Erras und der FCN: Erst Rettung, dann Abschied?

Fadi Keblawi

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9.6.2020, 06:00 Uhr
Erras und der FCN: Erst Rettung, dann Abschied?

© Sportfoto Zink / DaMa

Am Montag durften sie beim 1. FC Nürnberg einen Aufstieg in die erste Liga feiern. Die vereinseigene A-Jugend darf nach einem Jahr und einer abgebrochenen Saison als Tabellenführer der Bayernliga zurück in die Bundesliga. Dorthin also, wo sie nach dem allgemeinen Selbstverständnis auch hingehört. Bayernliga-Jahre sind keine guten Jahre für den 1. FCN, auch in der A-Jugend – sie passieren ihnen trotzdem immer wieder.Patrick Erras ist einer, der das genau weiß. In der B-Jugend wechselte Erras zum 1. FC Nürnberg und musste, als er es eine Jahrgangsstufe weiter geschafft hatte, ebenfalls mithelfen, den Ausflug in die A-Jugend-Bayernliga zu einem sehr kurzen werden zu lassen. Es gelang auch damals und Erras hatte offenbar so großen Gefallen an Aufstiegen gefunden, dass er die Angelegenheit später bei den Erwachsenen wiederholte.

In diesem Jahr hat der 1. FC Nürnberg ganz andere Probleme. In der 2. Liga, in die sie nach dem allgemeinen Selbstverständnis eigentlich bei den Profis nicht gehören, steht Abstiegskampf bis zum Saisonende auf dem Programm. Dass die Angelegenheit gut ausgehen könnte, diese Hoffnung ist am Wochenende wieder etwas größer geworden, was wiederum viel mit Erras zu tun hat.

Der fand sich bei Tabellenführer Arminia Bielefeld etwas überraschend in der Startelf wieder, weil Jens Keller sich dann doch einmal dazu entschlossen hatte, Johannes Geis nicht im defensiven Mittelfeld einzusetzen. Geis galt dem Club lange als Verstärkung und untermauerte das zu Beginn seiner Nürnberger Zeit auch mit Toren und Torvorlagen.

Fünf Tore waren es in den ersten acht Auftritten, dann aber folgten lange Zeit nur noch Torvorlagen. Die letzte gelang Geis im Februar beim 1:0-Erfolg in Karlsruhe. Torschütze damals: Patrick Erras.

 

 

Weil Trainer Jens Keller vor allem der Auftritt von Geis beim 0:0 gegen den VfL Bochum "nicht gefallen" hatte, hieß es in Bielefeld also Erras statt Geis. "Sehr, sehr gut", sagte Keller hinterher über die Leistung von Erras, auch wenn er bei dieser Beurteilung sehr angestrengt ausblenden musste, dass Erras mit einem spektakulären Fehlpass dem Bielefelder Fabian Klos beinahe das 2:0 ermöglicht hatte. Der Pfosten rettete den Club und Erras – und der rettete in der Folge dem Club einen Punkt. Kurz vor der Pause traf der defensiv sehr solide auftretende Erras zum Ausgleich, diesmal ohne die Unterstützung durch Geis. Wenn man ihn hinterher reden hörte, war das allerdings auch keine komplizierte Übung. "Die Ecke kommt perfekt, ich stand goldrichtig und musste nur den Kopf drehen", sagte Erras.

Es folgte eine erstaunliche zweite Halbzeit, in der der Club besser aussah als der Favorit. Woher denn dieses Selbstvertrauen kam, wollte hinterher ein erstaunter Fernseh-Reporter wissen. "Wir wissen, dass wir es besser können", sagte Erras in einer dieser kurzen Erras-Antworten, für die er berühmt geworden ist.

Weil er in dieser Saison auch für seltene Einsätze berühmt geworden ist, scheint sich Erras mit einer Zukunft am Valznerweiher nicht mehr anfreunden zu können. Sein Abschied im Sommer scheint beschlossene Sache und man kann das durchaus schade finden, weil sie beim Club einen Experten in Sachen Aufstieg in der kommenden Saison durchaus brauchen können – egal in welcher Liga.

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