Hockey-Frauen der HGN müssen schwierigen Umbruch meistern

03.10.2010, 19:33 Uhr
Hockey-Frauen der HGN müssen schwierigen Umbruch meistern

© Wolfgang Zink

Kann solch ein Ort tatsächlich Geister beheimaten? Er kann. Auf dem Hockeyplatz mühen sich elf Spielerinnen der HG Nürnberg im Zweitliga-Spiel gegen Aufsteiger ATV Leipzig. Hannah Krüger ist nicht darunter. Sie ist trotzdem allgegenwärtig. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga verließ die Nationalspielerin ihren Heimatverein, um beim Münchner SC weiter in der Beletage spielen zu können. Die Buchenbühlerinnen verloren mit Krüger nicht nur ihre beste Spielerin, sie mussten fortan ohne ihre Kapitänin, Spielgestalterin und unumstrittene Anführerin auskommen. Es war, als hätte man der HGN das Herz herausgerissen.

Das hört sich drastisch an, bedeutet im Sport allerdings nicht das Ende. Stattdessen macht das deutlich harmlosere Wort „Umbruch“ die Runde. In Buchenbühl haben sie nach Krügers schmerzhaftem Abschied zwar keine existenziellen Nöte, weil aber mit Jana Schwarzer und Sandra Rupprecht zwei Top-Spielerinnen derzeit verletzt nur zuschauen können, mutiert der Umbruch zur Mammutaufgabe. Mit einem Sieg und einer Niederlage waren die Nürnbergerinnen durchaus passabel in die Saison gestartet, gegen Leipzig offenbarte sich jedoch, welch tückische Fallen auf eine junge Mannschaft lauern, die sich neu erfinden muss, die neu gestimmt werden muss wie ein seit Jahren nicht mehr benutztes Klavier.

Ein Tag, an dem nichts gelingen wollte

Bei der 0:3-Niederlage hätte die HGN wohl noch bis in die Abendstunden hinein spielen können, sie hätte kein Tor erzielt. Zwei Gegentore in einer völlig verschlafenen Anfangsphase schienen den Buchenbühlerinnen all das Selbstvertrauen auszusaugen, das sie beim 2:0-Sieg eine Woche zuvor gegen Eintracht Frankfurt gesammelt hatten. In der zweiten Hälfte rannte Nürnberg verzweifelt an, stieß immer wieder in den Schusskreis vor und verzettelte sich dort hoffnungslos. „Umbruch hin oder her, wenn wir die Liga halten wollen, müssen wir uns anders präsentieren“, spart Trainer Sepp Müller nicht mit Kritik. „Es können in dieser Saison bis zu drei Mannschaften absteigen, da ist eine Niederlage gegen einen Aufsteiger natürlich enorm ärgerlich.“
Den unerfahrenen Nürnbergerinnen fehlt es nicht an Talent, wohl aber an psychischer Stabilität. „Wenn die Mannschaft in Rückstand gerät, knickt sie schnell ein. Da ist dann auch niemand, der die anderen antreibt. Das ist mir viel zu ruhig“, legt Müller den Finger in die Wunde.

Und auf einmal ist sie wieder ganz präsent, Hannah Krüger. „Früher konnten sich die anderen hinter Hannah verstecken. Jetzt müssen sie Verantwortung übernehmen“, verweist der Coach auf einen Prozess, der noch in den Kinderschuhen steckt. Rückkehrerin Sabrina Lechler hätte das spielerische Vermögen, um als Führungsspielerin voranzugehen, doch auch sie schafft das nicht von heute auf morgen. „Ich versuche ja, Verantwortung zu übernehmen“, sagt sie beinahe entschuldigend und erklärt sich den desolaten HGN-Auftritt mit mentalen Problemen. „Die Einstellung hat nicht gestimmt. Das war schon beim Einspielen spürbar.“

Hockey-Frauen der HGN müssen schwierigen Umbruch meistern

© Wolfgang Zink

Am Potenzial liegt es nicht. Im Nachwuchsbereich mag zwar kein Ausnahmetalent wie Krüger schlummern, Spielerinnen wie die erst 17-jährige Laura Waimer oder die dynamische Annika Biermann (19) – gestern die beste HGN-Angreiferin – geben jedoch zweifellos ein schönes Versprechen an die Zukunft ab. „Ich weiß, dass die Mädels es besser können“, findet denn auch Müller zu einem gesunden Trotz zurück. Torhüterin Maja Kolonic hat da noch an der Niederlage zu knabbern. Ihr Blick wandert ins Leere, die Miene ist angespannt. „Wir sind wie eine Wundertüte. Wenn wir reingreifen, erwischen wir manchmal einen guten Tag, manchmal aber auch einen völlig gebrauchten Tag. Uns geht die Konstanz völlig ab.“

Mit 30 Jahren ist sie eine Spielerin, die auf und abseits des Platzes Führungsqualitäten verkörpert, als Torhüterin ist ihr Einfluss im Spiel allerdings eher gering. Kolonic glaubt aber an die Qualität dieses Teams. „Wir müssen nur endlich den Arsch hochkriegen.“ Eine klare Ansage. Zu viel Idylle hat noch niemandem genützt.