlenka parierte. Tatsächlich: Auch im dritten Spiel wäre sogar mehr möglich gewesen. 

SV Werder Bremen: Pavlenka - Gebre Selassie, Veljkovic, Moisander, Augustinsson - Bargfrede (71. Sahin) - Eggestein, Klaassen - Harnik (61. Rashica), Osako - Kruse 

1. FC Nürnberg: Bredlow - Valentini, Margreitter, Mühl, Leibold - Petrak - Fuchs (61. Löwen), Behrens - Matheus Pereira (61. Misidjan), Kubo - Ishak

Tore: 1:0 Eggestein (26.), 1:1 Misidjan (90. +2) | Gelbe Karten: Klaasen, Bargfrede - / | Schiedsrichter: Daniel Schlager (Hügelsheim) | Zuschauer: 40.700.

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