Favorit gegen Außenseiter

Der zweite Gruppen-Gegner im Check: Das wird für Deutschland gegen Ungarn wichtig

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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19.6.2024, 10:14 Uhr
Die DFB-Elf möchte an den 5:1-Erfolg gegen Schottland anknüpfen und auch Ungarn besiegen.

© IMAGO/Ulrich Hufnagel/IMAGO/Ulrich Hufnagel Die DFB-Elf möchte an den 5:1-Erfolg gegen Schottland anknüpfen und auch Ungarn besiegen.

Die deutsche Nationalmannschaft ist mit einem wahren Spektakel in die EM im eigenen Land gestartet: Beim 5:1-Auftaktsieg ließ die Elf von Bundestrainer Julian Nagelsmann ihrem Gegner aus Schottland nicht den Hauch einer Chance. Mit aggressivem Pressing und schnellem Spiel in die Spitze kreierten die Deutschen Chance um Chance und gingen auch in der Höhe als hochverdienter Sieger vom Feld – ein Ausrufezeichen, nicht nur in Richtung der anderen Gruppengegner, sondern auch in die der Top-Favoriten auf den Titel.

Zur Geschichte des Spiels gehört aber auch, dass die Schotten einen rabenschwarzen Tag erwischten. Das Offensivspiel der "Bravehearts" war quasi nicht existent, die deutsche Abwehr deshalb zu keinem Zeitpunkt ernsthaft gefordert. Außerdem dezimierten sich die Briten mit einem groben Foulspiel selbst – die deutsche Mannschaft spielte mehr als eine Halbzeit lang nur gegen zehn Mann. Die Frage vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Ungarn lautet demnach: Kann die Elf um Kapitän Ilkay Gündogan die Leistung aus dem Eröffnungsspiel bestätigen?

Die Ausgangslage

Seit der Aufstockung von 16 auf 24 Mannschaften kommen nicht nur die ersten beiden Mannschaften in jeder Gruppe weiter, sondern auch die vier besten der sechs Drittplatzierten. Durch das 5:1 gegen Schottland hat Deutschland im ersten Spiel demnach nicht nur seinen Favoritenstatus in der Gruppe A untermauert, sondern den Achtelfinaleinzug bereits so gut wie klargemacht. Dennoch wäre ein Sieg gegen Ungarn wichtig, um möglichst gut abzuschneiden – als Gruppenerster oder -zweiter ist die Chance schließlich geringer, bereits in der nächsten Gruppe auf ein internationales Schwergewicht zu treffen.

Die Ungarn wiederum möchten den schwachen Auftritt aus dem ersten Spiel gegen die Schweiz vergessen machen. Beim 1:3 waren die Magyaren besonders in der ersten Halbzeit deutlich unterlegen und kassierten trotz einer Leistungssteigerung im zweiten Durchgang eine verdiente Niederlage. Sollten die Ungarn gegen Deutschland verlieren, stünden sie bereits mit dem Rücken zur Wand – und müssten im letzten Gruppenspiel gegen Schottland einen hohen Sieg einfahren, um überhaupt noch das Achtelfinale erreichen zu können.

Der Gegner

Glaubt man der Plattform "transfermarkt.de", gehören die Ungarn zu den absoluten Underdogs bei der EM: 165 Millionen Euro beträgt der Gesamtwert des 26-Mann-Kaders, nur fünf Mannschaften bei der EM weisen einen noch niedrigeren Kaderwert auf. Zum Vergleich: Der Marktwert der deutschen Spieler wird auf 831 Millionen Euro taxiert, liegt also rund fünfmal so hoch. Auffällig ist das Leistungsgefälle innerhalb des ungarischen Aufgebots: Spieler aus Europas Top-Fünf-Ligen finden sich ebenso wie Zweitligakicker. Rund ein Drittel des Teams ist in der heimischen Liga aktiv, die weit von europäischem Spitzenniveau entfernt ist.

Dennoch bergen die Magyaren zumindest das theoretische Potenzial, sich als unangenehmer Gegner zu entpuppen. Zumindest in Ansätzen war gegen die Schweiz zu erkennen, dass die Ungarn einen klaren Matchplan verfolgen: Tief stehen und auf Umschaltmomente lauern. Besonders im hohen Pressing muss die deutsche Mannschaft deshalb aufpassen, nicht in Konter zu laufen. Außerdem spielt die ungarische Elf mit viel Leidenschaft und Willen – was die Deutschen bereits in der Vorrunde der letzten EM 2021 zu spüren bekamen. Damals endete das Spiel 2:2.

Der direkte Vergleich

Das Unentschieden aus der Gruppenphase der letzten EM steht sinnbildlich für den direkten Vergleich zwischen Ungarn und Deutschland. 37 Mal trafen beide Nationen bislang aufeinander – die Bilanz könnte ausgeglichener kaum sein: 13 Mal gewann Deutschland, 12 Mal gab es keinen Sieger und zwölfmal hatten die Magyaren das bessere Ende für sich. Die jüngsten Duelle verliefen aus deutscher Sicht ernüchternd: zwei Unentschieden und eine Niederlage lautet die Ausbeute aus den letzten drei Spielen gegen Ungarn, der letzte Sieg gelang in einem Freundschaftsspiel am 4. Juni 2016 (2:0) – vor mehr als acht Jahren.

Spieler im Fokus

Damit die deutsche Mannschaft gegen Ungarn wieder einen Sieg einfahren kann, wird es kreative Lösungen in der Offensive brauchen. Um das Abwehrbollwerk der Magyaren zu knacken, wird es neben den quirligen Jamal Musiala und Florian Wirtz vor allem auf die Geistesblitze von Ilkay Gündogan ankommen: Gegen Schottland zeigte sich der Kapitän der DFB-Elf im Vergleich zu den blassen Testspiel-Auftritten vor dem Turnier deutlich verbessert, leitete das 2:0 mit einem starken Pass ein und holte den Elfmeter vor dem 3:0 heraus. Mit Aktionen wie diesen kann Gündogan, den Nagelsmann unlängst als "Bessermacher" adelte, auch gegen Ungarn den Unterschied machen.

Bei den Ungarn ist Dominik Szoboszlai der unumstrittene Star-Spieler. Der 23-Jährige, der vielen noch aus seiner Bundesligazeit bei RB Leipzig bekannt ist, steht seit vergangenem Sommer beim FC Liverpool unter Vertrag. Unter Jürgen Klopp absolvierte der Mittelfeldspieler 33 Partien, auch wenn er in der Schlussphase der Saison meist nur noch als Joker zum Einsatz kam. Szoboszlai ist mit Abstand der technisch versierteste Spieler im Kader der Ungarn – besonders bemerkbar macht sich das bei Standards: Wenn er zu Ecken und Freistößen antritt, wird es brandgefährlich. Viele Fouls, besonders in Strafraumnähe, sollte sich die deutsche Mannschaft deshalb nicht erlauben.

Die Übertragung

Um 18 Uhr wird die Partie in Stuttgart angepfiffen, die ARD überträgt das Spiel live. Wer ein Abo bei Magenta-TV abgeschlossen hat, kann die Partie auch beim Pay-TV-Sender verfolgen. Die "Sportschau" stellt wie bei jedem EM-Spiel auch einen Audiostream bereit.

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