Gesundheit im Fokus

„Das war Miro“: Kult-Doc ist zu Gast in Nürnberg - und spricht über Club-Coach und Guardiola-Zoff

Georgios Tsakiridis

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16.1.2025, 17:08 Uhr
Kult-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt spricht im Thalia Buchhaus Nürnberg über Bewegung und Lebensqualität.

© Greta Nagel Kult-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt spricht im Thalia Buchhaus Nürnberg über Bewegung und Lebensqualität.

Usain Bolt widmete ihm einst als Dank für eine erfolgreiche Last-Minute-Behandlung seine olympische Goldmedaille. In seiner Praxis in München gibt sich das who-is-who der internationalen Sportelite die Klinke in die Hand: Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt - über 40 Jahre lang Mannschaftsarzt des FC Bayern München, dazu mehr als 20 Jahre für die deutsche Nationalmannschaft zuständig - ist nicht weniger als eine Koryphäe der Sportmedizin. Der gebürtige Niedersachse ist für seine globale Klientel ebenso bekannt, wie für seine unorthodoxen Behandlungsmethoden. Am Mittwochabend war er zu Gast in Nürnberg - und hat mit uns unter anderem über Gesundheit, Miroslav Klose und den legendären Zwist mit Trainer-Ikone Pep Guardiola gesprochen.

"Bewegung: Das Lebenselixier für unsere Gesundheit" lautet der Titel seines jüngsten Buches, das es in die Spiegel-Bestsellerliste geschafft hat. Die Botschaft hinter dem Werk: "Als praktizierender Orthopäde sehe ich täglich, dass Patienten an Bewegungsmangel Schäden, Krankheiten und Gebrechen erleiden. Ich möchte den Menschen klarmachen, dass Gesundheit nur über Bewegung funktioniert - das ist die beste Medizin. Es gibt keine Ausreden, man kann bis ins hohe Alter etwas tun." Die Formel ist nichts Neues, neben Sport kommt es laut dem Kult-Doc auch auf eine gute Ernährung an. Doch aus Mund des wohl bekanntesten Sportmediziners der Welt nehmen aufmerksame Ohren die Botschaft vielleicht bewusster wahr. Dass seine Ansichten gefragt sind, zeigt der Andrang zur Veranstaltung im Thalia Buchhaus in Nürnberg - etwa 200 Gäste haben sich ein Ticket gesichert.

Wer dem Mann mit vollem Haar und drahtiger Figur gegenübersteht, mag sich wundern, ob der Wahl-Münchner in einen Jungbrunnen gefallen ist. Auch mit seinen 82 Jahren ist Müller-Wohlfahrt längst nicht berufsmüde. Den Spagat aus Mannschaftsarzt und Praxisbetrieb hat er über 40 Jahre lang geschafft. "Ich kenne keinen Kollegen, der das in der Intensität über so eine lange Zeit macht. Das braucht neben guter Konstitution auch Nervenstärke. Man kommt in Situationen, in denen man sehr klar und ruhig bleiben muss, um die richtige Diagnose oder Therapie zu finden. Alles in allem weiß ich, ich habe einen Traum bisher gelebt - und hoffe den weiter leben zu können".

"Miro? - Aber wie ich mich erinnere"

Er behandelte den Leichtathleten Usain Bolt vor dessen Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 und 2016. Der jamaikanische Sprint-Star bedankte sich nach seinen Siegen beim deutschen Orthopäden öffentlichkeitswirksam, indem er Müller-Wohlfahrt seine Goldmedaille widmete. Er habe bei der Behandlung zum Doc gesagt "You met the point" ("Du hast es getroffen") und wollte seinem Arzt des Vertrauens sogar die Medaille schenken, erzählt Müller-Wohlfahrt, "doch das kann ich ja nicht annehmen". Das Geheimnis des Erfolgsarztes? "Als ich 1975 begonnen habe, gab es keine Ultraschall-Technik, keinen Kernspin. Ich musste mit meinen Händen arbeiten, so habe ich mich geschult. Heute kann ich mich auf meine Hände verlassen, mehr als auf den Kernspin - das ist Erfahrung". Wenn er helfen konnte, habe ihm das eine totale Erfüllung verschafft, "dann bin ich glücklich", sagt er.

Zu seinen Schützlingen gehörte während der langen Karriere auf der Bank auch FCN-Trainer Miro Klose "Ich erinnere mich haargenau an Miro. Ich kann mich an Verletzungen erinnern und vor allem an das Vertrauen, das er mir geschenkt hat. Es ist toll, wenn ein Spieler mir das Gefühl gibt, dass ihm meine Meinung wichtig ist. Das war Miro - er hat mir zu 100 Prozent vertraut." Auch als er in Rom gespielt habe, sei er nach München zu Müller-Wohlfahrt gekommen. "Das war toll, das sind Glücksmomente." In seiner Zeit beim FC Hollywood hat der er auch so manche Welttrainer erlebt. Auf die Frage nach dem komplettesten Übungsleiter antwortet er: "Zwischen Heynckes und Hitzfeld kann ich mich nicht festlegen, das waren die komplettesten". Auch das harte Training von Herrmann Gerland, um Jugendspieler heranzuführen, habe ihm gefallen. "Ich bin Fan der harten Läufe, der alten Schule, ich bewundere die großen Trainer. Es gab auch andere Trainer, die das nicht so konnten."

Eine Spitze Richtung Guardiola? Im April 2015 beendete das Ärzteteam um Müller-Wohlfahrt die Zusammenarbeit mit dem FC Bayern München. Müller-Wohlfahrt begründete den Schritt in seiner Autobiografie mit einem beschädigten Vertrauensverhältnis. Vorausgegangen waren wiederholte Spannungen mit dem Welt-Trainer Guardiola. "Der mag fußballerisch noch so gut gewesen sein, aber es hat menschlich nicht funktioniert. Wir haben nicht miteinander gekonnt. Er hat mir nach drei, vier Tagen gezeigt, dass er mich nicht akzeptiert. Ich hatte den Eindruck, er hat mich als Mensch abgelehnt", plaudert Müller Wohlfahrt aus dem Nähkästchen.