Uefa verbietet Beleuchtung
Kommentar: Rote Karte für den Regenbogen
22.6.2021, 18:09 UhrNein. Auch diesmal geht es nicht um die Frage, ob Sport politisch ist oder wie politisch Sport sein darf. Sport wird seit seiner Uraufführung von Politik vereinnahmt und missbraucht, genauso hat Sport schon immer von Politik profitiert und Politik gefallen wollen. Hymnen, Nationalmannschaften, die Entscheidung, Fußballturniere nach Katar und Ungarn zu vergeben, sich von der katarischen Fluglinie oder russischen Gasriesen bezahlen zu lassen, die Bundeskanzlerin in der Kabine – das alles ist politisch. Sport ist politisch. Politik ist nicht sportlich.
Teile der fränkischen Stadien leuchten am Mittwoch in Regenbogenfarben
Die Uefa hat der Stadt München untersagt, die Arena in Fröttmaning zum Gruppenspiel gegen Ungarn in Regenbogenfarben erstrahlen zu lassen, und begründet das mit ihrer politischen Neutralität. Vor zwei Jahren noch hatte die vorgeblich politisch neutrale Uefa selbst mit den Regenbogenfarben als Symbol für Vielfalt und Respekt gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transmenschen geworben, aber da ging es tatsächlich nicht um Politik, sondern darum, einladend auf kaufkräftige Kunden zu wirken, die sich im exklusiv heterosexuellen Fußball nie willkommen gefühlt haben.
Vertrauter von Orbán - und Vizepräsident der Uefa
An diesem Mittwoch aber will die Uefa nichts zu tun haben mit der regenbogenfarbenen Provokation gegenüber Viktor Orbán und seinem Propaganda-Apparat, der in Ungarn mit immer neuen Gesetzen zur Stigmatisierung und Verfolgung von Homo- und Bisexuellen beiträgt. Genauso wie die Uefa nichts zu tun haben wollte mit den Hitlergrüßen inmitten einer irritierend prall gefüllten Arena von Budapest. Es ist eben kein Zufall, dass ein Uefa-Vizepräsident Ungar und Vertrauter Orbáns ist. Sport ist politisch – und korrumpierbar. Darum geht es.
Dabei ist die Illumination von Stadien in Berlin, Nürnberg und Fürth eine vergleichsweise unkomplizierte, wahrscheinlich folgenlose Provokation. Schwieriger wird es für jeden einzelnen, immer wieder die Stimme zu erheben, wenn im Fanblock ein gegnerischer Spieler als Schwuchtel beleidigt wird. Und am schwierigsten wäre ein Boykott der Fußball-WM im homophoben Katar und von allen weiteren Großereignissen, mit denen Länder nach innen von Politik und nach außen von Menschenrechtsverletzungen ablenken wollen.
Es braucht mehr um den Hass zu beenden
Deshalb bleibt es nett, aber eben auch nicht mehr, wenn der unter anderem ebenfalls von Katar Airways alimentierte Manuel Neuer heute wieder mit seiner Kapitänsbinde in Regenbogenfarben aufläuft und deutschlandweit Stadien in allen Farben erleuchten. In diesem vermeintlich so offenen Deutschland steigt die Zahl der Hassverbrechen gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transmenschen. Um das umzukehren, reicht es nicht, die Farbenmischung für die Folienkissen einer Fußball-Arena zu ändern.
Münchens Stadtrat hat eingelenkt. Das ist nicht feige, das ist verständlich. Aber vielleicht findet sich noch ein Hausmeister, der die Uefa bloßstellt. Das wäre mutig – und auf eine ganz wunderbare Weise politisch.
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