Gescheiterter FCN: Limitiert oder doch zu ängstlich?
24.5.2016, 14:14 Uhr"Es gibt doch einen Gott." Haris Seferovic beschwor nach dem nervenaufreibenden Rückspiel den Glauben an höhere Mächte. Seiner Meinung nach wurde der Gerechtigkeit Genüge getan, weshalb es eine allüberwachende, leitende Instanz hochoben geben müsse. Der einfache Grund für Seferovics Rückfindung: "Die bessere Mannschaft hat gewonnen."
Das hat sie tatsächlich. Das sahen sogar die am Boden zerstörten Nürnberger so. "Frankfurt war besser", gestanden Georg Margreitter und Ondrej Petrak unisono ein, Miso Brecko und Hanno Behrens bekundeten ebenfalls, dass die Hessen "spielerisch besser" waren.
"Die Spieler haben alles probiert, aber sie konnten sich einfach nicht durchsetzen. Punkt. Schluss. 180 Minuten haben wir es nicht geschafft, uns gegen die Abwehr und gegen die Gegenspieler durchzusetzen und für richtig Torgefahr zu sorgen", räumte FCN-Trainer René Weiler das Scheitern offen ein.
Leidenschaft, Kampf, Einsatz und geschlossenes Verteidigen sind Grundtugenden, und diese lebte der Club bemerkenswert vor. Bemerkenswert war aber ebenfalls, wie wenig spielerisch beim FCN zusammenging, wie ideen- und harmlos der Club agierte, wie wenig er sich zutraute.
Ballbesitz war kaum vorhanden (rund 33 Prozent), Schüsse auf das Tor wurden keine abgegeben. Wer in 180 Minuten keinen einzigen (!) Schuss auf das gegnerische Tor zusammenbringt, darf sich nicht wundern, wenn er nächstes Jahr wieder gegen Sandhausen und Heidenheim spielen darf statt gegen Dortmund und die Bayern.
Im Hinspiel ein 1:1 erreichen, ohne selbst einen Schuss aufs Tor abzugeben, ist wahrlich ein Kunststück, da wurde der Club vom Glück begünstigt, Seferovic fiel da wohl etwas von seinem Glauben ab. Im Rückspiel vor heimischer Kulisse dieses Kunststück aber zu wiederholen, spricht dann doch Bände. Für einen Aufstieg in die Eliteklasse braucht es mehr als nur Hingabe und Leidenschaft.
Mit wie wenig Fußball möchte Nürnberg eigentlich in die Bundesliga kommen? #FCNSGE
— christoph biermann (@chbiermann) 23. Mai 2016
Dabei kann es der Club doch viel besser, wie er in 34 Spieltagen in Liga zwei bewiesen hat, teilweise in eindrucksvoller Manier. Spielerisch war der FCN freilich nicht immer über jeden Zweifel erhaben, und doch machte er fußballerische Unzulänglichkeiten oftmals durch mutigen, stürmischen und wuchtigen Fußball wett - gerade Zuhause.
Insgesamt als auch im heimischen Stadion schoss der FCN die zweitmeisten Tore (68 respektive 33) aller Teams, nur Zweitligameister Freiburg (75 und 47) erzielte mehr. Auch die zweitbeste Punkteausbeute (38) holte der heimstarke Club vor seinen treuen Anhängern, auch hier war lediglich Freiburg etwas besser (41 Zähler).
Genügend Selbstvertrauen und Angriffswucht hätten bei Weilers Elf also eigentlich vorhanden sein müssen. Und doch gab man den Ball zu oft an die Frankfurter ab, verzichtete auf ein konstruktives Aufbauspiel und lauerte auf (dann nie gut ausgespielte) Konter oder schlug die Bälle gleich ins Nirvana. Die Frage darf erlaubt sein, ob Weiler hier nicht die falsche Taktik gewählt hat, ob er den FCN nicht mit mehr Selbstbewusstsein und vor allem -vertrauen in die eigene Stärke aufstellen hätte sollen.
Ein bedrohlicher, übermächtiger Angstgegner war die Eintracht schließlich nicht, fußballerisch limitiert und sicherlich verunsichert waren die Hessen ebenfalls. In die Rolle des (vermeintlich) chancenlosen Außenseiters begab sich der Club aber trotzdem.
Im Hinspiel ging's gerade noch so gut, im Rückspiel dann nicht mehr. Bundesliganiveau strahlte der FCN in den beiden Entscheidungspartien nur in niederen fußballerischen Segmenten aus, beim Spiel mit dem Ball stieß er klar an seine Grenzen. "Wir haben zu wenig gemacht, um hier ein Tor schießen", erkannte schließlich auch FCN-Kapitän Brecko. Die Frage, die bleiben wird: Warum eigentlich?
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