Brücke umbenannt
Die schwärzeste Stunde des Norisrings: Vor 50 Jahren verunglückte ein Fahrer tödlich
10.9.2021, 20:10 UhrGeboren in Mexiko Stadt. Gestorben in Nürnberg. Am 11. Juli 1971. Das Leben des Pedro Rodriguez endete nach 31 Jahren an einem Sommernachmittag. Um kurz vor 14 Uhr, in Runde zwölf des Interserien-Rennens, war er mit seinem Ferrari 512 M auf dem Norisring in das Brückengemäuer über der Hans-Kalb-Straße gekracht. Das Fahrzeug ging sofort in Flammen auf, Rodriguez hatte keine Chance. Er verstarb wenig später im städtischen Klinikum.
Unzählige Rennen hatte Rodriguez zuvor gewonnen und sich zu seiner Zeit den Ruf als einen der besten Rennfahrer der Welt erarbeitet. Er fuhr für sich und für Mexiko, aber auch für seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Ricardo, der bereits 1962 tödlich verunglückt war.
In der Heimat verehrt wie Ayrton Senna
In ihrem Heimatland würden die verstorbenen Brüder noch immer verehrt, wie es die Brasilianer mit Ayrton Senna tun, erzählt Wolfgang Schlosser, einer der es wissen muss: Der Vorstandsvorsitzende des Motorsport-Club Nürnberg war am Unglückstag an der Strecke, er ist außerdem Teil eines exklusiven Rodriguez-Fanklubs, dessen Mitglieder nicht einfach eintreten dürfen, sondern ernannt werden. Bernie Ecclestone beispielsweise gehört auch dazu. Der Kontakt nach Mexiko ist nie abgerissen, zum Rennwochenende im Oktober wird es aber keine mittelamerikanische Delegation schaffen. Für 2022 sei das aber fest eingeplant, so Schlosser.
Elf Jahre jung war Schlosser an jenem 11. Juli 1971. "Mein Vater war der Leiter der Streckensicherung, ich durfte natürlich offiziell noch keinen Streckenposten machen." Aber er durfte sich auf dem Turm am Ende der Boxengasse aufhalten, von der die Telefonzentrale über Feldtelefon mit den Streckenposten reden konnte. "An der Position war mein Vater. Er sagte zu mir: "Du bleibst bitte oben stehen, ich geh mal runter an die Strecke und schaue mich um."
Dann bricht die Hölle herein
Keine fünf Minuten später brach die Hölle über dem Norisring herein. Rodriguez krachte ins Gemäuer, der Wagen brannte, eine Rauchsäule stieg auf, auf dem Turm schellte das Feldtelefon. Rote Flagge, Rennabbruch. "Ich hab alles von oben aus beobachtet und war natürlich erst einmal unter Schock", sagt Schlosser. Auch weil er seinen Vater nicht mehr sehen konnte, der war mitten in den Rauchwolken verschwunden und half mit, das brennende Wrack zu löschen. "Und er hat ihn auch mit aus dem Fahrzeug gehoben."
50 Jahre ist das nun her und die Erinnerung an Pedro Rodriguez in Nürnberg ist noch so lebendig, als hätte sich dieses schreckliche Unglück erst gestern ereignet. Auch bei Julia Lehner, Nürnbergs zweiter Bürgermeisterin, die sich damals im Klinikum zur Krankenschwester ausbilden ließ und an jenem Sonntag im Juli Dienst schob. Schlosser und Lehner erzählten am Donnerstagnachmittag am Unfallort von ihren Erinnerungen, der nun nicht nur eine Gedenktafel, sondern auch offiziell den Namen des Verunglückten trägt. Pedro-Rodriguez-Brücke heißt die Überführung der Beuthener über die Hans-Kalb-Straße ab sofort. "Selbst wenn es jetzt nach 50 Jahren ist", sagt Schlosser, "finde ich es wirklich toll, dass man diesen weltbekannten und sensationell guten Rennfahrer dermaßen ehrt."
Debatte über die Sinnhaftigkeit
Der tödliche Unfall markierte 1971 den Beginn einer großen Debatte über die Sinnhaftigkeit des Rennsports und auch über die Sicherheit der Strecke in Nürnberg. "Damals ist sofort die lange Gerade von der Spitzkehre her um über 500 Meter verkürzt worden", erklärt Schlosser. Mit bis zu 300 Kilometern pro Stunde waren die Boliden zuvor über diesen Streckenabschnitt gerauscht, der somit deutlich entschärft worden ist. Heute wenden die Fahrzeuge an den Grundig-Türmen.
"Es wurde sehr viel mit Leitplanken, mit Abweisern, mit Fangzäunen gemacht", Reifenpakete sollen die Fahrzeuge zudem weicher aufnehmen. "Natürlich", sagt Schlosser aber auch, "ist Motorsport ein gefährlicher Sport". Pedro Rodriguez wurde das zum Verhängnis.
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