FCN: Stimmung in der Nordkurve ist auf dem Nullpunkt

Stefan Hofer

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12.3.2017, 20:47 Uhr
Die Ultras gedachten am Sonntag des verstorbenen Fan-Urgesteins Heino Hassler.

© Sportfoto Zink / DaMa Die Ultras gedachten am Sonntag des verstorbenen Fan-Urgesteins Heino Hassler.

Es brodelt in der Nordkurve. Die Stimmung beim Nürnberger Anhang ist auf dem Nullpunkt. Hintergrund ist nicht etwa die Leistung der Mannschaft, die am Sonntag mit 1:0 gegen Arminia Bielefeld gewann, sondern ein schon länger schwelender Konflikt der Ultra-Gruppierungen UN94 ("Ultras Nürnberg 94") und BDA ("Banda di Amici") mit der Vereinsführung des 1. FCN.

In Info-Flyern von UN und BDA, die vor dem Heimspiel gegen Bielefeld verteilt wurden, heißt es sinngemäß: Mit den Spielen gegen die SpVgg Greuther Fürth und den VfL Bochum "ist nun die Spitze des Eisbergs erreicht". Es sei "der Punkt gekommen, an dem wir nach außen zeigen wollen, dass uns die momentane Lage des 1. FC Nürnberg gewaltig stinkt", so die BDA. Deshalb habe man "jegliche optische Unterstützung" bis auf Weiteres eingestellt. Große Schwenkfahnen, Doppelhalter und kleine Schwenker bleiben auf unbestimmte Zeit unten.

Auch der FCN weiß um die Spannungen. "Das Verhältnis ist derzeit in Hinblick auf die Entwicklung der letzten Monate relativ schwierig", teilt Pressesprecherin Luana Valentini auf Anfrage mit. Auslöser der jüngsten Verwerfungen waren die Fan-Ausschreitungen von Karlsruhe im Oktober, die der Club zum Anlass nahm, sich öffentlich deutlich von UN und BDA zu distanzieren. Auch ein Gespräch zwischen Finanzvorstand Michael Meeske mit Vertretern beider Gruppen führte zu keiner Einigung. Im Gegenteil: Im Anschluss entzog der FCN den Ultras sämtliche Privilegien und ließ den UN-Container vor der Nordkurve schließen. Darauf reagierten wiederum die Fans und brachen jeglichen Kontakt zur Vereinsführung ab.

"Make Nuremberg Great Again"

Ein Banner mit dem Konterfei von Michael Meeske und dem Slogan "Make Nuremberg Great Again".

Ein Banner mit dem Konterfei von Michael Meeske und dem Slogan "Make Nuremberg Great Again". © Sportfoto Zink / DaMa

Seitdem herrscht Eiszeit zwischen den Parteien. Während Meeske bereits im Oktober signalisiert hatte, weiterhin gesprächsbereit bleiben zu wollen, haben die Ultras offenbar kein Interesse an einem Dialog mit dem Verein. Immer wieder kam es in den vergangenen Monaten zu Sticheleien. So verglichen die Ultras zum Beispiel Meeskes Führungsstil unlängst indirekt mit dem des US-Präsidenten Donald Trump. Auf einem Banner mit der Überschrift "Make Nuremberg Great Again" wurde das Konterfei des Finanzvorstandes abgebildet.

Eine Woche nach den Vorfällen in Karlsruhe, als Hannover in Nürnberg gastierte, ließ der Club die Muskeln spielen. "Als Konsequenz zu den dortigen Vorkommnissen gab es Einschränkungen bezüglich frühzeitigem Stadionzutritt und Zutritt zum Innenraum, die eine Choreografiedurchführung beider Gruppierungen weitgehend verhindert haben", erklärt Pressesprecherin Valentini. "Es gab und gibt allerdings kein allgemeines Choreografieverbot."

Wie ein solches fasste die BDA die Maßnahmen jedoch auf, das geht aus ihrem Info-Flyer hervor. Das Fass zum Überlaufen brachte für die Ultras ein Vorfall vom 26. Februar: Vor der Partie gegen Bochum untersagte ihnen der 1. FC Nürnberg am Stadioneingang, Utensilien für eine Choreografie mit ins Innere zu nehmen. Ein Vorkommnis, das die Ultras scharf kritisieren, der Verein aber mit Regeln rechtfertigt. "Generell sind alle Materialien, die über die Stadionordnung hinausgehen, vorab anzumelden", sagt Valentini. "Dies ist nicht neu, sondern wird seit Jahren so vorgegeben und praktiziert."

Ultras vermuten Machtspielchen

Da für eine Anmeldung aber ein Kontakt hergestellt und demzufolge die Funkstille gebrochen werden müsste, verzichten die Ultra-Gruppierungen lieber darauf. Sie beschränken sich seit dem Zerwürfnis nach eigener Darstellung auf Choreographien, "die ohne Bürokratie, Abhängigkeit von Vereinsoffiziellen oder gar den viel zitierten sogenannten 'Privilegien' durchgeführt werden können". Diese Freiheit habe man "in keinster Weise" missbraucht, heißt es im UN-Flyer. "Welchen Grund könnte es für einen Verein geben, sich nun daran zu stören, außer Machtspielchen?", kommentieren die Ultras die Abweisung am Stadioneingang.

In dem Flugblatt der BDA heißt es: "Das Einzige, was wir verlangen, ist, dass uns nicht tausend Steine in den Weg gelegt werden und dass wir innerhalb unserer Kurve frei entscheiden dürfen, welche Choreographie, welche Spruchbänder mitgenommen werden und welche vereinskritischen Texte in unseren Info-Flyern geschrieben werden."

Was spricht aus Sicht des FCN dagegen, diesen Wünschen entgegenzukommen und ein besseres Verhältnis mit beiden Gruppierungen anzustreben? "Solange Inhalte von Choreografien und Spruchbändern nicht beleidigend oder diffamierend sind, gibt und gab es keine Einschränkungen seitens des Vereins", antwortet Valentini. "Eine Anmeldung ist wie erwähnt aber unverändert obligatorisch."

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