Hochgefühl im Hardtwald: Fürth macht weiter Fortschritte
13.12.2020, 16:04 Uhr"Echt anders". Dieses Motto haben sie sich beim SV Sandhausen gegeben. Am Freitagabend gegen 20.19 Uhr sahen die besten Fußballer des Vereins allerdings ziemlich genau so aus wie die meisten Fußballer, die in dieser Saison bisher gegen die Berufskollegen der SpVgg Greuther Fürth angetreten sind: ziemlich überfordert.
Schon während der Partie hatte sich Jürgen Machmeier, der Sandhäuser Vorstandschef, auf der Tribüne des Hardtwaldstadions so in Rage geschimpft, dass ihm immer wieder der Mund-Nasen-Schutz bedenklich verrutschte, nach dem Premierentreffer von Dickson Abiama zwei Minuten vor Schluss schien auch er zu akzeptieren, dass es in dieser Runde eher schwierig werden könnte mit einem einstelligen Tabellenplatz.
Einstellig - oder deutlich mehr?
Was diese Spielzeit noch für das Kleeblatt bereithält, lässt sich nach elf Spieltagen natürlich noch nicht mit endgültiger Sicherheit prognostizieren; ein einstelliger Tabellenplatz ist am Freitag aber wieder ein Stück wahrscheinlicher geworden – gut möglich, dass es auch deutlich mehr wird.
Platz zwei ist es nun nach dem ersten Saisondrittel, die vorangegangene Spielzeit hatte Fürth auf Platz neun abgeschlossen. Am Ende der Sommerpause legte Manager Rachid Azzouzi beim Trainingsauftakt den Spielern nahe, sich doch öfter mal für den enormen Aufwand zu belohnen; „den nächsten Schritt“ wolle man machen, sagte er. Jetzt spricht viel dafür, dass die Mannschaft von Stefan Leitl vielleicht sogar zwei Schritte nach vorne macht.
Leitl: "Die erhoffte Reaktion"
"Wir sind froh, dass das taktische Konzept so aufgegangen ist", stellte der Trainer am Freitag nach dem sehr verdienten 3:0-Sieg relativ nüchtern fest, nachdem er seine Startformation nach Wochen der Kontinuität doch etwas großzügiger umgestaltet hatte: drei Wechsel, dazu die Umstellung von Vierer- auf Dreierkette – das Personal nahm es gelassen hin und verrichtete unaufgeregt seinen Dienst. Die „erhoffte Reaktion“ auf das 0:1 gegen Heidenheim in der Vorwoche sei es gewesen, sagte Leitl und ließ zumindest ein bisschen die gestiegene Erwartungshaltung durchschimmern.
Nach dem kleinen Rückschritt gegen sehr stabile Heidenheimer hatten die fränkischen Berufspessimisten unter den Anhängern ja schon wieder ein Ende des Fürther Höhenflugs prognostiziert; taktisch zu berechenbar sei die Mannschaft über die vorausgegangene Erfolgsserie geworden, hieß es, das Aufgebot nicht tief genug, um Ausfälle zu kompensieren.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
In Sandhausen nutzten dann sowohl Leitl als auch seine Spieler die erste Gelegenheit, um die Kritiker zu widerlegen und ihr neues Selbstbewusstsein vorzuführen. Von Beginn an übernahmen die Gäste "das Kommando und die Kontrolle" (Leitl), bereits nach sechs Minuten hatte Mergim Mavraj die gute Gelegenheit nach einer Ecke per Kopf die Führung zu erzielen, weil das aber nicht klappte, brauchte es Geduld – und den ein oder anderen Aussetzer der Gastgeber.
"Ich denke, wir haben zur richtigen Zeit die Tore gemacht", bemerkte Julian Green hinterher, der in dieser Kategorie selbst voranging und in der 30. Minute im Sandhäuser Strafraum sehr viel Zeit und noch mehr Platz hatte, um aus kürzester Distanz das 1:0 zu erzielen. Nur drei Minuten später organisierte der sehr aktive Jamie Leweling das 2:0, Dickson Abiama bewies mit seinem "sehr, sehr schönen Tor" (ebenfalls Leitl) in der 88. Minute, dass das Aufgebot vielleicht doch ein bisschen tiefer ist als manche denken.
Die Jungen überzeugen
Am Freitag trafen ein 19-Jähriger (Leweling) und ein 22-Jähriger (Abiama), der vergangene Saison noch in der Bayernliga gekickt hat, für Fürth, ein weiterer 22-Jähriger (Stach) gab ein sehr souveränes Debüt in der Startelf. Hinten hielt der nicht mehr ganz so junge Mavraj mit einem 22-Jährigen (Jaeckel) und einem erst 20-Jährigen (Bauer) den Laden auch dann zusammen, als es kurz vor der Pause und nach dem Seitenwechsel mal etwas brenzliger wurde.
Echt anders? Im Vergleich zur Konkurrent in der Ligaspitze ja, bei der Spielvereinigung ist es fast schon Alltag.
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