Klewer: Vom Pokalheld zum Mentor für die Torwart-Azubis

20.12.2010, 13:58 Uhr
Klewer: Vom Pokalheld zum Mentor für die Torwart-Azubis

© Zink

Die Geschichte von Daniel Klewer kennt jeder, der sich für Fußball interessiert. Sie ist auch zu schön. Es war der 27. Februar 2007, Klewers Tochter Charlott wurde ein Jahr alt – und der 1.FC Nürnberg spielte im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Hannover 96. Im Achtelfinale gegen Unterhaching hatte Klewer Vereinsgeschichte geschrieben: Er hielt, im Elfmeterschießen, vier von fünf Bällen. Natürlich würde Klewer, eigentlich die Nummer zwei, auch gegen 96 spielen. Dachte jeder. Daniel Klewer auch.

Aber dann spielte die Nummer eins. „Verdammt“, dachte der loyale Klewer ausnahmsweise: „Jetzt bist am Geburtstag deiner Tochter nicht zu Hause – und spielen darfst du auch nicht.“ Aber dann begann die Geschichte noch einmal von vorne. Nach 118 Minuten, es stand 0:0, wechselte Trainer Hans Meyer den Spezialisten ein. Wieder hielt Klewer zwei Elfmeter – und boxte Nürnberg ins Halbfinale. Im Mai holte der Club seinen ersten Titel seit 39 Jahren. Und war Daniel Klewer, die Nummer zwei, ein ganz besonderer Held dieses Pokalmärchens. Der Elfmeterkönig. Und vielleicht der bekannteste und beliebteste zweite Torwart in der langen Vereinsgeschichte dieses Clubs.

„Damit wird man mich immer verbinden“, sagt Daniel Klewer heute. Einem Torwart kann Schlimmeres passieren, und auch für Klewer waren es besondere Momente. Bloß wolle er, sagt er, nicht in der Vergangenheit leben. Mit 33 Jahren hat er das Leben vor sich – und ein neues Kapitel hat gerade erst begonnen.

Begreifen, worum es geht

Elfmeter gehören trotzdem dazu. Er konnte das immer: Elfmeter halten. „Man muss begreifen, worum es dabei geht“, sagt Klewer, „du hast als Torwart ja eigentlich keinen Druck – der Wille entscheidet, und dann muss mein Wille stärker sein.“ Gut, sagt Klewer auch, „das ist oft leicht gesagt – und dann muss man sich die Frage stellen, was es bedeutet, sich zu fokussieren, was es heißt, hundertprozentig konzentriert zu sein“.

Begreifen, worum es geht: Damit beginnt alles, das will Daniel Klewer vermitteln. Seit Juli 2010 ist er Torwarttrainer für den Nachwuchs des 1.FC Nürnberg, zuständig für vier Teams von der U16 an aufwärts. Klewer arbeitet mit Talenten, wie er selbst eines war, als Nummer eins in der B- und A-Jugend beim FC Hansa Rostock – mit dem Unterschied, dass sich der damalige Abiturient Klewer „mehr oder weniger alles selbst beibringen“ musste.

Vielleicht, überlegt Daniel Klewer, „hätte ich heute 280 statt 28 Bundesligaspiele gemacht, wenn ich in diesem Alter jemanden gehabt hätte“ – jemanden, wie es Daniel Klewer jetzt für die Nürnberger Talente sein will. Trainer. Und Mentor, wie Klewer sagt, „so sehe ich mich: als Mentor, der Spielern, die von Jugendlichen zu Männern werden, zeigt, worauf es ankommt, wie sie sich verbessern können“ – technisch, aber auch in ihrer Mentalität. „Am Ende“, meint Klewer, „wird der der beste Torwart, der das am meisten will.“

Im Grunde hat er diese Rolle schon als Profi gespielt. 2008/09, im Jahr des Wiederaufstiegs, war Daniel Klewer dritter Torwart: einerseits dem jugendlichen Neuaufbau ein bisschen zum Opfer gefallen, andererseits längst eingeplant dafür, dabei mitzuhelfen. Wer sich heute mit Daniel Klewer darüber unterhält, lernt den freundlichen, aufgeschlossenen Mann noch einmal neu kennen: als sehr ernsthaften, verantwortungsbewussten Mitarbeiter seines Vereins. „Daniel ist ein Spieler, der immer lernen wollte“, sagt Nürnbergs Sportdirektor Martin Bader, „er hat sich selbst stetig weiterentwickelt und dabei auf das Ganze geschaut, sich mit Ideen eingebracht – und sogar an seinen freien Tagen unsere jungen Torhüter trainiert.“

„Hans Meyer ist einzigartig“

Das Ende der aktiven Karriere ist deshalb kein tiefer Einschnitt gewesen. Der Neuanfang hat Klewer gereizt, „weil ich glaube, dass ich ein Talent habe, Dinge zu vermitteln“. In Nürnberg wollte er bleiben. „Ich bin ein bodenständiger Typ“, sagt der gebürtige Rostocker, „ich habe diesen Verein ins Herz geschlossen.“ Und noch immer verläuft der Übergang ein bisschen fließend. Schon im März wollte Klewer die Trainer-B-Lizenz erwerben, musste aber, weil sich Alexander Stephan verletzte, noch einmal im Bundesligateam aushelfen – wie im Herbst wieder, als Daniel Batz sich den Fuß brach. Klewer war noch einmal die Nummer drei, bis zu einer Knieoperation vor zehn Tagen.

Wenn er wieder ganz fit ist, beginnt die zweite Karriere richtig. Vorerst bis 2013 läuft der Vertrag, und der B-Lizenz soll irgendwann die ALizenz folgen. „Die erste Stufe“, sagt Klewer, sei die Arbeit mit den Torhütern, es könnte aber noch mehr daraus werden. René Müller, Torhüterlegende der DDR und heute Trainer des Nürnberger Regionalligateams, ist ein Vorbild; er könne sich vorstellen, sagt Klewer, eines Tages „auch ein ganz guter Trainer zu sein“.

„Ich verlange viel“, sagt Klewer. Viel von sich selbst und von den Torwart-Azubis, denen er helfen will, „das Optimale aus ihrem Talent zu machen – und dafür muss man Perfektionist sein“.

Wie Hans Meyer. „Hans Meyer ist einzigartig“, sagt Daniel Klewer, „er konnte die Dinge in den Köpfen der Spieler umsetzen, er hatte die Gabe, bei jedem Spieler zu erkennen, wie er tickt und darüber Mannschaften zu entwickeln – es war fantastisch, wie er das gemacht hat.“ Auf ganz besondere Weise an jenem 27. Februar 2007.
 

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