Kommentar zum Sabo-Aus: Trotzdem - fucking awesome!

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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1.8.2019, 13:29 Uhr

Der Rebell aus ganzem Herzen ist schon verschwunden. Statt "Rebel at heart", dem Namen einer Schmuck-Kollektion aus dem Hause Thomas Sabo, ziert das Logo eines Nürnberger Zeitarbeitsunternehmens die Helme der Ice Tigers. Es sind kleine Zeichen, die bereits jetzt andeuten, dass das Nürnberger Eishockey eine Zukunft hat – über den Moment hinaus, in dem auch der Schriftzug vom Tigerkopf gelöscht wird und der Name Thomas Sabo aus dem Namen des Klubs.

Unter Fans war das die größte Befürchtung, nachdem Sabo im düsteren Frühjahr 2009 aus dem Nichts in der Kabine aufgetaucht war, um die Ice Tigers im freien Fall am Nacken zu packen: Was passiert, wenn dieser Mann in Cowboystiefeln und Lederjacke die Lust am Eishockey, an dieser wunderbar wilden, aber unkalkulierbaren und selten hochprofessionellen Sportart verliert? Mit der Zeit wurden die Sorgen geringer, was vor allem an Sabo selbst lag, der sich impulsiv und emotional zeigte, vor allem aber immer als Eishockey-Fan.


Paukenschlag bei den Ice Tigers! Thomas Sabo zieht sich zurück


Sabo hat den Ice Tigers seinen Namen gegeben, er hat daran geglaubt, ein Fußballstadion mit 50.000 Eishockey-Fans zu füllen, ohne ihn gäbe es heute sehr wahrscheinlich noch immer kein Winter Game in der DEL, ganz einfach, weil kein anderer dieses Risiko getragen und zugleich durch sein Gespür für Inszenierung minimiert hätte. Sabo hat Trainer entlassen, nicht immer stilvoll, aber am Ende der Saison hat er immer wieder das Minus ausgeglichen, zehn Jahre lang. Und er hat in einer Sportart, die sich noch immer schwer tut, Gesichter und Typen hervorzubringen, selbst für Unterhaltung gesorgt.

Zuwendungen in zweistelliger Millionenhöhe

Fucking awesome war dieses Jahrzehnt: drei Halbfinal-Teilnahmen, das Winter Game, die kleine Europareise in der Champions League, der Spengler Cup. Vor allem aber hatte Sabo die Ice Tigers zu einem coolen und dennoch nahbaren Klub gemacht. Und nebenbei die Bekanntheit seines Unternehmens gesteigert. Wie viel Geld er zusätzlich noch zu den den Sponsorengeldern in die Hoffnung auf weitere emotionale Momente und Titel investiert hat, weiß nur er selbst. Man kann aber allein durch eine kurze Recherche im Bundesanzeiger von einem zweistelligen Millionen-Betrag ausgehen.

Wenn die Ice Tigers nun schreiben, dass das Unternehmen Thomas Sabo "aufgrund einer Neuausrichtung der Marketingaktivitäten abseits des Sports [...] nun einem (oder mehreren) anderen Unternehmen dieselbe Möglichkeit geben" will, ist das trotz der lobenswerten transparenten Darstellung des Klubs sicherlich noch nicht einmal die halbe Wahrheit. Dass ein beträchtliches Engagement im Sportsponsoring nach mehr als einem Jahrzehnt endet, ist sicher nur ob der Länge des Engagements bemerkenswert. Und dass sich auch der Eishockey-Fan Thomas Sabo im letzten Jahr immer weiter von seinen Ice Tigers entfernt hat, ist auch kein Geheimnis gewesen.

Auch ohne Sabo eine Zukunft

Überraschend ist hingegen, wie positiv die Ice Tigers mit dieser lange befürchteten Mitteilung umgehen, wie optimistisch sie in die Zukunft blicken und wie viele Siege sie bereits auf dem Sponsorenmarkt eingefahren haben. Vor einem Jahr hatte man den folgenden Satz allenfalls unter dem Einfluss harter Alkoholika formulieren können, inzwischen aber kann man ihn auch nüchtern schreiben: Die Ice Tigers haben auch ohne Thomas Sabo eine Zukunft.

Und natürlich ist es überfällig, dass sich der Klub von seinem Namensgeber und dessen Unternehmen emanzipiert hat, neben der Steigerung des Zuschauerschnitts war das eines der zentralen Ziele Thomas Sabos – nur hatte er lange Zeit nicht das Personal, um dieses Ziel zu erreichen. In einer perfekten Eishockey-Welt gelänge es den neuen Ice Tigers, den Rebell aus ganzem Herzen wieder vollends zu emotionalisieren und am Ende seiner letzten Saison mit einem Titel zu verabschieden. Eishockey aber war nie perfekt und wird es niemals sein. Vielleicht hat Thomas Sabo gerade deshalb so gut zu dieser Sportart gepasst.

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