Last-Minute-Schock: England vergibt Sieg gegen Russland

11.6.2016, 23:03 Uhr
Der Moment des Ausgleichs: Die Russen feiern danach, die Engländer ärgern sich.

© dpa Der Moment des Ausgleichs: Die Russen feiern danach, die Engländer ärgern sich.

Angetrieben von Kapitän Wayne Rooney in ungewohnter Mittelfeldrolle ließ die Mannschaft von Trainer Roy Hodgson aber zu oft die letzte Genauigkeit vermissen. Der ansonsten überragende russische Keeper Igor Akinfejew sah beim Gegentreffer nicht gut aus, der kürzlich eingebürgerte Schalker Bundesliga-Profi Roman Neustädter gab bei Russland ein ordentliches Pflichtspieldebüt. Vor der Partie lieferten sich Anhänger beider Teams am Alten Hafen von Marseille gewalttätige Auseinandersetzungen.

Von Beginn an dominierten die Engländer mit einem ultraoffensiven 4-1-2-3-System. Adam Lallana vom FC Liverpool bot sich in der siebten Minute die erste der beiden besten Chancen der ersten Hälfte: Bei seinem Schuss aus elf Metern bekam Akinfejew gerade noch rechtzeitig die Fäuste hoch. In der 22. Minute verzog Lallana, sein Flachschuss ging am langen Eck vorbei.

Die junge Mannschaft von Trainer Roy Hodgson erarbeitete sich dank ihrer Schnelligkeit und der gewachsenen fußballerischen Fähigkeiten immer wieder Vorteile. Rooney schien im linken Mittelfeld gut aufgehoben. Der 30-Jährige wurde immer wieder als Anspielstation und Vorbereiter gesucht. Er genoss die Freiheiten ohne direkten Gegenspieler in seiner Rolle sichtlich und verteilte klug die Bälle. Auch Rooney prüfte Schlussmann Akinfejew, der erneut faustete (35.).

Einziges Manko beim Weltmeister von 1966: Trotz der Überlegenheit gelangen bis zur Pause keine Tore, auch weil zu oft das letzte Zuspiel nicht gelang. Torjäger Harry Kane - einer von fünf Spielern von Tottenham im Team - bekam keinen brauchbaren Ball und blieb gegen die erfahrene Innenverteidigung ohne Wirkung.

Russland zog sich weit in die eigene Hälfte zurück und verlegte sich aufs Kontern. Ein Kopfball von Sergej Ignaschewitsch (17.) blieb bis zur Pause aber der einzige Versuch auf das Tor. Keeper Joe Hart musste erst wieder bei einem Kopfball-Aufsetzer von Dier auf den eigenen Kasten eingreifen (59.). Ein Schlenzer von Fjodor Smolow (63.), der am Pfosten vorbeiging, war danach noch gefährlicher.

Zu diesem Zeitpunkt verlief die Partie vor den 62 343 Zuschauern nicht mehr so einseitig. Die Engländer hatten das Tempo ein wenig herausgenommen und waren weiterhin nicht zielstrebig genug. Bis 20 Minuten vor Schluss: Rooney sah seinen Flachschuss aus 14 Metern schon auf dem Weg ins Tor, Akinfejew bugsierte den Ball noch an die Latte (71.). Diers Freistoß rauschte dann an ihm vorbei ins Netz. Zu diesem Zeitpunkt sahen die Engländer wie die Sieger aus, freuten sich aber zu früh.

Ihre rund 40.000 Fans zeigten nach den Ausschreitungen am Tag ihr anderes Gesicht und waren sangesfreudig wie gewohnt. Bei teils brutalen Fan-Zusammenstößen vor dem Spiel waren am Samstag mindestens fünf Menschen verletzt worden, ein britischer Fußball-Fan schwebt in Lebensgefahr. Auch französische Randalierer sollen beteiligt gewesen sein, es gab sechs Festnahmen.

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