Keller, FCN und Corona: "Man sucht für sich nach Lösungen"
30.3.2020, 06:30 UhrDer Trainer des 1. FC Nürnberg hat gerade Zeit, richtig viel Zeit sogar. Jedenfalls mehr Zeit, als ihm lieb ist. Es entwickelt sich ein Telefonat mit zentralem Themenschwerpunkt: Die globale Corona-Krise setzt auch Jens Keller schwer zu. Während der zweiwöchigen Quarantäne beschäftigte er sich intensiv vor allem mit möglichen Folgen der Pandemie, musste aber, auch wenn es ihm nicht immer leicht fiel, natürlich parallel seinen beruflichen Pflichten als Chef einer Fußballmannschaft nachkommen. Die er, so hofft er jedenfalls, zeitnah wieder um sich versammeln darf.
Herr Keller, wie geht es einem so, als Fußballtrainer ohne Fußballmannschaft?
Jens Keller: Es ist mein Job, deshalb beschäftigt es mich schon, wobei wir uns da aktuell natürlich in einem ganz kleiner Kosmos bewegen. Es beschäftigen mich auch sehr viele andere Dinge. Aber klar, man macht sich Gedanken, wie man gerade jetzt mit der Mannschaft umgehen sollte. Da ist man eigentlich ständig irgendwie am Analysieren, wie man es optimal lösen kann. Obwohl es für diese neue und unbekannte Situation noch keinen fertigen Lösungskatalog gibt, versucht man trotzdem für sich, eine Lösung zu finden.
Was ging Ihnen während der räumlichen Isolierung denn alles so durch den Kopf?
Keller: Mir ging unter anderem durch den Kopf, dass ich in meinem Leben nichts anstellen werde, wofür ich ins Gefängnis gehen müsste. Aber im Ernst: Die Corona-Krise beschäftigt einen doch sehr, gar keine Frage. Man kriegt natürlich auch wahnsinnig viele Informationen, macht sich Gedanken, wie das alles so weitergehen könnte, was noch alles passiert. Klar ist man auch ständig mit dem Thema konfrontiert durch die Medien, aber das ist für alle ganz, ganz schwierig.
Was hat Sie während der zweiwöchigen Quarantäne mehr beschäftigt: die allgemeine Ohnmacht wegen der Pandemie oder die persönliche Ohnmacht, ihren Beruf nicht wie gewohnt ausüben zu können?
Keller: Um mich persönlich geht es jetzt überhaupt nicht. Es geht darum, dass die ganze Welt vor einem Riesenproblem steht. Das wühlt mich deutlich mehr auf. Auf der Welt gibt es gerade größere Probleme als die Frage, ob Jens Keller seinen Job ausüben kann.
Haben Sie Kontakt gehalten zu Ihren Spielern, also zu jedem Einzelnen? Sprich: 20, 25 Telefonate am Tag? Wie muss man sich das vorstellen?
Keller: Selbstverständlich haben wir Kontakt gehalten, wir haben verschiedene Chat-Gruppen und auch mal eine Videokonferenz einberufen. Aber im Prinzip kann man da jetzt sowieso nicht allzu viel erzählen. Jeder ist mit der Situation genug beschäftigt, deshalb glaube ich nicht, dass es Sinn haben würde, jeden Tag mit allen zu telefonieren.
Was vermissen Sie vom Fußball gerade am meisten, neben den Journalisten?
Keller: Eigentlich nur die Journalisten. Nein, was ich vermisse ist natürlich die Arbeit mit den Jungs, auf dem Platz zu stehen. Der Job macht mir einfach unheimlich viel Spaß, mit den Jungs etwas zu erarbeiten, das vermisse ich natürlich. Auch jeder einzelne Spieler wäre froh und glücklich, wenn er wieder Fußball spielen dürfte. Aber wie gesagt: Aktuell gibt es größere Probleme als die Frage, wann bei uns wieder Normalität einkehrt.