Ein Badminton-Urgestein sagt Servus
06.05.2008, 00:00 Uhr
Lutz Sedlers Stimme hallt durch die Halle des ESV Flügelrad in der Gartenstadt. «Der war doch drin!» Offenbar nicht - der Punkt geht an den Gegner und kostet Sedler und Doppelpartner Klaus Haas den ersten Satz. Während sich nebenan 20 Anfänger Federbälle zuspielen, trägt der 63-Jährige ein Spaß-Match mit Vereinskammeraden aus. Dabei gerät er zwar gehörig ins Schwitzen, trotzdem sehe er Badminton «nur noch als Hobby und nicht mehr so verbissen wie früher», sagt er und hechtet nach dem nächsten Ball. Das Match geht am Ende an Haas und Sedler, der sich ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen kann.
26 Jahre sind vergangen, seit Sedler die Leitung der Badminton-Abteilung übernahm. Damals gehörte diese noch zum SV Siemens Nürnberg. Doch als der die Sparte 1999 abstieß, galt es, schnell einen neuen Verein zu suchen. Fündig wurde man beim ESV Flügelrad. In der Verantwortung in all dieser Zeit war Sedler, den Haas als «Seele des Vereins» und «Badminton-Verrückten» bezeichnet. Sedler hat seine Gründe, warum er den Stab nun weitergibt. «Ich spüre eine gewisse Amtsmüdigkeit», sagt er: «Es wird Zeit, dass sich frische Leute um den Verein kümmern und neue Ideen einbringen.» Dass seine Nachfolgerin Katja Knödel und ihr Team für neuen Schwung in der Abteilung sorgen werden, da ist sich Sedler sicher.
Sein Rücktritt wird vor allem Ehefrau Anne freuen, mit der Sedler seit 38 Jahren verheiratet ist. Sie war oft die Leidtragende, wenn ihr Mann am Wochenende wieder eher auf dem Platz anzutreffen war als zu Hause. «Da braucht man schon einen besonders toleranten Partner, weil sie viele Abstriche machen musste», sagt er selbstkritisch. Doch das soll sich nun ändern. Sedler will sich mehr Zeit für die Familie nehmen, zu der zwei Kinder und inzwischen auch Enkel gehören. Und auch andere Hobbys wie lesen, Mini fahren und Musik hören kamen oft zu kurz.
Ob Sedler, der als Rechtspfleger am Nürnberger Amtsgericht arbeitet, in Zukunft mehr Zeit für diese Dinge finden wird, bleibt abzuwarten. Denn er gibt zwar sein Amt als Abteilungsleiter auf, dem Verein aber bleibt er als frisch gekürter Ehrenvorsitzender erhalten. Und auch dem aktiven Sport kehrt er keinesfalls den Rücken: Mit der sechsten Mannschaft des ESV ist der dienstälteste Badmintonspieler Mittelfrankens erst vor kurzem ungeschlagen in die A-Klasse aufgestiegen. Zudem hält er sich mit Fahrradfahren, Joggen und wöchentlich zwei Besuchen im Fitnessstudio in Form.
«Ich bin nun mal sehr sportbegeistert», lacht er und baut sich mit seinen gerade mal 1,60 Meter Körpergröße und ausgebreiteten Armen hinter dem Netz auf, um den Aufschlag des Gegners zu erwarten.
Steigende Mitgliederzahlen
Um die Zukunft seiner Abteilung, die im Sommer ihr 50-jähriges Bestehen feiert, muss sich Sedler eigentlich keine Sorgen machen. Die Mitgliederzahlen sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen - über 100 Jugendliche und Erwachsene gehören dazu.
Was den Leistungssport angeht, sei es um das Badminton beim ESV allerdings nicht so gut bestellt, findet Sedler. Eine Entwicklung, die er bedauert: «Wir haben uns leider eher in der Breite als in der Spitze weiterentwickelt.» Topspieler habe man zuletzt in den 90er Jahren hervorgebracht. Damals spielte die erste Mannschaft in der zweiten Bundesliga. Heute ist man davon weit entfernt: In der Bayernliga konnte das Team nicht mithalten und kämpft nun in der Relegation um den Klassenverbleib. Die zweite Mannschaft musste vom Spielbetrieb zurückgezogen werden.
Mit dem, was er im Badminton erreicht hat, ist Sedler zufrieden. Ein Ziel hat er aber noch: den Silberschild anzuführen, eine vereinsinterne Rangliste, die das Mitglied mit den meisten Spielen auszeichnet. Fünf Matches fehlen ihm noch, um Vereinskollege Haas von Platz eins zu verdrängen. «Solange», sagt Sedler mit einem Augenzwinkern in Richtung Haas, «spiel ich auf jeden Fall weiter.»