HCE-Coach Frank Bergemann: "Ich bin der größte Optimist"
28.9.2013, 13:20 UhrFrank Bergemann ist gerade auf dem Sprung in den Unterricht. Der Sportlehrer bringt seinen Schülern Schwimmen bei, Turnen, Leichtathletik und manchmal, da lässt er sie auch Handball spielen. Ob nun die Schule oder der Handball Nebenjob ist, lässt sich bei Bergemann schlecht sagen, leidenschaftlich gern macht er beides.
Herr Bergemann, Ihre Mannschaft ist mit drei Siegen hervorragend in die Zweitligasaison gestartet, nur in Hildesheim wurde verloren.
Bergemann: Ich finde, wir sind nicht toll, sondern moderat gestartet. Wir haben versucht, in die Saison gut reinzukommen, das ist uns gelungen.
Viele Fans sprechen jetzt schon vom Aufstieg.
Bergemann: Warum? Die Fans dürfen gern euphorisch sein, aber man muss auch realistisch bleiben. Die Liga ist sehr, sehr ausgeglichen besetzt, und wir werden in ein paar Wochen sehen, wohin die Reise geht.
Immerhin hat sich der HC Erlangen hervorragend verstärkt mit ehemaligen Erstligaspielern und sogar einem Ex-Nationalspieler.
Bergemann: Ja, aber wir haben auch viele Leute verloren. Die Münchs, einen Hansen, einen Daniel Stumpf, einen Andreas Bayerschmidt. Wir haben lediglich versucht, alle zu ersetzen. Deswegen ist doch der Aufstieg nicht automatisch Thema.
Schon in der Vorbereitung hat sich aber doch angedeutet, dass da heuer viel möglich ist.
Bergemann: Langsam. Wir sind am Anfang einer Findungsphase. Die Vorbereitung war gut, die Gegner ambitioniert. Die Mannschaft hat sehr hart gearbeitet, um zueinander zu finden.
Das heißt, das Saisonziel von Frank Bergemann ist, dass die Mannschaft sich findet.
Bergemann: Nein, wir wollen erfolgreich Handball spielen, gar keine Frage. Aber wir müssen doch erstmal reinkommen. Fragen Sie mich in sechs bis acht Wochen, dann können wir schauen, wo es hingehen kann. Dass wir ehrgeizig sind und etwas erreichen wollen, ist klar. Aber wir haben einen Umbruch im Team.
Der immerhin mit erfahrenen, ehemaligen Top-Spielern stattfindet.
Bergemann: Natürlich haben wir erfreulicher Weise Spieler bekommen, die einen anderen Führungsanspruch haben. Aber das unterschiedliche Systemdenken muss erst zu einer Einheit werden. Und wir müssen der Mannschaft überhaupt erst die Chance geben zu wachsen.
Wenn Hildesheim der erste Gradmesser gewesen ist, was ist die Erkenntnis aus dieser Niederlage?
Bergemann: Dass die Mannschaft sehr bereit und ehrgeizig ist und sich sehr zielorientiert präsentiert. Aber es ist auch so, dass wir eine völlig neue Hierarchie im Team haben, die sich erst noch bilden muss. Und es fehlt noch an den Automatismen. Viele Spieler müssen bei uns eine neue Aufgabe übernehmen.
Zum Beispiel?
Bergemann: Naja, ein Sebastian Preiß zum Beispiel kommt aus einem anderen System und muss sich erst einmal zurechtfinden. Auch ein Ole Rahmel muss sich mit der Aufgabe, mehr aus dem Rückraum zu kommen, anfreunden, da ist er wichtiger für uns. Und das alles in einem neuen System.
Was ist an dem Erlanger System so besonders?
Bergemann: Das hat sich über Jahre hinweg entwickelt. Die Standardformationen wie Fünf-Eins oder Drei-Zwei-Eins haben veränderte Elemente, wie es für einen Großteil der Spieler am besten war. Zugeschnitten auf die Typen, die wir haben. Die müssen wir jetzt wieder neu modifizieren.
Also lebt das Bergemann-System davon, dass es sich ständig verändert.
Bergemann: Das ist nicht „mein“ System. Aber: Natürlich, wenn wir so viele neue Elemente dazubekommen, wollen wir erst einmal auf das Bewährte setzen. Wir setzen nicht alles neu auf. Das geht gar nicht.
Wenn die Automatismen noch fehlen, bedeutet das ja auch: Das Potential der Mannschaft ist nicht ausgeschöpft. Was ist dann langfristig das Ziel?
Bergemann: (lacht) Jetzt sind wir wieder beim Ziel. Es reden so viele außenrum über Ziele, das bringt uns nicht weiter. Wir wollen so viele Spiele gewinnen, wie es geht. Aber wir müssen nicht schon an Dinge denken, die an Weihnachten sein werden.
Das heißt: Sie sind ...
Bergemann: ... ich bin kein Pessimist, fangen Sie ja nicht damit an. Ich bin der größte Optimist, der ’rumläuft.
Trotzdem sträuben Sie sich, ein ambitioniertes Saisonziel auszusprechen.
Bergemann: Nein, ich sträube mich nicht. Ich frage mich nur, warum wir es tun sollten. Auch Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden.
Sie sind jetzt die siebte Saison beim HC Erlangen. Befriedigt das, immer nur eine gute Rolle zu spielen? Will man nicht den nächsten Schritt machen?
Bergemann: (lacht) Wir sind im ersten Jahr aufgestiegen – niemand hat damit gerechnet. Im zweiten Jahr haben wir die Klasse gehalten – niemand hat damit gerechnet. Im dritten Jahr haben wir eine überragende Rolle gespielt; im vierten haben wir uns für die einteilige zweite Bundesliga qualifiziert – niemand hat es uns zugetraut. Wir spielen da eine überragende Saison, haben daran im letzten Jahr angeknüpft und heuer die Möglichkeit, eine Basis aufzubauen und uns wieder weiterzuentwickeln. Wo soll ich da unzufrieden sein?
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