Historisches Heim-Debakel: HSV überrollt harmlosen Club
5.8.2019, 22:25 UhrEin besonderes Vergnügen war es bislang im Jahr 2019 nicht, dem 1. FC Nürnberg beim Fußball zuzuschauen. Unter anderem gelang dem Club nur ein einziger Erfolg im Max-Morlock-Stadion, weshalb man im beginnenden Sommer sehr folgerichtig aus der ersten Bundesliga abgestiegen war. Jetzt, im zu Ende gehenden Sommer, spielt man also wieder Zweitliga-Fußball – und zeigten die Fans bei der ersten Gelegenheit, dass sie da keinen großen Unterschied machen. 44.497 Zuschauer waren zur Heimpremiere von Trainer Damir Canadi gegen den Hamburger Sportverein gekommen und verließen die Veranstaltung mit dem Eindruck, dass auch der 1. FC Nürnberg keinen großen Unterschied macht zwischen den Ligen.
Beim 0:4 (0:2)-Debakel sah der 1. FC Nürnberg gegen einen soliden HSV nicht aus wie eine Mannschaft, die am Ende dieses Fußballjahres zurückkehrt in die erste Liga. Nach dem mühsamen 1:0-Auftakterfolg bei Dynamo Dresden war dieser eigentlich nette Sommerabend ein weiteres Beleg dafür, dass Canadis Umbauarbeiten nach dem Abstieg noch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen dürften.
Zwei Wechsel beim Club
Nürnbergs Trainer hatte seine Formation auf zwei Positionen verändert im Vergleich zur Partie bei Dynamo. Oliver Sorg ersetzte Enrico Valentini und Iuri Medeiros rückte bei seinem Debüt für den Club anstelle von Mikael Ishak in die Mannschaft. "Medeiros bringt Kreativität mit und kann den finalen Pass spielen. Jetzt müssen wir sehen, wie er sich im Spiel gibt", ließ Canadi vor Anpfiff ausrichten. Tatsächlich gab sich Medeiros dann zu Beginn zumindest in Ansätzen und im Zusammenspiel mit Nikola Dovedan und Robin Hack kreativ, einzig zum finalen Pass kam es nicht gegen eine robuste Viererkette der Gäste.
In der stand wenig überraschend auf der linken Seite Tim Leibold, der sich mit seinem Wechsel aus Nürnberg nach Hamburg rund um den Club wenig Freunde gemacht hat. Ein gar nicht so leiser Teil des Club-Anhangs pfiff Leibold munter aus, wann immer der am Ball war. Dummerweise gab sich Leibold davon unbeeindruckt, forderte den Ball und setzte ihn dann gewinnbringend ein für seine neue Mannschaft.
Dudziak eröffnet den Torreigen
Ein erstes Mal war das nach zwölf Minuten so: Der aufgerückte Leibold spielte so etwas ähnliches wie einen finalen Pass und Jeremy Dudziak sorgte mit seinem Treffer aus 16 Metern für einen ersten Stimmungsabfall im Max-Morlock-Stadion. Eine wirkliche Nürnberger Reaktion blieb in der Folge aus – wenn man einen deutlichen Verlust an Selbstvertrauen nicht als Reaktion betrachten mag. Dieter Hecking, der noch als Trainer von Borussia Mönchengladbach mit einem 4:0-Auswärtserfolg den Abstieg der Nürnberger besiegelte hatte, konnte sich an seinem neuen Arbeitsplatz auf der HSV-Bank entspannt zurücklehnen.
Erst nach einer halben Stunde musste er mal wieder aufspringen. Da war kurz zuvor nämlich wieder Leibold auf einem seiner Ausflüge in die Nürnberger Hälfte gefoult worden und hatte Sonny Kittel kurz darauf einen Freistoß direkt ins Netz des Nürnberger Tores befördert.
Früher Wechsel
Canadi hatte nun genug, brachte mit Ishak einen echten Angreifer, nahm Lukas Jäger vom Platz und stellte um von einer Dreier- auf eine Viererkette. Vorerst brachte das wenig und aus dem ersten Durchgang blieb aus Nürnberger Sicht nicht viel mehr in Erinnerung als ein schimpfender Canadi an der Seitenlinie.
Immerhin: Ein Teil von Canadis Emotionen übertrug sich in der Pause offenbar auf seine Spieler. Mit im ersten Durchgang nicht gesehener Aggressivität versuchte der Club im zweiten Durchgang, sich das Spiel doch noch zu seinem zu machen. Es gelang nicht.
Ex-Fürther Narey trifft
Der HSV ließ Nürnberg ein wenig gewähren und machte dann nach etwas mehr als einer Stunde ernst. Nach 67 Minuten verhinderte Christian Mathenia das 0:3 mit grandiosen Paraden gegen die Versuche von Lukas Hinterseer und Khaled Narey und vier Minuten später übernahm Narey frei vor Mathenia mit einem schwachen Abschluss dessen Job. Weil der HSV jetzt aber wieder erfahren hatte, wie zerbrechlich der Nürnberger Widerstand daherkam, durfte es Narey ein drittes Mal versuchen und traf aus 16 Metern zum 3:0 für die Gäste.
Als Nareys Schuss im Netz landete, hatte Canadi bereits Sebastian Kerk und Federico Palacios aufs Feld geschickt. Damit standen nun sieben Spieler auf dem Platz, die im Sommer den Abstieg mitgemacht hatten. Sie sahen in dieser Zusammenstellung zum großen Unglück der Zuschauer aber auch nicht anders aus als die mit vielen Neuzugängen bestückte Startelf. Stattdessen kassierten sie noch ein viertes Tor. Sie sahen aus wie der 1. FC Nürnberg des Jahrgangs 2019 - und noch ein bisschen schlimmer. Das 0:4 bedeutete zugleich die höchste Heim-Niederlage in der Nürnberger Zweitliga-Geschichte.
1. FC Nürnberg: Mathenia - Margreitter, Erras, Sörensen - Sorg, Handwerker, Behrens, Jäger (36. Ishak), Medeiros (68. Kerk), Dovedan - Hack (68. Palacios)
Hamburger SV: Heuer Fernandes – Gyamerah, Jung, van Drongelen, Leibold – Fein – Hunt, Dudziak (74. Kinsombi) – Jatta (65. Narey) , Hinterseer, Kittel (82. Samperio)
Tore: 0:1 Dudziak (12.), 0:2 Kittel (30.), 0:3 Narey (72.), 0:4 Handwerker (81., Eigentor) | Gelbe Karten: Handwerker - Dudziak | Schiedsrichter: Harm Osmers (Hannover) | Zuschauer: 44.497
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