Mutiger Lauf in Tokio
Creve Machava wächst trotz Olympia-Aus über sich hinaus
30.7.2021, 15:33 UhrAuf eine gewisse Weise ist auch Creve Machava ein Corona-Opfer. Denn der 25-Jährige hat im Sommer 2020, in dem eigentlich die Olympischen Spiele von Tokio stattfinden sollten, irgendwie die Motivation verloren. Nicht ganz verwunderlich für einen jungen Mann, der fern der Heimat alles in dieses Ziel investiert hatte. Professionell war das trotzdem nicht. Dies fand auch Peter Müller, seit gut einer Woche in Personalunion Machavas Vereinstrainer bei der Turnerschaft Herzogenaurach und Nationaltrainer von Mosambik. „Wir haben dann beschlossen, ihn im Herbst 2020 in den Heimaturlaub zu schicken“, sagt Müller. Das war die richtige Entscheidung, denn dort merkte der Hürdenläufer, dass er wohl doch gerne weiter in Deutschland leben möchte. Und war dann offen für die „Kopfwäsche“ durch seinen Trainer, der Creve klar machte, dass es um dessen Existenz gehe: Stipendium und Sponsorengelder von Adidas stünden auf dem Spiel.
„Von da an hat er wieder Gas gegeben“, berichtet Peter Müller. Im Winter lief die Vorbereitung wunschgemäß, doch dann ging es aus der Halle ins Freie. Da war es möglicherweise noch ein bisschen zu kalt, prompt zog sich Creve Machava eine Oberschenkelzerrung zu, die sich als ziemlich hartnäckig entpuppte. Hätte er sich heuer für Tokio qualifizieren müssen, wäre er mit seiner SaisonBestleistung von 52,19 Sekunden krachend gescheitert. Aber erstens hatte er glänzende Vorleistungen aus den Vorjahren (Bestzeit 49,54) vorzuweisen, zweitens zählt Mosambik zu den leichtathletischen „Entwicklungsländern“, für die ein gewisses Kontingent von Startern bei Großveranstaltungen reserviert wird. Und so war er trotzdem in Tokio am Start, obwohl selbst Müller befürchtete, dass er dort weit hinterherlaufen würde.
Aber in seinem Vorlauf erwachte das alte Kämpferherz. Er lief mit am schnellsten an, hängte sich so lange wie möglich an die Spitzengruppe und verpasste als Fünfter in 50,37 Sekunden nur um einen Platz den Einzug ins Halbfinale. Vor ihm lag ausgerechnet einer, den er inzwischen schon kennt: der Deutsche Constantin Preis.
Dennoch war dieser Auftritt weit besser als das, was Peter Müller erhofft hatte. Und eine besondere Freude für ihn war die Aussage seines Schützlings, dass er zwar ganz zufrieden sei, „aber ich werde in Zukunft noch mehr und härter trainieren“.
„Treffen“ mit Djokovic
Die Atmosphäre in Tokio und speziell fanden die beiden Herzogenauracher fantastisch. Man habe so viel ausgiebige intensive Kontakte mit Sportlern aus aller Welt gehabt. „So hatte ich mir das gewünscht“, berichtet Müller. Nur ein „Kontakt“ wäre beinahe zu heftig ausgefallen: Beim Besuch im Tennisstadion hätte er beim Wechsel von einem Court zum anderen beinahe den Weltranglistenersten Novak Djokovic über den Haufen gerannt. „Ich habe mich entschuldigt und er hat ganz freundlich reagiert. Nur ein gemeinsames Erinnerungsfoto hat sein Bodyguard verhindert“, erzählt Müller.
Er bedauert es, dass er und Creve Machava schon am Sonntag den Heimflug antreten müssen. Bis dahin werden die beiden natürlich so viel Leichtathletik wie möglich anschauen. Und auch wenn Creve Machava Tokio jetzt verlassen muss. Irgendwie ist er jetzt wieder da.
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