Brutaler Angriff schockt alle Fußballfans
08.05.2007, 00:00 Uhr Der FC Bayern hat auf die traurigen Ereignisse an einer Autobahnraststätte bei Würzburg umgehend reagiert. In einer Presseerklärung zeigte sich der Vorstand des deutschen Rekordmeisters bestürzt und verurteilte den «schändlichen Vorfall». Der schwerverletzten Ehefrau des Busfahrers wurde «jegliche Hilfe im medizinischen Bereich» zugesagt. Wie die Staatsanwaltschaft Würzburg mitteilte, wird die 45-Jährige aus Weißenburg wohl auf einem Auge erblinden.
Wie die Bayern betonten, handelt es sich bei der Ultra-Gruppierung «Schickeria München», der die Gewalttäter angehören, um keinen offiziellen Fanklub des Vereins. «Der FC Bayern und seine Fans distanzieren sich aufs Schärfste von dieser Gruppierung und den Vorfällen vom vergangenen Samstag», heißt es weiter. Gegen alle 73 Insassen der beiden Busse hat der Verein mit sofortiger Wirkung ein bundesweit gültiges Stadionverbot über die längstmögliche Dauer verhängt. Zudem erhielten sie Hausverbot auf dem Gelände des FC Bayern sowie der Allianz Arena.
Bader begrüßt den Bannstrahl der Bayern
Club-Manager Martin Bader begrüßte das rigorose Durchgreifen und den kollektiven Bannstrahl der Münchner: «Ich finde es gut, dass der FC Bayern hier so gnadenlos vorgeht, selbst wenn man damit eventuell auch ein paar Unbeteiligte bestraft.» Der Sportdirektor sieht in der jüngsten Eskalation der Gewalt eher ein gesellschaftliches Problem: «Als Verein ist man da leider oft machtlos.» Mit Nachdruck appellierte Bader an die eigene Gefolgschaft, auf sinnlose Vergeltungsaktionen zu verzichten. «Das ist eine ganz knifflige Geschichte, so was kann sich schnell hochschaukeln», fürchtet Bader den «bescheuerten Ehrenkodex» in der Szene. Auch auf seiner Homepage fordert der Club dazu auf, bei aller sportlichen Rivalität «jeder Form von Gewalt die Rote Karte zu zeigen». Die Attacken seien «eindeutig von Gewalttätern ausgegangen, nicht von Fußballfans».
Bei einer Pressekonferenz informierte der leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Würzburg, Clemens Lückemann, gestern über den Stand der Ermittlungen. Der mutmaßliche Haupttäter, ein 20-Jähriger aus dem Allgäu, wurde am Sonntag in seinem Wohnort festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Zehn Randalierer im Alter zwischen 19 und 25 Jahren wurden den Ermittlungsrichtern in Würzburg vorgeführt. Gegen sechs erging Haftbefehl, unter anderem wegen Verdunklungsgefahr. Die anderen vier seien wieder frei gekommen, weil sie entweder voll gestanden hätten oder kein Haftgrund vorgelegen habe, sagte Lückemann. Sechs der sieben Inhaftierten bestreiten eine Beteiligung, einer habe ein Teilgeständnis ablegt. Den Beschuldigten drohen Verfahren wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch, Raub und Sachbeschädigung.
Nach bisherigen Erkenntnissen hatten zwei Busse mit 73 Bayern-Anhängern am Samstagmorgen auf dem Rastplatz gehalten. Rund 20 Personen sollen dann «blitzartig und ohne Vorwarnung» zum vor allem auch mit Frauen und Kindern besetzten Nürnberger Bus gestürmt sein und randaliert haben. Die emotionalen Schilderungen eines Augenzeugen im Forum auf der Club-Homepage lassen die Dramatik der Geschehnisse erahnen: «Was heute passiert ist, was wir heute gesehen haben, ist an Grausamkeit und Unmenschlichkeit nicht mehr zu überbieten. . . . Ich wünsche niemanden solche Erlebnisse. Das hatte mit Fußball nichts zu tun. Das war versuchter Totschlag.»
Der mutmaßliche Haupttäter soll eine gefüllte Plastikflasche durch die offene Bustür direkt an den Kopf der Frau des Fahrers geworfen haben. Die 45-Jährige musste mit dem Helikopter in die Klink gebracht werden. Drei weitere Menschen im Alter von 22, 39 und 48 Jahren erlitten Prellungen und Schürfwunden. Hinweise, die fränkischen Fans hätten die Bayern-Anhänger provoziert, bestätigten sich nicht.
Nach der Attacke flüchteten die Busse, die auf dem Weg zum Bundesliga-Spiel nach Mönchengladbach waren, über die Bundesstraße 8. Die Polizei konnte sie aber stoppen und alle Insassen vorläufig festnehmen. Ob die Busfahrer wegen versuchter Strafvereitelung zu belangen sind, sei noch unklar. Die «Schickeria»-Mitglieder wollten offenbar gezielt Straftaten begehen, sagte ein Polizeisprecher. 15 der 73 Reiseteilnehmer dürfen bundesweit kein Fußballstadion betreten. Nur 28 hatten eine Eintrittskarte für das Spiel. U. D./dpa
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