Nations League gegen DFB-Team
Spallettis Italien vor Härtetest: Identitätssuche und Pathos
18.03.2025, 10:11 Uhr
Wenn Luciano Spalletti über die großen WM-Duelle von Italien gegen Deutschland spricht, dann funkeln seine Augen. Das Jahrhundertspiel 1970 in Mexiko, das Endspiel 1982 in Madrid - und natürlich das Halbfinale 2006 in Dortmund: "Wunderschöne Partien" waren das, sagt der Trainer der Azzurri und sieht vor dem inneren Auge Alessandro Del Piero, der im Westfalenstadion nach dem 2:0 in der Verlängerung jubelnd abdreht.
"Wir alle haben gehofft, dass dieser Lauf damals von Del Piero nie enden würde. Wir alle wollten weiterlaufen, mit ihm, mit der Fahne in der Hand, um den Tisch oder den Fernseher herum", erzählt Spalletti. Bildreich schwärmen und in Erinnerungen schwelgen, das können die Italiener und auch ihr Auswahlcoach.
Comeback nach EM-Schreck: "Auf dem richtigen Weg"
Doch nun stehen die Azzurri - mal wieder - vor der profanen Aufgabe, Boden gutzumachen im Vergleich zu den Topnationen. Wie es um Spallettis Fußball-Nationalmannschaft knapp neun Monate nach dem peinlichen Achtelfinal-Aus bei der EM steht, das wird sich diese Woche zeigen. "Wir sind auf dem richtigen Weg", findet der Coach vor den Duellen im Viertelfinale der Nations League gegen das DFB-Team. "Ist das wahre Italien wieder da? Deutschland wird es zeigen", schrieb die "Gazzetta dello Sport".

Italien will zum dritten Mal nacheinander ins Final Four dieses Wettbewerbs und im Hinspiel am Donnerstag (20.45 Uhr/ARD) in Mailand dafür den Grundstein legen. Drei Tage danach fällt die Entscheidung im Rückspiel in Dortmund. Also ausgerechnet dort, wo 2006 Italiens Tore von Fabio Grosso und Del Piero die WM-Gastgeber geschockt und zugleich Edelfan Spalletti so verzückt hatten.
Buffon von seinen Nachfolgern überzeugt
Fußball-Heroen der Marke Del Piero, Cannavaro, Totti, Pirlo, Gattuso, Toni oder Inzaghi haben die Azzurri derzeit nicht. Für etwas goldenen WM-Glanz sorgt noch Gianluigi Buffon, einst Super-Torwart und heute Sportchef. Der 47-Jährige ist überzeugt von seiner Truppe. "Italien hat ein ultra-konkurrenzfähiges Team mit einem schlauen, charismatischen Trainer Luciano Spalletti und mit Profis, die in jeder Nationalelf spielen würden", sagte Buffon dem "Kicker".

Den Euro-Schreck von 2024 hat der viermalige Weltmeister fürs Erste verdaut. In der Gruppenphase der Nations League überzeugte Italien gegen Frankreich und Belgien mit phasenweise erfrischendem und mutigem Fußball.
Identitätssuche im laufenden Betrieb
Spalletti hat Stammspieler und Leistungsträger wie Inter Mailands Nicolò Barella, Alessandro Bastoni und - den diesmal verletzten - Federico Dimarco, Sandro Tonali aus Newcastle sowie PSG-Torhüter Gianluigi Donnarumma. Dazu kommen Shootingstars wie Juventus-Profi Andrea Cambiaso, um den sich zuletzt sogar Pep Guardiola und Manchester City intensiv bemüht hatten. Auch ein Maldini ist dabei, nämlich Daniel, der Sohn von Legende Paolo Maldini.
𝑵𝒂𝒛𝒊𝒐𝒏𝒂𝒍𝒆 🇮🇹
— Nazionale Italiana ⭐️⭐️⭐️⭐️ (@Azzurri) March 14, 2025
📋💙 La lista dei 25 convocati del Ct Luciano Spalletti per i playoff di Nations League contro la Germania 🙌🏻 #Nazionale #Azzurri #VivoAzzurro pic.twitter.com/s1O2jj5I1H
Bei der EM hatte Spalletti die Spieler noch überfordert mit all seinen Ideen und Plänen. Er bat um Entschuldigung, künftig will er das Team besser mitnehmen. "Wir suchen noch unsere Identität", sagt er und meint damit das Rezept für einen Erfolg in der Nations League und in der WM-Qualifikation.
WM-Mission steht über allem für den Botschafter des Calcio
Nach zwei verpassten Weltturnieren ist das Ticket für Amerika 2026 die große Mission des Commissario Tecnico. Die Deutschland-Spiele sind auch deshalb so wichtig für Spalletti, weil der Sieger in der WM-Quali in eine Vierergruppe kommt und somit erst im Herbst - und nicht schon im Juni - loslegt.
Einen "offenen Fußball, freien Fußball, totalen Fußball" wünscht sich der Coach aus der Toskana, der immer wieder betont, dass Nationaltrainer zu sein viel mehr als nur ein Job ist. Spalletti sieht sich als Botschafter des Calcio.
Mit viel Pathos ins Final Four - und dann nach Amerika
Deshalb müsste die Squadra Azzurra 2026 in Mexiko, Kanada und den USA dabei sein. "Schließlich sind dort so viele Landsleute von uns, die unsere Fahne schwenken, so wie das Foto eines Sohnes in der Brieftasche, den sie lange nicht gesehen haben, weil sie fern von daheim arbeiten." Das ist der Pathos, mit dem Luciano Spalletti seine Fußballer zum Erfolg über Deutschland führen will.