Krise beim Club: Trainer Canadi steht auf dem Prüfstand
1.11.2019, 13:38 UhrIn schweren Zeiten verlängern Sympathiepunkte manchmal die Halbwertzeit eines Fußballtrainers, der beim Neuaufbau einer Mannschaft mühsamer vorankommt als erwartet. Damir Canadi verschwendet hingegen wenig Mühe darauf, dieses Bonuskonto für schlechte Zeiten zu füttern. Er fokussiert sich allein auf seine Arbeit. So hat er sich in Österreich und in Griechenland auch einen Namen gemacht. Nürnbergs Sportvorstand Robert Palikuca vertraute ihm deshalb einen Zweijahresplan an. Das Ziel: mit viel Fleiß, Enthusiasmus und Begeisterungsfähigkeit den Club in die Bundesliga zurückzuführen.
Nach elf Spieltagen und dem jüngsten Aus im DFB-Pokal fällt die sportliche Zwischenbilanz ernüchternd aus. Canadis Auftrag, das zweifellos qualitativ gut bestückte Team auf das nächste Leistungslevel zu hieven, erfüllt sich bislang nicht. Es fehlt die Entwicklung, die ins Auge stechende Spielidee. Stattdessen sät der Österreicher mit seinem variantenreichen Spielsystem Unsicherheit im Team und erntet dafür Unverständnis.
Auch auf zwischenmenschlicher Ebene kommt es im Inneren zu Irritationen. Es fällt leicht, bei ihm anzuecken. Vor den Kopf Gestoßene entgegnen seiner hemdsärmeligen Streitkultur mit Resignation. Feinfühligere wenden sich ab. Doch der in Wien geborene Sohn kroatischer Einwanderer wundert sich nur über sein Image. Ihm Wohlgesonnene machen das Dilemma aus Wirken, Wahrnehmung und Wirklichkeit an Unbeholfenheit oder Überforderung fest. In Deutschland ist die Fußballbühne mit all ihren Nebeneffekten eben doch greller ausgeleuchtet. Selbst Kritiker werfen ihm keine bösen Absichten vor, beschreiben ihn jedoch als uneinsichtigen Egozentriker.
Mangelndes Selbstvertrauen scheint indes kein Problem darzustellen. In einem Interview mit der österreichischen Boulevardzeitung Krone ließ sich Canadi vor Kurzem zu einem Satz hinreißen, an dem er sich messen lassen muss: "Mittlerweile bin ich für Trainer in Österreich ein Vorbild." Um auch diesseits der Alpen eines zu werden, wird er sich neu erfinden müssen.
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