DFL-Chef Seifert: Ab 2021 mehr Fußball im Free-TV?

dpa, end

5.1.2020, 15:30 Uhr

DFL-Boss Christian Seifert will angesichts des engen Titelrennens in der Bundesliga nichts davon wissen, dass die Qualität gelitten hat. "Wenn einer vorne weg läuft, heißt es: langweilige Bundesliga. Ist es wie jetzt mal eng, soll es ein Zeichen der Schwäche sein", beklagte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga in einem Interview der Bild am Sonntag und verwies auf einen internationalen Trend. Der 50 Jahre alte Topmanager kündigte an, dass das Edelprodukt nicht komplett im Bezahlfernsehen verschwinden werde und äußerte zudem seinen Unmut über die Handspiel-Debatte.

Meisterschaftsrennen ist in vielen Ländern spannender geworden

Mit Ausnahme der englischen Premier League, wo der FC Liverpool und Jürgen Klopp vorne weg marschieren, sei die Meisterschaft auch in anderen Ländern interessanterweise spannender geworden, erklärte Seifert. "Real, Barça oder Juve laufen nicht mehr so weit vorne weg wie in den letzten Jahren." Man sehe, dass ein Zyklus zu Ende gehe von sehr dominanten Spielerpersönlichkeiten der 2000er-Jahre wie etwa Franck Ribéry und Arjen Robben. "In dieser Phase eine Erneuerung einzuleiten, scheint schwieriger als von vielen Außenstehenden erwartet. Kader, Mannschaft, Hierarchie und System müssen sich erst finden", sagte Seifert.


Fußball-Saison 2019/2020 im TV: Wo läuft was?


Die Bundesliga werde auch weiter im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen sein. "Die Anzahl der Spiele im Free-TV wird bei der nächsten Ausschreibung größer sein", sagte Seifert. Die DFL wollte die Fernsehrechte ab der Saison 2021/22 zu Beginn dieses Jahres ausschreiben. Derzeit darf das ZDF wenige Freitagsspiele live im frei empfangbaren TV zeigen. Der Bezahlsender Sky überträgt live alle Begegnungen am Samstag und in der Konferenz sowie 60 Partien am Sonntag. Die 2. Liga läuft live nur bei Sky. Zudem hat sich der kostenpflichtige Streamingdienst DAZN Live-Rechte an der Bundesliga gesichert.

Bundesliga bald bei Amazon und Netflix?

Als mögliche Interessenten für die Bundesliga-Rechte werden auch die Streaming-Anbieter Amazon Prime oder Netflix gehandelt. Seifert sieht darin kein Problem für die Fans und verwies auf eine außergewöhnliche "Qualitätsverbesserung im Bereich Serien und Filme" durch die Streamingdienste.

Der DFL-Chef warnte jedoch davor, trotz der hohen Zahl der Interessenten einen erneuten Sprung bei den TV-Einnahmen für die Bundesliga und damit eine Qualitätsverbesserung zu erwarten. "Ob uns die nächsten paar Millionen Euro mehr wirklich besser machen auf dem Platz, diese Frage muss irgendwann erlaubt sein", sagte er. Die Bundesligisten kassieren durch den laufenden Vertrag von 2017/18 bis 2020/21 insgesamt 4,64 Milliarden Euro allein aus der nationalen Vermarktung.

Grundsätzlich positiv äußerte sich Seifert über die Anwendung des Videobeweises im deutschen Fußball, sieht die jetzige Interpretation des Handspiels aber als "absolutes Ärgernis. Keiner weiß noch, was Hand ist und was nicht", sagte er. Ähnliches gelte für Millimeter-Entscheidungen über Abseits, fügte er hinzu. "Meine innige Hoffnung ist, dass wir etwa zu einer Hand-Regel kommen, die nachvollziehbar ist und bei der die Schiedsrichter wissen, was sie zu tun haben", sagte Seifert.

Samstags WM im TV schauen und sonntags zum Club

Im Jahr 2022 an einem Samstag vom eigenen Sofa aus den DFB-Kickern bei der Weltmeisterschaft gegen Argentinien zujubeln und am Sonntag ins Max-Morlock-Stadion gehen, um dem 1. FC Nürnberg im Derby gegen die SpVgg Greuther Fürth die Daumen drücken? Vielleicht wird das möglich. Nach SID-Informationen denkt die Deutsche Fußball Liga darüber nach, zeitgleich während der Schlussphase der Winter-WM in Katar Spiele der zweiten Liga stattfinden zu lassen. So äußerte sich zumindest Seifert gegenüber der der Bild am Sonntag.

Begründet wird dieses Gedankenspiel mit mehreren Punkten. Viele Zweitligisten entsenden gar keine Spieler zu den Nationalteams, müssen aber ihre Akteure während der fünf Wochen andauernden "Abstellungsperiode" bezahlen. Hinzu kommt der fehlende Spielrhythmus und die fehlenden Einnahmen. Direkt an diese Phase reiht sich zusätzlich noch die dreiwöchige Winterpause an. Seifert fragt sich auch deshalb: "Was sollen die Klubs mit ihren Spielern, die nach den ersten 17 Spieltagen voll im Saft stehen, in dieser Zeit machen?"

Kalte Pyrotechnik und veganen Schweinebraten? Gibt es nicht!

Kritisch äußerte sich Seifert zudem zur sogenannten kalten Pyrotechnik. "Die gibt es genauso wenig wie veganen Schweinebraten", betonte der 50-Jährige. Wenn etwas 200 Grad statt 2000 Grad heiß sei, sei die Bezeichnung "kalt" mindestens ein Etikettenschwindel. Grundsätzlich habe er nie verstanden, warum das Abbrennen von Pyrotechnik ein substanzieller Bestandteil von Fan-Kultur sein solle.

Erste Tests kämen offenbar zu dem Ergebnis, dass kalte Pyrotechnik keine sinnvolle Alternative sein könne. "Und ich wage die steile These, dass kontrolliertes Abbrennen von sogenannter kalter Pyrotechnik nicht das ist, was denen vorschwebt, die aktuell unkontrolliert heiße Pyrotechnik abbrennen", sagte der DFL-Chef.

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