Fabelhafter Triathlon: Nuss knackt Weltrekord
3.12.2019, 13:53 UhrBernhard Nuss sitzt nach seinem Rekord schon wieder auf dem Fahrrad und tritt in die Pedale. 180 Kilometer hat er vor sich. Das Sportgerät steht im Fitnessstudio Franken Aktiv in Nürnberg. Dort hat sich der 58-Jährige häuslich eingerichtet. Das Studio ist sein zweites Wohnzimmer geworden. Denn gleich zu Beginn des Projekts stand fest, dass nicht alle Langdistanzen bei Wettkämpfen wie dem Challenge in Roth absolviert werden können. Die Lösung: das Fitnessstudio.
Die bisherige Bestleistung lag bei 60 Langdistanzen. Ein Amerikaner hatte im vergangenen Jahr diese schier unmenschliche Leistung vollbracht. Nuss wollte die nicht stehen lassen. Unfassbare 10 980 Kilometer ist er seit April auf dem Rad gefahren, 2573,99 Kilometer legte er joggend zurück. Bevor er in den ersten Stock des Fitnessstudios lief, schwamm er die 3,8 Kilometer im Südstadtbad, das in der Nachbarschaft des Studios liegt. So sind bis Ende November 231 800 Meter Schwimmstrecke zusammengekommen. Er habe die Abläufe von Zeugen dokumentieren lassen, wenn er nicht auf einem Wettbewerb war; zudem speichere seine Fitness-Uhr die Daten, erklärt sich Nuss. Pro Langdistanz benötigte er zwischen 13 und 15 Stunden.
Leistung ist auch im "gesetzten Alter" möglich
Sein Leitsatz: Jeder kann sportlich aktiv werden. Ihm gehe es nicht so sehr um den Eintrag ins Guinness-Buch. Er freue sich zwar, wenn er darin auftauche (noch ist das nicht sicher, Experten müssen die Leistungen erst überprüfen). Vielmehr habe er eine Mission, so der Nürnberger: Er will zeigen, dass "auch im gesetzten Alter" sportliche Leistungen möglich sind. Es müsse ja nicht gleich jeder eine Langdistanz absolvieren. Geschweige denn 66 in einem Jahr.
Denn Nuss will bis kurz vor Weihnachten weitermachen. Sein Körper spiele noch mit, sagt er, und "entschieden wird alles im Kopf". Er hat sich 66 vorgenommen – wegen der Route 66 in den USA. Die Sehnsuchtsstraße aller Motorradfahrer suggeriert die grenzenlose Freiheit im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Auch die Möglichkeiten von Bernhard Nuss, dem ein Journalist den Spitznamen "Eiserner Franke" gegeben hat, scheinen unbegrenzt – zumindest was seine Verfassung betrifft. Auch nach tausenden Kilometern auf dem Laufband sei er fit. Wehwehchen plagen ihn nicht, sagt er. Auch die Knie spielen mit, und die Lust am Sport sei noch da. Eine Aussage, die für sportliche Laien schwer nachvollziehbar ist.
Ein schwimmender Spätstarter
Wenn er aufs Rad oder Laufband gehe, werde ihm nicht langweilig. Im Fitnessstudio gibt es keinen Fernseher. Kopfhörer und Musik lehnt er ab. "Ich lasse meine Gedanken frei, überlege, wie meine nächsten Schritte aussehen könnten", sagt der 58-Jährige, der früher seine Brötchen im Außendienst verdiente und heute als Personal-Trainer und im Verein "Never walk alone" seine Berufung gefunden hat. Kürzlich habe er sich beim Schwimmen verzählt, weil er sich zu sehr auf andere Dinge konzentriert habe.
"Ich musste anhalten und jemanden bitten, auf meine Uhr zu sehen. Ohne Brille kann ich die Anzeige nicht lesen", erzählt er lachend. Sport machte er bis zu seinem 40. Geburtstag nur sporadisch. Dann begann er mit Radfahren, ehe Laufen dazukam. Seinen ersten Langdistanz-Triathlon absolvierte er 2012 in Roth. Nuss spürte, dass mehr möglich war, und wurde zum Ultrasportler.
Ausdauernde Motivationskunst
Im Sommer finishte er beim Double Ultratriathlon in Emsdetten (7,6 km/360 km/84,4 km) nach 32 Stunden, 42 Minuten und 32 Sekunden. Kurz davor war er an einem Magen-Darm-Virus erkrankt und bangte um den Start. "Ich habe sicher den Tagesverbrauch einer dreiköpfigen Familie an Imodium gebraucht, um überhaupt im Wettkampf zu bleiben", schreibt er auf seiner Homepage. Mit Unterstützung seines Arztes klappte es doch, und er sammelte Kilometer für seinen Rekord. Ans Aufhören habe er auch gedacht. Das war bei einem zwanzigfachen Ultratriathlon, ebenfalls im Sommer, in der Schweiz. Probleme im Oberschenkel zwangen ihn, abzubrechen.
Wenn Nuss nicht auf Triathlon-Strecken unterwegs ist, leitet er ambitionierte Hobby-Athleten an. Außerdem hat er eine neue Mission: Er will als Motivations-Coach arbeiten. Dass er für ein neues berufliches Ziel genug Ausdauer hat, hat er in diesem Jahr mehr als einmal bewiesen.
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