Fußball-EM
Abergläubische und Unzufriedene: Die Nationalmannschaft im Porträt
26 Bilder 14.6.2021, 06:00 UhrManuel Neuer
Auch schon wieder 15 Jahre her, dass Deutschland zuletzt mit Hingabe eine Torwartdiskussion führen durfte. Kahn oder Lehmann – das war vor der WM 2006 das große Thema. Es wurde: Lehmann, der dann auch noch die Europameisterschaft 2008 spielen durfte. Danach freute sich Deutschland, das Land der Torhüter, über die Nachfolgediskussion. Es bekam aber: Manuel Neuer. Der ist inzwischen zwar schon 35 Jahre alt, aber hat dank seines Ausnahmetalents schon dermaßen viele Herausforderer an sich zerschellen lassen, dass man mit der nächsten Torwartdiskussion erst für die WM 2030 planen sollte – im Land des Torhüters.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Bernd Leno
Das weiß natürlich auch Bernd Leno. Der galt einst als großes Talent und ist jetzt ein sehr solider Torwart. In der Premier League zum Beispiel dem Arsenal FC. In der Nationalmannschaft sieht der 29-jährige Leno keinen besseren Torwart als Neuer – und hofft, dass der Bundestorwarttrainer Andreas Köpke in ihm den zweitbesten erkennt. Immerhin: eine Mini-Torwartdiskussion um die Rolle als Nummer zwei.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Kevin Trapp
Sonderlich großes Skandalpotenzial dürfte diese Diskussion zum Leidwesen der Traditionalisten nicht haben. Leno streitet sich nämlich mit Kevin Trapp um einen Platz auf der Bank. Der ist einst bei Eintracht Frankfurt berühmt und bei Paris Saint-Germain dann reich geworden. Nach seiner Rückkehr nach Frankfurt war er wieder der sehr gute Bundesliga-Torwart, als der er Deutschland verlassen hatte. Jetzt lobt der 30-Jährige den Teamgeist in der Nationalmannschaft – und würde den wohl nicht gefährden, um hinter Neuer einen Platz wettzumachen.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Mats Hummels
Den Weg sollte Mats Hummels frei machen. Nach der gar nicht so überzeugenden Weltmeisterschaft 2018 (die Hummels übrigens bei seiner großartigen Kopfball-Gelegenheit in der 87. Minute des letzten Gruppenspiels gegen Südkorea noch einigermaßen hätte retten können) entschied sich Joachim Löw für den Neuaufbau der Nationalmannschaft. Nicht mehr mitgestalten sollte den der damals 29-jährige Innenverteidiger Hummels, weil er als zu alt galt, um irgendeine Perspektive bieten zu können. Es wurde diese Maßnahme sehr hitzig diskutiert, und der Innenverteidiger Hummels nahm sie zum Anlass, um noch ein Jahr dem FC Bayern München und danach Borussia Dortmund ein sehr überdurchschnittlicher Verteidiger zu sein. Weil gleichzeitig die von Löw neu formierte Defensive den Gegnern etwas zu oft den Weg frei machte, ist der inzwischen 32-jährige Hummels doch wieder Bestandteil der EM-Reisegruppe. Nach dem Turnier dürfte es dann einen Neuaufbau geben, zumindest auf der Position des diesmal gesetzten Hummels.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Matthias Ginter
Joachim Löw ist während dieser Europameisterschaft der Auslauf-Bundestrainer. Nach dem Turnier ist Schluss für den Schwarzwälder. Dass es ein grandioser Abschluss wird, dafür soll unter anderem der Schatten-Bundestrainer sorgen. Christian Streich ist Trainer im Schwarzwald beim SC Freiburg und steht für die Lust am schönen Spiel. So haben es gleich drei seiner (ehemaligen) Spieler in die Mannschaft geschafft, die Löw einen schönen Abschied bescheren soll – es sind allesamt Abwehrspieler. Einer davon ist wohl gesetzt. Der 27-jährige Matthias Ginter gibt den rechten Part der vorab favorisierten Dreierreihe in der Defensive
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Niklas Süle
Es ist noch nicht allzu lange her, da galt der Innenverteidiger Niklas Süle als die Zukunft – beim FC Bayern genauso wie in der Nationalmannschaft. Dann haben sie in dieser Saison zuerst beim FC Bayern München erkannt, dass sich die Gegenwart in der Innenverteidigung ganz gut ohne Süle, dafür aber mit dem fast schon ausgemusterten Jerome Boateng und dem Eigentlich-Linksverteidiger David Alaba bestreiten lässt. Zu allem Überfluss hat jetzt auch noch Joachim Löw beschlossen, dass er am Ende seiner Amtszeit die Innenverteidiger-Zukunft lieber noch ein wenig warten lässt. Löw berief den Innenverteidiger Mats Hummels – und so schaut der 25-jährige Süle jetzt ein bisschen alt aus, weil seine nähere Zukunft wohl auf der Ersatzbank liegt.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Antonio Rüdiger
Dass er ein ganz außergewöhnlicher Fußballspieler ist, hat Antonio Rüdiger gerade erst wieder bewiesen. Auch dank der Klasse des deutschen Innenverteidigers gewann der Chelsea FC das Endspiel der Champions League mit erstaunlicher Leichtigkeit gegen das sonst offensiv so schwebende Manchester City. Auch wegen dieser Leistung ist der 28-Jährige in der Defensive von Joachim Löw gesetzt, egal ob der Bundestrainer seine Abwehr in einer Dreier- oder einer Viererkette formiert. Dass er sich nicht auf den Fußball reduzieren lässt, hat Rüdiger schon vor dem Champions-League-Finale bewiesen. Da schrieb er in einem Beitrag für die Players’ Tribune vom Rassismus, der ihn, den gebürtigen Berliner, in Deutschland von der Kindheit an begleitet. „Für einige Deutsche werde ich nie ein Deutscher sein“, schrieb Rüdiger unter anderem. Das ist sehr traurig und leider sehr gewöhnlich.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Marcel Halstenberg
Weil Marcel Halstenberg abergläubisch ist, spielt er jetzt für hoffentlich die nächsten vier Wochen nicht mehr Backgammon. Dann wäre Halstenberg zwar sehr lange auf Distanz zu einer seiner liebsten Freizeitgestaltungen gegangen, Deutschland aber hätte immerhin mindestens das Endspiel erreicht. Es wäre zwar unwahrscheinlich, dass der 29-jährige Linksverteidiger von Red Bull mitspielen dürfte in so einem Endspiel, aber immerhin die theoretische Möglichkeit würde bestehen. Das wäre anders als im März, als er bei einem DFB-Lehrgang eine Partie Backgammon mit Jonas Hofmann wagte. Hofmann wurde danach positiv auf das Coronavirus getestet, Halstenberg musste als Kontaktperson ersten Grades für 14 Tage in Quarantäne und verpasste so drei Länderspiele.
© Revierfoto via www.imago-images.de
Lukas Klostermann
Natürlich hätte sich Lukas Klostermann gewünscht, dass er im vorletzten Testspiel vor der Europameisterschaft alle begeistert hätte. Er tat es aber nicht, der 29-jährige Klostermann spielte gegen Dänemark auf der rechten Mittelfeldseite so, wie man das von seinen Auftritten bei Red Bull in Leipzig kennt: sehr solide. Für eine Europameisterschaft auf der rechten Mittelfeldseite der deutschen Nationalmannschaft reicht es aber nicht, sehr solide daherzukommen – fand mindestens Joachim Löw. Der Bundestrainer setzt deshalb auf Joshua Kimmich auf der rechten Seite, was den nur so halb begeistert.
© Revierfoto via www.imago-images.de
Robin Koch
Mit lustigen Trainern kennt man sich aus in der Familie Koch. Harry, geboren 1969 in Bamberg, wurde zum Beispiel mit Otto Rehhagel zu einer Legende des 1. FC Kaiserslautern. Sein Sohn Robin, geboren 1996 in Kaiserslautern, steigerte die Angelegenheit noch ein wenig. Beim SC Freiburg machte ihn Christian Streich zu einem der besten Innenverteidigern der Bundesliga, und so darf er seit dem letzten Sommer einen sogenannten Kauz näher kennenlernen. Marcelo Bielsa wird von vielen Menschen auf dieser Welt verehrt als einer der größten Trainer des Planeten. Weil er aber eben auch ein wenig eigen ist, langte es vor ein paar Jahren nur zu einem Job bei Leeds United, damals ein englischer Zweitligist. Unter Bielsa wurde Leeds vor einem Jahr wieder zu einem Erstligisten und mit dem frisch verpflichteten Koch in der Innenverteidigung zu einem sehr erstaunlichen Aufsteiger. Koch spielte zumeist in der Innenverteidigung, kann aber auch im defensiven Mittelfeld agieren. Bei Joachim Löw wird er während des Turniers beides eher nicht tun.
© Revierfoto via www.imago-images.de
Christian Günter
Noch einmal Christian Streich. Der ist ja nicht nur lustig, sondern auch ein großartiger Trainer. Weshalb es auch ein anderer, den er neben Koch gut kennt, zur Europameisterschaft geschafft hat. Christian Günter kennt er sogar noch länger als Koch. Der 28-Jährige spielt seit 2006 für den Sportclub Freiburg. Er hat das in der abgelaufenen Saison als Linksverteidiger so gut gemacht, dass er sogar dem Bundestrainer aufgefallen ist. Wobei es einige gibt, die sagen, dass man sich schon sehr anstrengen muss, um dem Bundestrainer als Spieler des SC Freiburg nicht aufzufallen, weil der Schwarzwälder Löw ständig mal auf der Tribüne an der Dreisam sitzt. Trotzdem hat sich Günther seinen Platz verdient, auch wenn man ihn selten auf dem Platz sehen wird. Das ahnen sie auch in Freiburg und freuen sich trotzdem sehr. Es gibt dazu sogar ein Video im Internet, in dem Streich verbal mehrmals seine Freude ausdrückt und dabei sehr streichmäßig so schaut, als hätte gerade jemand das Dialektsprechen verboten.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Joshua Kimmich
Zum Abschied vom FC Bayern München hat Javi Martinez jetzt noch einmal geschwärmt. Martinez kam einst für erstaunliche 40 Millionen Euro zum FC Bayern und war den Münchnern in der Folge ein sehr überdurchschnittlicher defensiver Mittelfeldspieler. Das also, was man gemeinhin einen Sechser nennt. Jetzt geht Martinez weg aus München und verlässt damit auch einen, den er den derzeit "besten Sechser der Welt" nennt. Er meint Joshua Kimmich – und wenn man sich so umschaut in der Welt der Sechser, ist das ein großes Kompliment. Der Wahrheit kommt es außerdem sehr nahe, nur bringt es Kimmich bei dieser Europameisterschaft wohl wenig. Weil Joachim Löw jemanden braucht, der auf der rechten Mittelfeldseite zumindest nicht so aussieht wie der schlechteste rechte Mittelfeldspieler der Welt, plant er den 26-jährigen Kimmich für diese Position ein. Ein besserer Kandidat ließ sich zumindest in Deutschland nicht finden. © Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Emre Can
Ein EM-Tourist will Emre Can auf keinen Fall sein, hat er jetzt gerade gesagt. Die Liste der deutschen EM- oder WM-Touristen ist relativ lang. Gemeint sind die Spieler, die es zwar in ein Turnier-Aufgebot schaffen, die der Bundestrainer aber offenbar nur mitgenommen hat, falls mal einer ausfällt, der richtig gut kicken kann. Das klingt sehr despektierlich und ist dem 27-jährigen Can nicht angemessen. Der hat schon für Liverpool gespielt, den FC Bayern, Juventus und macht das jetzt gerade für Borussia Dortmund. Auch Can ist grundsätzlich ein defensiver Mittelfeldspieler, kann aber eigentlich überall auf dem Platz aushelfen. Gute Voraussetzungen, um nicht zu einem EM-Touristen zu werden, auch wenn der Bundestrainer zu Beginn wohl auf die setzt, die besser kicken können. © Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Robin Gosens
Atalanta Bergamo ist die Mannschaft, auf die sich in Europa gerade so ungefähr alle einigen können, die sich für Fußball interessieren. Ein netter Verein mit einer aufregenden Mannschaft, zusammengesetzt aus Spielern, die man nicht unbedingt hatte kennen müssen, ehe sie in der Champions League angekommen waren. Einer dieser Spieler: Robin Everardus Gosens, Sohn eines Niederländers und einer Deutschen. Inzwischen kennt fast jeder Gosens, der sogar ein Buch hat schreiben dürfen: "Träumen lohnt sich: Mein etwas anderer Weg zum Fußballprofi." Der 26-Jährige war nie in einem Nachwuchsleistungszentrum und startete seine Karriere in der zweiten Liga der Niederlande. Inzwischen ist er Stammspieler bei Joachim Löw und auf der linken Außenbahn der Nationalmannschaft. Als bester Spieler der Welt auf dieser Position gilt er noch nicht, aber Gosens möchte die EM nutzen, um sich in dieser Rangliste zumindest um ein paar Plätze zu verbessern. Träumen lohnt sich. © Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Leon Goretzka
Noch so eine Liste. Diesmal die der Spieler, die als aufregende Option für die Zukunft galten, dann aber zum FC Bayern München wechselten. Eine Liste, die viel länger ist als die der EM-Touristen. Große Talente hat man schon zugrunde gehen sehen am FC Bayern. Einer, dem das auch hätte passieren können, ist Leon Goretzka. Zumindest durfte man diese Sorge haben, als der Bochumer Goretzka 2018 vom FC Schalke kommend zum FC Bayern ging. Es passierte aber nicht, stattdessen durchlief Goretzka eine erstaunliche Wandlung hin zum muskelbepackten Kreativen, für den sich in München fast immer ein Platz in der Startelf findet. Bei der Nationalmannschaft verhält sich das ähnlich. Spielen wird der 26-jährige Goretzka im Auftaktspiel gegen Frankreich trotzdem nicht. Ein gerade erst verheilter Muskelfaserriss lässt das nicht zu. Dass er trotzdem mit zum Turnier darf, verrät alles über seinen Wert für die Mannschaft. Joachim Löw ist bereit, auf sein Sorgenkind zu warten. © Revierfoto via www.imago-images.de
Jamal Musiala
Über Brian Clough heißt es, dass er der beste Trainer war, den England nie hatte. Vielleicht sagt man das irgendwann in leichter Abwandlung auch über den Mittelfeldspieler Jamal Musiala. Wobei, erste Einschränkung vielleicht jetzt schon: Den Mittelfeldspieler Jamal Musiala hatte England ja schon. Musiala, in Stuttgart als Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers geboren, war sieben Jahre jung, als seine Familie nach Southampton zog. Musiala wurde vom FC Chelsea entdeckt und dort zu einem Spieler, der für fast alle Nachwuchs-Nationalmannschaften Englands aufgelaufen ist. Nach seinem Wechsel zum FC Bayern München wurde der 18-Jährige auch in Deutschland berühmt – und von Joachim Löw erfolgreich dazu überredet, als Erwachsener doch bitte ein deutscher Nationalspieler zu werden. Jetzt ist Musiala der jüngste Teilnehmer der deutschen Reisegruppe – und tritt irgendwann während des Turniers sehr wahrscheinlich den entscheidenden Strafstoß in einem Elfmeterschießen gegen England. © Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Ilkay Gündogan
Man kann Ilkay Gündogan nur sehr schwer nicht sehr gerne haben. Trotzdem haben sie Gündogan bei Länderspielen von der Tribüne herab ausgepfiffen. Gündogan war Teil des berühmt gewordenen Fotos mit Recep Tayyip Erdogan, das unter anderem das Nationalelf-Aus des großartigen Mesut Özil beschleunigt hat. Gündogan hat sich damals entschuldigt für das Bild und wird auch längst nicht mehr ausgepfiffen (was nicht daran liegt, dass zuletzt eh kein Mensch mehr zusehen konnte beim Fußball). Gündogan will dieses Turnier nutzen, um der Welt mit seinen jetzt schon 30 Jahren endlich einmal zu zeigen, dass er auch diese Nationalmannschaft tragen kann. So wie ihm das bislang bei all seinen Vereinen gelungen ist. Ja, natürlich auch beim 1. FC Nürnberg, der Gündogans Sprungbrett in die Weltspitze war. © Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Toni Kroos
An Gündogans Seite könnte im defensiven Mittelfeld Toni Kroos auftauchen. Kroos hat anders als Gündogan schon bewiesen, dass er diese Mannschaft durch ein Turnier tragen kann. Er hat das sogar schon mehrmals getan und ist zudem für Real Madrid ein nicht ganz unwichtiger Spieler. So wie er das zuvor schon dem FC Bayern gewesen war. Trotzdem gab und gibt es viele Menschen, die bezweifeln, ob dieser Kroos die wichtige Rolle verdient hat, die ihm Joachim Löw und alle seine Vereinstrainer ständig einräumen. Kroos nimmt die Kritik meist mit einem Schulterzucken, manchmal mit einem Lächeln – und dann passt der 31-Jährige im nächsten Spiel wieder sehr gelassen den Ball ins Tor. © via www.imago-images.de
Kai Havertz
Kai Havertz war der jüngste Spieler aller Zeiten, der 50 Bundesligaspiele absolviert hatte (mit 18 Jahren und 307 Tagen). Kai Havertz war danach der jüngste Spieler aller Zeiten, der 100 Bundesligaspiele absolviert hatte (mit 20 Jahren und 186 Tagen). Danach spielte der 22-Jährige nicht mehr lange in der Bundesliga. Im vergangenen Sommer, als man sich schon zuraunte, dass die Pandemie die Gelder im Fußball und auf dem Transfermarkt wohl nicht mehr so üppig wie zuvor würde fließen lassen, gab der Chelsea FC knapp 100 Millionen Euro für Havertz aus. Um etwas zurückzuzahlen, hat Havertz gerade das Champions-League-Finale für Chelsea entschieden. Es war sein erster Treffer in diesem Wettbewerb. Bei einer EM hat Havertz übrigens auch noch nicht getroffen. © Uwe Kraft via www.imago-images.de
Jonas Hofmann
Nochmal Geld: 40 Millionen Euro, so hat das gerade Max Eberl gesagt, wären eine Summe, die ihn dazu bringen könnte, über einen Verkauf von Jonas Hofmann nachzudenken. Das ist eine nicht bescheidene Summe für einen 28-Jährigen, der bei diesem Turnier wohl nur zum Einsatz kommt, wenn Joshua Kimmich offen gegen seine Rolle auf der rechten Außenbahn revoltiert. © Gladys Chai von der Laage via www.imago-images.de
Florian Neuhaus
Es war ein Vergnügen, Florian Neuhaus zuzusehen. Der 24-Jährige von Borussia Mönchengladbach machte das vorletzte Testspiel vor der EM gegen Dänemark zu seinem. Kluge Pässe, kluge Bewegungen – es war ein Jammer, Florian Neuhaus zuzusehen. Neuhaus hat nämlich das Pech, in einen DFB-Jahrgang hineingeraten zu sein, in dem es nicht sonderlich selten ist, dass da ein Mittelfeldspieler zu klugen Pässen und klugen Bewegungen neigt. Also wird man Neuhaus mit großer Wahrscheinlichkeit bei dieser EM nicht zusehen können – und muss sich damit trösten, dass da noch andere Turniere folgen. © Marc Schueler via www.imago-images.de
Thomas Müller
Ginge es nach dem Joachim Löw aus dem Sommer 2018, Thomas Müller würde an dieser Stelle nicht auftauchen. Aber so ist das eben mit Müller, er taucht ständig irgendwo auf, wo man nicht unbedingt mit ihm rechnet. Weil er das auch in den letzten zwei Jahren für den FC Bayern München in erstaunlicher Regelmäßigkeit gemacht hatte, musste der Joachim Löw des Sommers 2021 abrücken von seinem Plan, die Nationalmannschaft ohne Müller-Spielt-Immer neu auszurichten. Jetzt spielt der 31-jährige Müller wieder immer, schießt Traumtore und solche, für die sich Verteidiger schämen würden. Er verteidigt, stürmt und ordnet das Mittelfeld. Und er macht sehr schlechte Witze („Lewangolski“), aber das ist vielleicht egal. Das Turnier dauert ja nur vier Wochen.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Leroy Sane
"Matthäus nimmt sich Sané vor." "Trainingsrangelei mit Gündogan – neuer Wirbel um DFB-Star Sané." "EM 2021 – Die Startelf der t-online-User: Comeback-Duo dabei, Sané chancenlos." Wer wissen will, wer die Nachfolge von Mesut Özil als Sündenbock in der Nationalmannschaft angetreten hat, muss nur die Überschriften lesen, die in den vergangenen Tagen über Leroy Sané verfasst wurden. Keine guten Überschriften, einmal der Versuch, Clicks abzugreifen (weil es keine Trainingsrangelei gab), und alles in allem sehr niederträchtig. Wie bei Özil wird bei Sané ständig über Körpersprache gesprochen, meist kommt sie nicht gut weg, die Körpersprache. Deshalb: Leroy Sané, geboren vor 25 Jahren in Essen, ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Offensive. Er macht hoffentlich dieses Turnier zu seinem, wie das seinen Fähigkeiten entsprechen würde. Danach können alle sehr großzügig ignorieren, was Matthäus oder die t-online-User dazu sagen. © Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Serge Gnabry
Serge Gnabry ist unzufrieden mit Serge Gnabry. Hat Serge Gnabry gerade erzählt. Der Grund: Der 25-Jährige war in der abgelaufenen Saison beim FC Bayern München nur in fast jedem zweiten Spiel, in dem er eingesetzt wurde, an einem Tor beteiligt. Zehn Tore und sechs Torvorlagen in 37 Spielen, Gnabry ist das nicht genug. Andere jammern da auf sehr viel niedrigerem Niveau. Aber Gnabry will auch nicht einfach irgendein Spieler sein, er will es dominieren. Gelungen ist ihm das schon in der Vergangenheit, zum Beispiel hat er den FC Bayern München mit seinem Halbfinal-Auftritt gegen Lyon in der vergangenen Saison sehr eindrücklich in Richtung Champions-League-Erfolg geschubst. Seine Nationalmannschaftskarriere startete der 25-Jährige mit einem Hattrick (gegen San Marino, deshalb dürfte Gnabry damals nicht ganz zufrieden gewesen sein). In 21 Länderspielen seither sind noch 13 Tore hinzugekommen. Eine gute Quote, aber vielleicht fragt man Gnabry da besser nicht selbst.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Timo Werner
Timo Werner wird während der deutschen Spiele bei der Europameisterschaft nicht auf der Tribüne sitzen und schmollen. Zu dieser Klarstellung sah sich Werner jetzt gerade gezwungen, weil vor Turnierbeginn immer deutlicher wird, dass er während der deutschen Spiele auf der Tribüne sitzen wird. Zunächst einmal zumindest, andere Offensivkräfte sind bei Bundestrainer Joachim Löw derzeit noch beliebter als der Stürmer vom Chelsea FC. Durchgehend wird er nicht auf der Tribüne sitzen, manchmal wird ihn Löw schon auch einwechseln. Man wird dann einen Stürmer sehen, der mit Chelsea in seinem Premierenjahr die Champions League gewonnen hat, die Zeit in England aber auch dazu genutzt hat, sich einen Ruf als Chancentod aufzubauen. Dumm nur: Als Einwechselspieler trifft der 25-Jährige selten. „Das ist ein Punkt, in dem ich mich als Stürmer weiterentwickeln kann und sollte“, sagt Werner dazu. Eine EM scheint da eine gute Möglichkeit.
© Maik Hölter/TEAM2sportphoto via www.imago-images.de
Kevin Volland
Ungeschriebenes Gesetz, an das sich auch Joachim Löw hält: Jedes Turnieraufgebot braucht einen Überraschungsgast. Diesmal in dieser Rolle der 28-jährige Kevin Volland, der sein letztes Länderspiel vor vier Jahren absolviert hat und im Vorjahr von Leverkusen nach Monaco und damit aus dem Blickfeld des Bundestrainers gewechselt war. Dachten alle, dachte auch Volland. Dann nominierte ihn Löw für die EM. "Natürlich war die Überraschung groß", sagte dazu Kevin Volland.
© Gladys Chai von der Laage via www.imago-images.de