Geisterspiele: "Nicht vertretbar" oder ein notwendiges Übel?

18.4.2020, 13:38 Uhr
Geisterspiele:

Der größte Widerstand kam just von jenen, die den Fußball eigentlich als eine Art Lebensinhalt begreifen und seine (und ihre eigene) Bedeutung dabei gerne auch mal etwas überhöhen. Dass die oft – und nicht immer zu Unrecht – geschmähten Ultras aber durchaus über den Stadionrand hinauszublicken vermögen, zeigt sich wieder einmal in der Corona-Krise.

"Die Wiederaufnahme des Fußballs, auch in Form von Geisterspielen, ist in der aktuellen Situation nicht vertretbar – schon gar nicht unter dem Deckmantel der gesellschaftlichen Verantwortung. Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne", heißt es in einer Erklärung des Zusammenschlusses "Fanszenen Deutschland", die von den Ultra-Gruppierungen der Vereine verbreitet wurden, in Nürnberg etwa auf dem Portal "Faszination Nordkurve".

Es geht auch um soziale Verantwortung

Weiter steht dort zu lesen: "Eine baldige Fortsetzung der Saison wäre blanker Hohn gegenüber dem Rest der Gesellschaft und insbesondere all denjenigen, die sich in der Corona-Krise wirklich gesellschaftsdienlich engagieren." Den Kurven geht es bei ihrem programmatischen Protest in erster Linie also gar nicht darum, dass der Fußball, sollte der Betrieb in Bundesliga und zweiten Liga tatsächlich demnächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit wieder aufgenommen werden, seiner Seele beraubt würde. Oder er gar einen "Kulturverlust" erlebe, wie es Michael Gabriel, Chef der Koordinationsstelle Fanprojekte, im Spiegel prognostizierte.

 

Vielmehr mahnen die kritischen Geister auf den Rängen die soziale Verantwortung einer Wachstumsbranche an, die der traurigen Realität dieser Tage bisweilen seltsam entrückt zu sein scheint. Angesichts der gesamtgesellschaftlichen Probleme und Herausforderungen dürfe es keine "Lex Bundesliga" geben, mahnen die Fanszenen. "Schlicht absurd" finden sie die Idee, bei allen Profis in hoher Frequenz Massenuntersuchungen auf das Coronavirus durchzuführen, wo doch "seit Wochen über einen Mangel an Kapazitäten bei Covid-19-Tests berichtet wird".

Ausreichende Testkapazitäten

Zweifellos eine konsensfähige Meinung, die etwa beim Club so oder ähnlich auch schon Trainer Jens Keller und Aufsichtsratschef Thomas Grethlein formuliert haben. Allerdings betonte nun der Berufsverband "Akkreditierte Labore in der Medizin", dass er bei Geisterspielen keinerlei Kapazitätsprobleme erwarte. Auch der Leipziger Virologe Uwe G. Liebert hielt in einem Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung umfassende Tests in der Bundesliga und auch eine nötige Isolation der Spieler und Betreuer zumindest vor den Partien durchaus für realistisch.

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