Downhill Schwimmen
Extrem Schwimmen am Polarkreis: Rother Triathlon-Trainer startet in Finnland
27.8.2021, 05:55 UhrBei seinen Freunden und Verwandten ist Bennie Lindberg für seine extremen Outdoor-Sportaktionen in Überlänge bekannt. Kein wunder, denn der aus Finnland stammende Wahl-Rother war bis Anfang der Neunziger Jahre sogar in der finnischen Triathlon-Nationalmannschaft und ist heute als Trainer aktiv und noch immer topfit.
Über den Triathlon-Sport sei auch die Freundschaft zwischen Lindberg und Katja Russhardt entstanden. Die 57-jährige lebt in der Nähe von Freiburg und sollte bei dem Rennen die Schwimmpartnerin des ein Jahr älteren Lindbergs sein. Denn antreten durfte man nur in Zweierteams. "Als mir Bennie von der Idee erzählt hat, habe ich spontan ja gesagt", berichtet Russhardt. Einzige Bedingung sei gewesen, dass sie auch fit sei. Zwar ist die frühere Langstreckenläuferin (auch in der Jugend-Nationalmannschaft) von Grund auf sportlich, allerdings musste sie sich nach knapp 25-Jähriger Schwimmpause doch etwas intensiver vorbereiten.
Fitness ist Grundvoraussetzung
Denn in Form muss man auf jeden Fall sein, wenn man die insgesamt 24 Kilometer in einem normalerweise 16 Grad kalten Fluss hinab kraulen will. "Dieses Jahr war der Sommer in Finnland unglaublich schön, weshalb die Wassertemperatur dann doch bei etwa 20 Grad lag", erklärt Lindberg. Das gute Wetter sorgte andererseits auch für erschwerte Umstände. Weniger Regen bedeutet auch eine geringere Flusstiefe sowie reduzierte Fließgeschwindigkeit - nur noch zwei statt drei km/h. Das erfordert von den Schwimmerinnen und Schwimmern wiederum mehr Kraftaufwand.
Doch wie vorbereiten, wenn viele Schwimm- und Hallenbäder wegen Corona länger geschlossen hatten? "Auf dem Trockenen, bei Dir zuhause", empfahl Lindberg seiner Partnerin. Er hatte passenderweise einen einen Online-Kraulkurs für Anfänger ins Netz gestellt. Darin enthalten waren Übungen, wie Kraulbewegungen vom Bett aus, Rhythmusübungen mit einer Stange und Selbstkontrolle vor dem Spiegel.
"Später bin ich dann auch noch auf einem Baggersee bei mir hin und her gepaddelt. Ich habe mich tatsächlich mit einem gefährlichen Minimum an Training an die Sache herangewagt und daher auch etwas Muffensausen gehabt", gesteht Russhardt. Auch Lindberg hat im Vorfeld trainiert: "Ich war bereits im April ein paar mal im Rothsee schwimmen, da hatte der gerade mal 15 Grad. Später konnte ich dann doch ins Rother Freibad."
Am 17. Juli starteten dann insgesamt 60 Zweierteams für die 24-Kilometer Strecke und 40 Teilnehmer für die Kurzstrecke (12 Kilometer). Die Regeln sind simpel: Innerhalb von acht Stunden musste die Strecke bewältigt werden. Das Wasser darf dabei nur an den fünf festen Checkpoints verlassen werden oder wenn es seichte Stellen im Fluss erfordern. Zur vorgeschriebenen Ausstattung der Teilnehmer gehörten neben Neoprenanzug und Trillerpfeife für jeden Teilnehmer auch eine Rettungsboje sowie ein Wassersack mit Handy und Erste-Hilfe-Kit pro Team.
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Nach dem klassischen Massenstart entzerrte sich das Teilnehmerfeld bald und die Spitzenschwimmer, die das Rennen in knapp viereinhalb Stunden beendeten, setzten sich gleich ab. "Die meiste Zeit waren zwei andere Paare in unserer Sichtweite und an den Kontrollstationen hat man sich auch immer getroffen", berichtet Russhardt und weiter: "Zu Beginn hat Bennie noch etwas den Trainer gespielt. Nach den ersten acht Kilometern lag man dann aber schon viel besser im Wasser und gegen Ende war man wie mit dem Fluss verschmolzen."
Gold im Flussbett
Sie und Lindberg hatten sich darauf geeinigt, dass es eher ein Abenteuer und kein klassischer Wettkampf werden soll. "Wir wollten auch etwas sehen von der Natur. Das Wasser war kristallklar und mit der Schwimmbrille konnte man die Wasserpflanzen begutachten, die sich im Strom wie sanftes Haar bewegten. Hin und wieder hat man sogar ein kleine Goldpartikel am Grund des Flusses funkeln sehen", erzählt sie begeistert.
Nicht nur Flora, auch Fauna war am Rand zu bestaunen. Neben Bären und Wölfen, die den Nationalpark bevölkern, haben die Teilnehmenden auch eine Rentier-Mutter mit Nachwuchs am Rand entlang spazieren sehen. Bei all dem Abendteuer und Schönheit der Natur sollte aber ein gewisser Sportlicher Anreiz dennoch nicht fehlen.
"Die Kunst in Flussabwärtsschwimmen liegt darin, den Fluss zu "lesen", um die Stromschnellen zu finden, die einen von alleine vorwärts bewegen. Selten ist der kürzeste Weg der schnellste", erläutert der Trainer.
Unwohl oder in Gefahr haben sich die beiden nicht gefühlt. Die Checkpoints und Versorgungsstationen waren in regelmäßigen Abständen platziert. Zusätzlich gab es auch Streckenkontrollen mit Kanus. Ein ordentliches Maß an Vorbereitung sei aber dennoch unabdingbar, um körperlich durchhalten zu können, bekräftigen beide.
Nach etwa sieben Stunden kam das deutsch-finnische Gespann dann ans Ziel. Etwa drei Kilometer von der Russischen Grenze entfernt lagen dort schon die ersten Finisher in mit Holz beheizten kleinen Becken oder wärmten sich in den mobilen Sauna-Wägen. Die Stimmung war gelassen und alle seiee positiv und einfach froh gewesen, teil dieses ersten "Downhill Schwimmen" gewesen zu sein. "Es war wie ein herrlicher langer Badetag", scherzt Lindberg.
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