Erlangens Bissel: "Existenz aller Profiklubs ist bedroht"

Christoph Benesch

Erlangen

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12.3.2020, 13:01 Uhr

Herr Bissel, im Handball ist der Heimvorteil oft entscheidend. Was wären die sportlichen Auswirkungen von Bundesligaheimspielen ohne Publikum für den HCE?

Carsten Bissel: Im Moment steht ja noch nicht fest, ob Spiele in dieser Saison überhaupt noch stattfinden. Das entscheidet sich kommenden Montag auf der außerordentlichen Sitzung der Handball- Bundesliga. Unsere Mannschaft bereitet sich aber wie gewohnt auf die Partien vor. Dass es für alle Heimmannschaften grundsätzlich von Nachteil wäre, ohne Fans zu spielen, ist klar.

Sollten Sie abgesagt werden oder nur mit reduzierter Zuschauerzahl stattfinden: Was wären die wirtschaftlichen Folgen?

Carsten Bissel: Das wäre für den HC Erlangen wie für jeden Bundesligisten ein massiver Einnahmenverlust, der uns sehr weh tun würde. Zudem wäre ein massiver Teil der Kosten der Heimund Auswärtsspiele mit ihren Reisekosten nicht gedeckt – diese Lösung wäre ein Himmelfahrtskommando.

Welche Lösung wäre dann sinnvoll?

Carsten Bissel: Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder man sagt den Spielbetrieb komplett ab, oder man unterbricht ihn zunächst bis Mitte April und verlängert zugleich die Saison in der Hoffnung, dass sich die Lage beruhigt hat. Ein Flickenteppich mit Spielen, zu denen hier 500, dort 1000 oder überhaupt keine Zuschauer gestattet sind, wäre nicht sinnvoll. Zumal die nicht unwahrscheinliche Szenerie hinzukommt, das ganze Mannschaften nach Krankheitsfällen in Quarantäne müssen. Das wird auch noch kommen.

Würden sich die Kosten im Falle einer Verlängerung der Saison erhöhen?

Carsten Bissel: Nein. Unsere Spieler haben als Lizenzvoraussetzung Zwölfmonatsverträge. Vorausgesetzt, es kommen genauso viele Zuschauer wie jetzt, hätten wir keine gravierenden Verluste. Aber daran glaube ich nicht.

Sollte der Spielbetrieb wie beim Eishockey komplett abgesagt werden, drei Heimspiele ausfallen – wie würde sich das wirtschaftlich auswirken für den HC Erlangen?

Carsten Bissel: Ganz erheblich, weil es ja nicht drei normale Heimspiele sind, sondern ein als bestbesucht kalkuliertes Spiel gegen den Serienmeister am Ostersonntag gegen Flensburg darunter fiele. Das prominenteste Spiel des Spieljahres. Fallen diese Partien aus, würde ein beachtlicher Prozentsatz der gesamten Einnahmen des Spielbetriebs eines Jahres wegfallen.

Kein Spielbetrieb in Schulturnhallen

Sicher wären auch die Planungen für kommende Saison betroffen...

Carsten Bissel: Wir haben alle Verträge längst abgeschlossen. Um sie erfüllen zu können, brauchen wir natürlich all unsere Partner. Der HC Erlangen ist immer noch ein wirtschaftlich kleiner Verein der Liga mit einem Personaletat von derzeit 2,4 Millionen Euro, damit liegen wir unter den letzten Dreien. Wenn uns nun Partner wegen der aufkommenden Wirtschaftskrise verlassen würden, wird es schwierig. Wenn alle so zusammenbleiben, haben wir keine Sorgen für nächste Saison.

Das heißt: Der Coronavirus könnte für den HC Erlangen existenzbedrohend werden?

Carsten Bissel: Eine ihm folgende Wirtschaftskrise könnte die Existenz aller deutschen Profivereine bedrohen. Wir sitzen alle in einem Boot.

Ein paar Nostalgiker freuen sich, dass im Falle einer reduzierten Zuschauerzahl der HC Erlangen in die Hiersemannhalle zurückkehrt. Ist das realistisch?

Carsten Bissel: Nein, aus vielerlei Gründen geht das wohl nicht. Die Kosten eines Bundesligaspiels können so nie gedeckt werden. Die Liga stellt sich den Spielbetrieb sicher auch nicht in Schulturnhallen vor. Von den Verträgen mit Partnern und der Arena ganz zu schweigen.

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