Legenden: Die 100 größten Sportler aus Franken und der Oberpfalz
100 Bilder 12.7.2020, 14:08 UhrGestritten haben wir, manchmal, aber immer in der Einigkeit, dass die Liste der Sportler*innen, die "Unsere 100" sein sollten, keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben dürfte. Sonst hätten es "Unsere 1000" werden müssen. In einer Region, deren (früher) große Fußballvereine insgesamt 13 Deutsche Meistertitel feiern durften, hätten sich mühelos allein 100 Kicker finden lassen – was allerdings sehr viele Schwarzweißfotos bedeutet hätte, es ist ja alles etwas länger her. So ist eine herrlich bunte Bildergalerie entstanden - aus Faustballer*innen, Kämpfer*innen, ganz vielen Sieger*innen und natürlich auch Fußballern. In den Nürnberger Nachrichten sind 100 Geschichten erschienen, Auszüge daraus lesen sie in dieser Galerie. © Jürgen Rauh/Zink
Hannah Stockbauer: Die pure Freude am Spiel mit dem Wasser
Nürnbergerin, Schwimmerin, Bronze bei Olympischen Spielen 2004, fünf WM-Titel 2001 und 2003. Hans Böller über Hannah Stockbauer: "Am Montjuic von Barcelona war sie als Top-Favoritin angetreten, aber darüber hatte sie nie nachgedacht, "ich hatte Lust, ich fühlte mich gut", sagte sie nach 5400 Wettkampf-Kilometern allein in diesem Jahr 2003. "Irgendwie erstaunlich leicht" sei es gewesen, sie hatte gewonnen, immer, das war einfach so – und man stellte sich gerne die kleine Hannah aus dem Planschbecken vor. © Patrick B. Kraemer, picture-alliance/dpa
Martin Müller: Der Gretzky aus Nürnberg
Nürnberger, Eishockeyspieler, Nationalspieler. Sebastian Böhm über Martin Müller: "Eher unspektakulär wurde verkündet, dass seine Trikotnummer kein Spieler der Ice Tigers mehr tragen würde. Auch keine Verteidiger aus Übersee, die sich nach ihrer Ankunft wunderten, wenn sie selbst die klassische Verteidigernummer 4 nicht auswählen durften, weil es lange vor ihnen einen Stürmer aus Nürnberg gegeben hat, der viele, viele Tore geschossen hatte, fast so viele wie Wayne Gretzky. Foto: Kurt Schmidtpeter © Kurt Schmidtpeter
Rainer Müller-Hörner: „Ganz nett“, diese Triathlon-Karriere
Fürther, Triathlet, Dritter auf Hawaii, Zweiter in Roth. Thomas Scharrer über Rainer Müller-Hörner: "Und genau da, im Urlauberparadies im Südpazifik, verdiente sich der Fürther auch seine nächsten sportlichen Meriten. In einem legendären Wettkampf 1995, in dem Seriensieger Mark Allen erst vier Kilometer vor dem Ziel den deutschen Jung-Star Thomas Hellriegel von Platz eins verdrängen konnte, erreichte Müller als Dritter das Ziel auf dem berühmten Alii Drive. "Das war schon ganz nett", kommentierte Müller damals in typisch fränkischem Understatement seine furiose Premiere auf Hawaii. Es sollte indes sein bestes Resultat bleiben. 1998 wurde er Neunter, zweimal gab er auf. Nicht so allerdings in Roth 1996. Da war der damals 29-Jährige nach der Heirat mit seiner langjährigen Jugendfreundin schon unter dem Doppelnamen Müller-Hörner unterwegs – und wie. Nur der damals in Deutschland überragende Lothar Leder war in 7:57 Stunden schneller als der Lokalmatador, den die Fans damals als "ihren Buben" liebten wie kaum einen anderen. Müller-Hörner wurde in 8:08 Zweiter, gefeiert wurde er wie ein Sieger. Foto: Wolfgang Rech © Wolfgang Rech
Sümeyye Manz: Perfekte Gegensätze
Nürnbergerin, Taekwondo-Kämpferin, Europameisterin, Olympia-Teilnehmerin. Sebastian Gloser über Sümeyye Manz: "Mit der Hilfe von Özer Gülec machte sie erst den Sport und dann sich bekannt. Die taz nannte sie ein Vorbild für deutsch-türkische Mädchen, Fernsehsender schauten regelmäßig vorbei, um die Geschichte zu erzählen von der jungen zierlichen Frau, die sich in der Gewichtsklasse bis 47 Kilogramm von der Nürnberger Südstadt in die Weltspitze gekämpft hatte. Ein bezauberndes Lächeln in Interviews, aggressiv auf der Matte – mit solch perfekten Gegensätzen lassen sich Legenden bilden. Wegen ihr würden die Mädchen nicht zum Ballett gehen, sondern sich für Taekwondo interessieren, sagte ihr Onkel und Trainer, nachdem er keine Werbung mehr für sein Trainingszentrum machen musste. Foto: Wolfgang Zink © Wolfgang Zink
Dieter Nüssing: Idol einer Generation
Nürnberger seit 1968, Fußballer. Hans Böller über Dieter Nüssing: "Neun lange Jahre in der Zweitklassigkeit sind auch eine Ära, wesentlich geprägt von Dieter Nüssing, der all das vorlebte, was den tief gefallenen Club in seinen besten Jahren ausgezeichnet hatte. Einsatz, Leidenschaft, Teamgeist und, ja: Liebe, eine Liebe zum Fußball und zum 1.FC Nürnberg, die noch heute, da Nüssing als Talentespäher für seinen Verein arbeitet, jung wirkt. Dieter Nüssing aus Koblenz war das Idol der Generation, die sich von Meisterträumen hatte verabschieden müssen, er war in dieser Rolle nicht kleiner als die Idole der Väter und Großväter, als Heiner Stuhlfauth oder Max Morlock oder Franz Brungs – weil er für Vertrauen stand, für Verlässlichkeit und für Hoffnung. Foto: Hans Kammler © NN/Hans Kammler
Sebastian Steudtner: Der König der Monsterwellen
Nürnberger, Big Wave-Surfer. Wolfgang Laaß über Sebastian Steudtner: "Die Geschichte vom 16-Jährigen, der nach Hawaii auszog, um das Surfen zu lernen, ist mittlerweile zig-fach erzählt. In wenigen Jahren vom Poolbauer zu einem der Superstars der Szene, der zu Beginn der Karriere über Crowdfounding Geld einsammeln musste und im vergangenen Sommer während eines Trainingslagers des FC Liverpool in Frankreich sogar von Jürgen Klopp gebucht worden war, um seinen Fußballern etwa beim Luftanhalten die Furcht zu nehmen. Vor was auch immer. Foto: PR © Steudtner-PR
Eduard Schaffer: Viel Unglück, viele Zufälle, eine Liebe
Nürnberger seit 1947, Fußballtorhüter, Deutscher Meister 1948. Fadi Keblawi über Edi Schaffer: "Schaffer übernimmt – und das auch noch als Zugereister unter lauter Nürnbergern. Er ist aber schnell akzeptiert, weil auch er Bälle halten kann. Seine erste Saison im Tor endet gleich auf die schönste Art und Weise: Der Club wird Deutscher Meister, zum siebten Mal. Vorne trifft Max Morlock, hinten sorgt Schaffer für Sicherheit – fast immer zumindest. Schaffer neigt zum selbstbewussten Torwartspiel, manche sagen zum Leichtsinn. Im Endspiel gegen den 1. FC Kaiserlautern mit den Brüdern Walter und Werner Liebrich, das im Müngersdorfer Stadion von Köln 70.000 Menschen sehen wollen, setzt sich der Club 2:1 durch. Es war dieses Spiel aber mehr als ein 2:1, es war ein Spektakel. Foto: dpa © dpa
Karl Kittsteiner: Mit dem Rad bis nach München
Worzeldorfer, Radrennfahrer. Michael Fischer über Karl Kittsteiner: "Dreimal wurde Karl Kittsteiner Deutscher Vizemeister, 1954 hatte er genug vom Gratulieren, dominierte die Konkurrenz auf der Kölner Radrennbahn und gewann. Nebenbei machte er seinen Heimatverein, den RC Herpersdorf, zu einem der erfolgreichsten Radsportklubs des Landes. 1959 drehte Kittsteiner mit 39 Jahren unter großem Jubel seine letzten Runden am Reichelsdorfer Keller. Foto: Archiv/Manfred Marr © Archiv/Manfred Marr
Wolfgang Endres: Eine Klasse für sich
Lichtenfelser, Sportkegler, Kapitän der Nationalmannschaft, Weltrekordhalter. Wolfgang Laaß über Wolfgang Endres: "Weil sich der Wehrdienst in Roth ausgezeichnet mit seinen sportlichen Ambitionen kombinieren ließ, startete Wolfgang Endres wenig später richtig durch. Sieben Deutsche Meisterschaften im Asphaltkegeln zwischen 1975 und 1982, nach seinem ersten Platz beim Heimspiel in Nürnberg Ende Juli 1980 schwelgte auch diese Zeitung: "Nürnberger Star war eine Klasse für sich." Ein Bild zeigt ausschließlich strahlende Gesichter und Wolfgang Endres auf den Schultern eines Sportfreundes. Foto: Reinhard Kemmether © Reinhard Kemmether
Lukas Kohl: Wie eine Maschine
Ebermannstädter, Kunstradfahrer, mehrmaliger Weltmeister, Weltrekordhalter. Sebastian Gloser über Lukas Kohl: "Fünf Minuten bleiben ihm bei seinen Auftritten, um 30 verschiedene Elemente zu absolvieren. Er fährt freihändig rückwärts, schraubt sich auf einem Rad in die Luft, reiht Pirouetten aneinander oder dreht eine Runde, während er auf dem Lenker einen Handstand vollführt. Wo andere sich die Beine brechen oder die Finger zwischen den Speichen einklemmen würden, vereint Kohl scheinbar spielerisch leicht Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer. Foto: Wilfried Schwarz © Wilfried Schwarz, NN
Werner Bingold: Der Mann, den sie Sonne nannten
Nürnberger, Eishockey-Nationalspieler. Sebastian Böhm über Sonne Bingold: "Man kann nicht anders, als sich die Frage zu stellen, was aus Bingold geworden wäre, wenn er nicht im Nordosten Nürnbergs aufgewachsen wäre, sondern am Ontario-See, in St. Petersburg, kurz hinter der Grenze zu Tschechien, wie Erich Kühnhackl, der 1970 noch nicht annähernd so treffsicher war wie Bingold, oder zumindest in Bad Tölz oder Füssen. So aber wurde aus Sonne Bingold immerhin ein sehr guter Bundesliga- und ein Nationalspieler. 1965 vertrat Bingold Deutschland bei der B-Weltmeisterschaft in Finnland. Um nicht immer nur kurz vor Mitternacht im Stadion an der Äußeren Bayreuther Straße trainieren zu dürfen, war er da bereits vom CaM zur SG Nürnberg gewechselt und von der SGN weiter nach Mannheim in die Bundesliga. "Früher hast du dir die Scheibe genommen, fünf Mann ausgeschwanzt, und dann war‘s passiert", erzählte er später. So einfach war das. Nur das mit seinem Spitznamen, das ließ sich nicht mehr so einfach aufklären. Der Sonne weiß es selbst nicht mehr. Foto: H.-Rainer Fechter © e-arc-tmp_20161019-165221-001.jpg, ARC
Horst Duschl: Der Alleskönner
Herpersdorfer, Radrennfahrer, Seriensieger. Michael Fischer über Horst Duschl: "Bei der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft in Augsburg holte er zusammen mit Bert Stern, Heinrich Hofmann, Fritz Mehl, Hans Gömmel und Hubert Reusch seinen ersten Meistertitel, den die Equipe 1958 erfolgreich verteidigte. Doch dieser Doppelerfolg war nicht der schönste Titel, an den sich Horst Duschl später erinnern wollte. Denn er war nicht nur ein Freund der Straße, sondern fuhr auch gern auf der Radrennbahn. In Bamberg gewann er 1968, als das Gewinnen schon fast zur Normalität geworden war, die Deutsche Meisterschaft der Amateursteher vor dem späteren Vierer-Weltmeister Ernst Clausmeyer aus Dortmund. Bei den legendären Rennen am Reichelsdorfer Keller wurde er in den folgenden Jahren zum Liebling der fränkischen Fans und trug mehrere Jahre das Nationaltrikot. Foto: Archiv/Manfred Marr © e-arc-tmp-20200210_122537-1.jpg, ARC
Niklas Treutle: Der Erste unter den Besten
Nürnberger, Eishockeynationaltorhüter, erster Nürnberger in der NHL. Sebastian Böhm über Niklas Treutle: "Treutle ist Nürnberger, inzwischen seit beinahe 28 Jahren. Und er hat bewiesen, dass man es selbst als Nürnberger in der Sportart Eishockey unter die Besten der Welt schaffen kann. Er hat Deutschland inzwischen zweimal bei Weltmeisterschaften vertreten. Vor allem aber hat er es in die National Hockey League geschafft, in die unbestritten beste Eishockeyliga der Welt. Mit zwei Spielen ist er in die Statistik in die NHL eingegangen, das sind zwei Spiele mehr als alle anderen Nürnberger Eishockeyspieler zusammengetragen haben. Foto: Thomas Hahn/Zink © Sportfoto Zink / ThHa, Sportfoto Zink / ThHa
Heiner Stuhlfauth: Erzengel und Hexenmeister
Nürnberger, Fußballnationaltorhüter, fünfmaliger Deutscher Meister. Hans Böller über Heiner Stuhlfauth: "Die Welt war noch voller Wunder, dieses gehörte dazu. Am 28. April 1929 konnte man die Übertragung eines Fußball-Länderspiels hören, live im Radio, am Mikrofon Paul Laven vom Sender Frankfurt. Es war eine Premiere, es mutete wirklich wie ein Wunder an, und man hörte: von einem Wunder-Torwart, dessen „katzenhafte Gewandtheit“ die italienische Fachpresse rühmte. Der Mann muss Sagenhaftes geleistet haben, "Gott selbst stand im Tor", notierte eine Zeitung. Der Wundermann hieß Heiner Stuhlfauth, fortan aber auch "Held von Turin" – und spielte für den 1.FC Nürnberg. Die Gazzetta Ticinese adelte ihn prompt zum besten Torwart der Welt. Foto: Archiv © Aus dem Buch "Stuhlfauths Zeiten
Christopher Wesley: Edelmetall statt Nikotin
Nürnberger, Hockey-Nationalspieler, Olympiasieger. Sebastian Gloser über Christopher Wesley: "Er hatte für sich selbst entschieden, fortan ein sehr seriöser Hockeyspieler zu sein, ohne dabei seine eigene Herangehensweise an den Sport zu leugnen. Wesley trainierte eineinhalb Jahre lang hart, der Lohn war die Nominierung für die Olympischen Spiele 2012. In London machte sich Wesley mit den Spielern aus Köln, Hamburg und Berlin, die inzwischen zu Freunden geworden waren, zum Olympiasieger, vier Jahre später in Rio de Janeiro reichte es immerhin zu Bronze. Foto: Daniel Marr/Zink © Sportfoto Zink / DaMa, Sportfoto Zink / DaMa
Alfred Schwarzmann: Der Turner des Jahrhunderts
Fürther, Turner, dreimaliger Olympiasieger. Fadi Keblawi über Alfred Schwarzmann: "Bier war wichtig. Es war im Juli 1948, in London hatten gerade die Olympischen Spiele begonnen, da durfte sich im noch einigermaßen jungen Nachrichtenmagazin Spiegel Alfred Schwarzmann aus Fürth Gedanken zur Situation nicht nur der Turnwelt machen. Schwarzmann war da schon eine deutsche Legende, er hatte bei den Olympischen Spielen 1936 drei Gold- und zwei Bronzemedaillen gewonnen. Nach London durfte er nicht, obwohl er sich in Form fühlte, des gesunden Lebensstils wegen. "Das Zigarettenrauchen habe ich mir erst bei Kriegsende angewöhnt, nur Bier habe ich immer getrunken, allerdings nur gerade so für den Durst, den bayerischen", schrieb Schwarzmann. © imago sportfotodienst, imago sportfotodienst
Stefan Reuter: Turbos langer Weg
Dinkelsbühler, Fußballnationalspieler, Weltmeister, Europameister. Fadi Keblawi über Stefan Reuter: "Es ging schnell bei Turbo, noch vor der Oktoberrevolution debütierte er in der ersten Mannschaft: Am 7. Oktober 1984, kurz bevor einige Spieler nicht mehr mit Trainer Heinz Höher zusammen arbeiten wollten und zu Revolutionären wurden. Der Club gewann 3:2 auf dem Bieberer Berg in Offenbach und Reuter gab tatsächlich den Linksverteidiger. Berühmt wird er in Nürnberg als Libero und später überall auf der Fußball-Welt als Rechtsverteidiger. Foto: Herbert Liedel © e-arc-tmp_20180730-084843-001.jpg, ARC
Bernd und Gerhard Mlady: Könige der Nische
Nürnberger, Radballer, Weltmeister. Michael Fischer über die Mladys: "Aus einer anfänglichen Begeisterung wurde schnell mehr, die ersten Titel kamen, zunächst bayerische, dann deutsche, dann auch europäische. In den vergangenen 20 Jahren haben sich die Mladys aus einer kleinen Schulturnhalle in die Weltspitze gespielt, unbekannt ist Radball zwei Jahrzehnte später trotzdem noch – wenn auch, dank der vielen und immer größeren Erfolge, nicht mehr ganz so unbekannt wie damals bei einer Vorführung in Reichelsdorf. 2016 durften sich die Mladys nach der Bronzemedaille bei der WM ins Goldene Buch ihrer Heimatstadt eintragen, ein Jahr später gewannen sie sogar Gold – und krönten sich zu den Königen der Nische. Foto: Oliver Gold/Zink © Sportfoto Zink / OGo, Sportfoto Zink / OGo
Isabel Herttrich: Out of Ostmittelfranken
Hersbruckerin, Badminton-Nationalspielerin. Sebastian Böhm über Isabel Herttrich: "Und wenn man dann noch weiß, wie ehrgeizig man in einem Land sein muss, in dem man Federball kennt und unterschätzt und bereits nicht mehr weiß, was ein Shuttlecock ist (die fachmännische Bezeichnung des 16-fedrigen Federballs), dann kann man nur Hochachtung haben vor der Karriere von Isabel Herttrich. Badminton ist ein Weltsport – für Milliarden von Menschen in Ostasien. Isabel Herttrich aber ist vor 28 Jahren in Hersbruck geboren worden – in Ostmittelfranken. Weil sie vor elf Jahren beschloss, sich von diesem kleinen Standortnachteil nicht bremsen zu lassen, ist sie seither unterwegs: Hamburg, Saarbrücken und Mülheim an der Ruhr, um zu trainieren und zu leben; Baku, Vantaa, Orange County, Guadalajara und Huelva, um Medaillen und Titel zu sammeln; und Malaysia, Indonesien und China, um zu lernen. Foto: Jürgen Rauh/Zink © Sportfoto Zink / JüRa, Sportfoto Zink / JüRa
Nina Hasselmann: Aus Nürnberg an die Weltspitze
Nürnbergerin, Hockey-Nationalspielerin. Michael Fischer über Nina Hasselmann: "Es klappte dann in den folgenden 20 Jahren noch sehr viel, auf das Nina Hasselmann mit heute 33 Jahren sehr glücklich zurückschauen kann. 2002 wurde sie mit der U 16, für die sie sich in ihrem zweiten Wohnzimmer empfohlen hatte, Europameister, bereits 2005 war ihr dieses Wohnzimmer, war ihr der Nürnberger HTC zu klein geworden. Das Ausnahmetalent von der Siedlerstraße wechselte nach München – auch, um dort an der Universität Bauingenieurin zu werden, vor allem aber um beim MSC ambitionierter als in Nürnberg Hockey spielen zu können. Foto: Kai Foersterling/dpa © Kai Foersterling, picture alliance / dpa
Werner Weghorn: Die Legende vom Hopfengartenweg
Veitsbronner, Faustball-Nationalspieler, Weltmeister. Fadi Keblawi über Werner Weghorn: "Nach Eibach war er 1984 gewechselt und sorgte dort angekommen sehr schnell dafür, dass Faustball in Nürnberg einigermaßen berühmt wurde. Eine komplizierte Angelegenheit, wenn man sich die Exotenhaftigkeit des Sports vor Augen führt. Weghorn wusste das ja selbst, dass viele Menschen mit seiner Leidenschaft wenig anfangen können. Er hat das einmal sehr präzise so zusammengefasst: "Es gibt schon noch Sportarten, die weniger wahrgenommen werden: Tauziehen zum Beispiel." In Eibach war das mit dem nicht wahrgenommen werden lange Zeit anders. Die Mannschaft, die mit Weghorn und dem kongenialen Ulli Schneider erst in die Bundesliga aufstieg und dann den Europapokal gewann, lockte sehr regelmäßig um die 500 Zuschauer an den Hopfengartenweg. Zu sehen gab es dann ebenso regelmäßig mit Schneider und Weghorn zwei Weltmeister. Foto: Wilhelm Bauer © Wilhelm Bauer, NN
Julius Hirsch: Der Halblinke mit dem Feuerwerk
Fürther von 1913 bis 1919, Fußball-Nationalspieler, Deutscher Meister mit der Spielvereinigung. Michael Fischer über Julius Hirsch: "Zwischenzeitlich war Hirsch, ein begeisterter Patriot, zum Wehrdienst eingezogen worden, nach seiner Zeit beim 1. Badischen Leib-Grenadier-Regiment Nr. 109 zog es ihn der Arbeit wegen nach Nürnberg – und schließlich nach Fürth, zu seinem großen Förderer William Townley. Das Karlsruher Duo führte das Kleeblatt bis ins Finale der Deutschen Meisterschaft 1914, mit einem 3:2 gegen den VfB Leipzig sicherte sich die Spielvereinigung ihren ersten Titel. "Es war in Magdeburg im Monat Mai, die Spielvereinigung war auch dabei, sie schlug die Leipziger mit 3:2 und bracht‘ die Meisterschaft nach Fürth herbei“, dichteten die euphorisierten Fürther damals, der Spruch zierte 100 Jahre später bei einer großen Choreografie auch die Nordtribüne des Ronhofs." Foto: Wolfgang Zink © Sportfoto Zink / WoZi, ARC
Brigitte Feldlin: Der Frankenblitz
Nürnbergerin, Basketballnationalspielerin. Wolfgang Laaß über Brigitte Feldlin: "Ihre Beweglichkeit und Rasanz verblüfften und brachten ihr den Spitznamen "Frankenblitz" ein, unter dem sie auch überregional viele Experten kannten. Am 23. März 1978 durfte sie in der EM-Qualifikation gegen Irland erstmals das Nationaltrikot überstreifen, am 18. September 1983 bei ihrer zweiten EM-Teilnahme zum letzten Mal. Nach der 63:64-Niederlage im ziemlich bedeutungslosen Spiel um den elften und damit vorletzten Platz gegen Spanien beendete Brigitte Feldlin-Hansel ihre internationale Karriere. Foto: Friedl Ulrich © e-arc-tmp-20200421_140328-5.jpg, ARC
Erwin Porzner: Bayerns Bester
Feuchtwangener, Feldhandballnationalspieler, Weltmeister: "Geblieben sind unglaublich viele und unglaublich schöne Erinnerungen, von denen Erwin Porzner, dessen Enkel Manuel sich 2013 den Junioren-Radweltmeistertitel im Scratch erstrampelt hatte, im über 30-minütigen Telefonat etliche unterzubringen weiß. Etwa die vom Länderauswahlvergleich der Bundesrepublik mit der DDR; beim Rückspiel in Leipzig vor sage und schreibe 93 000 Zuschauern, darunter der versammelte Staatsrat um Walter Ulbricht, war Erwin Porzner am 19:14-Erfolg der Gäste aus dem Westen maßgeblich beteiligt, „bei Sonnenschein“, wie er noch weiß, „wahrscheinlich einer meiner wichtigsten Siege“." Foto: Rudolf Contino © Rudolf Contino
Ania Rösler: Geliebtes Prinzesschen
Nürnbergerin von 2004 bis 2009, Handballnationalspielerin, viermalige Deutsche Meisterin. Hans Böller über Ania Rösler: "An der Nase sah man es ihr nie an, aber wenige Sportler verbinden Eleganz und Einsatzfreude so, wie es die Sportstudentin Ania Rösler tat, die mit diesem 1.FC Nürnberg erwachsen wurde – und irgendwann "die Rösler" war, Kapitänin eines Meisterclubs und das Gesicht des Nürnberger Frauenhandballs, der zu seinen Glanzzeiten so populär war, dass einmal, zu einem Europapokalspiel, über 5000 Zuschauer in die Arena kamen, darunter die FCN-Ultras, die harten Männer aus dem Fußballstadion, die sich längst auch in Ania Rösler und die Handballerinnen verliebt hatten. „Ich kriege sofort eine Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagte Ania Rösler Jahre später, "es ist so schade, dass man Emotionen nicht konservieren kann." Foto Jürgen Rauh/Zink © Sportfoto Zink / JüRa, ARC
Bernd Herzig: Mit dem Schah am Bergisel
Nürnberger, Eishockey-Nationalspieler, Olympia-Teilnehmer. Sebastian Böhm über Bernd Herzig: "Aber wenn man sich Spielszenen aus dieser Zeit ansieht, fallen vor allem Herzigs Übersicht auf, sein herausragendes Verständnis für das schnelle Spiel und seine perfekt in den Lauf seiner Kollegen gespielten Pässe. Wie Bingold zeigte auch Herzig nachfolgenden Generationen Nürnberger Eishockeyspielern auf, dass man es vom Nordostbahnhof durchaus in die große Eishockeywelt schaffen konnte." Foto: Hans Kammler © arc-200603_cd7-0227.jpg, NN
Claudia Porwik: In der Freizeit: Fußball
Fürtherin, Tennis-Profi, Nummer 29 der Welt. Fadi Keblawi über Claudia Porwik: "Es waren andere Zeiten, sie hat das dem Tennis-Magazin einst selbst erzählt, wie das so war während ihrer ersten Jahre auf der Tour: "Ich übernachtete oft bei Familien. In Mexiko wohnte ich einmal mit meiner Kollegin Silke Meier bei einer armen Familie, die ihre Kinder zu Freunden brachte, um ins ein Zimmer zu vermieten. Es gab nur Gitter, keine Fenster. Wir schliefen in Jogginghosen, und zum Frühstück mussten wir schwarze Bohnen essen." Es war vor allem eine schöne Zeit für Claudia Porwik. Eine Zeit, die geprägt war von Steffi Graf – mit der gemeinsam die Ersatzspielerin Porwik 1987 erstmals für Deutschland den Fed Cup gewann." Foto: Michael Matejka © arc-200704_cd26-0272.jpg, ARC
Alexander Megos: Der Mann aus dem Fels
Erlanger, Sportkletterer, Vize-Weltmeister. Fadi Keblawi über Alexander Megos: "Dabei liebt er die Ruhe. Die Ruhe am Fels. Der heute 26-Jährige klettert seit er ein Kind ist. Eine Familiensache ist das, alle klettern, aber keiner so gut wie Megos, der inzwischen längst ein Superstar seines Genres ist. Man kann ihn in unzähligen Videos dabei zusehen, wie er Felswände hochklettert, manchmal schwebt. Gerade hat er auf Instagram ein Video veröffentlicht: Er an der Weißen Kugel im Frankenjura. Es gibt eine Stelle in diesem Video, da sieht Megos schwerelos aus, aber natürlich ist kein Mensch schwerelos, zumal wenn er im Fels hängt. Megos stellt neue Maßstäbe auf. Sein Sponsor Red Bull hat eine kleine Filmserie produziert. In den vier Folgen geht es – neben Werbung für Red Bull – vor allem darum, die Megos-Formel zu entschlüsseln. Wie macht der das bloß?" Foto: Jae C. Hong/dpa © Jae C. Hong, ARC
Hannelore Menzel: Speerwerferin im Tor
Erlangerin, Handballnationaltorhüterin, Speerwerferin. Sebastian Böhm über Hannelore Menzel: "Die Tempogegenstöße waren eine Spezialität des 1. FCN, das sei aber eher ein Verdienst der schnellen Angreiferinnen gewesen. Allerdings behauptete Menzel das nur selbst. Es sind die nackten Zahlen, die beweisen, welch herausragende Sportlerin sie war: Fünf Deutsche Meistertitel mit dem Club, 29 Länderspiele, ein fünfter Platz mit Deutschland bei der WM 1971 in den Niederlanden, die Teilnahme an der WM in Jugoslawien 1973. Damals war auch Heike Schukies mit dabei, die von Leverkusen nach Nürnberg gewechselt war, weil Hannelore Menzel ihr gesagt hatte: "Wenn du deutsche Meisterin werden willst, dann komm’ zum Club." Nur leider wurde der Club mit Heike Schukies nicht mehr Meister. Foto: VNP © e-arc-tmp-20200624_113742-3.jpg, ARC
Roland Wunder: Wunder-bare Jahre
Erlanger, Handballer. Hans Böller über Roland Wunder: "Das waren Sensationen, das Ende dieser Geschichte bedeuteten sie nicht. Die erwachsen gewordenen Kinder gehörten zu den gefragtesten Talenten im Handball-Land, insbesondere der Kreisläufer Roland Wunder und der Rückraumhüne Norbert Münch hätten – als Jugend-Nationalspieler – große Karrieren starten können. An Avancen aus der Bundesliga fehlte es nicht, auch nicht an der Lust auf große Karrieren. Aber in die wollten sie mit der CSG Erlangen starten, gemeinsam – in der zweituntersten Liga, zwar längst nicht mehr in Unterhemden, aber das Geld reichte gerade für die Trikots. Es waren gelbe, die Hosen waren hellblau, das Vorbild war die bewunderte brasilianische Fußball-Nationalmannschaft." Foto: Bernd Böhner © e-arc-tmp-20200403_154436-3.jpg, ARC
Brunhilde Hendrix: In Armin Harys Schatten
Langenzennerin, Leichtathletin, Silbermedaillengewinnerin. Wolfgang Laaß über Brunhilde Hendrix: "An der schnellen Frau aus Nürnberg, hauptberuflich "in einem hiesigen Großhandelshaus am Fernschreiber und Telefon beschäftigt", wie diese Zeitung zu berichten wusste, kamen nicht mehr viele vorbei; auch ihre Nominierung für die Olympischen Sommerspiele 1960 in Rom war nur folgerichtig, wo sie bis zum Halbfinale auch nur wenig Zweifel an ihrem außergewöhnlichen Talent zuließ. Hinter vorgehaltener Hand trauten viele Brunhilde Hendrix im langen Schatten von Armin Hary als einziger Deutscher sogar Edelmetall über die 100 Meter zu." Foto: dpa © arc-curr-20120826-145504-0007.jpg, ARC
Marie Dollinger: Der Pechvogel aus Langenzenn
Langenzennerin, Leichtathletin, dreimalige Olympia-Teilnehmerin. Wolfgang Laaß über Marie Dollinger: "Sie hat immer gesagt: Die anderen müssen das Bauernmadla erst mal schlagen", erinnert sich Sohn Fritz, der in Langenzenn lebt; im August 1994 und im Alter von fast 84 Jahren ist Maria Dollinger gestorben. "Bekannt wurde sie weit über die Tore der Stadt hinaus durch ihre außerordentlichen sportlichen Leistungen", stand wenig später im Nachruf des Heimatvereins, der bekannte Sportjournalist Gustav Schwenk, einer ihrer treuesten Begleiter, bezeichnete sie trotzdem als den "großen Pechvogel in der Leichtathletik". Der immerhin, wenn auch eher unfreiwillig, einst sogar Adolf Hitler verärgert hat." Foto: Wikipedia/oh © Foto: Archiv
Thomas Ziegler: Ehrliche Kraft
Nürnberger, Kraftdreikämpfer, Medaillensammler. Sebastian Gloser über Thomas Ziegler: "20 Jahre lang stand Ziegler als Ringer auf der Matte. Mit fast 30 Jahren, wenn andere ihre aktive Sportlerkarriere meist langsam ausklingen lassen, hat er eine zweite gestartet und erst richtig losgelegt. Dass er auch ein Talent dafür hat, große Gewichte in die Luft zu stemmen, das hatten andere bei der Sportvereinigung Gostenhof 03 früh erkannt, "aber als kleiner Bu", erzählt Ziegler, wollte er lieber ringen. Später kämpfte er für den Sportclub 04 in der Maxvorstadt, seine vielen Erfolge führt er selbst nicht unbedingt auf überragende Technik zurück. „Ich habe viel durch Kraft entschieden“, sagt er über seine Zeit als Ringer, beim Bankdrücken, Kreuzheben und Kniebeugen tut er das inzwischen zwangsläufig. 1997 schaute er bei einem Kraftdreikampf-Wettbewerb zu und beschloss, das auch mal auszuprobieren. Er wurde auf Anhieb Nordbayerischer Meister, seitdem trägt er in schöner Regelmäßigkeit Auszeichnungen in das kleine Trainingszentrum unter dem Katzwanger Hallenbad." Foto: Daniel Marr/Zink © Sportfoto Zink / DaMa, NN
Christoph Wandratsch: Das Brennen für eine eiskalte Leidenschaft
Nürnberger, Extremschwimmer, zweimaliger Europameister. Thomas Scharrer über Christoph Wandratsch: "Wobei man in der langen Zeit, die man Wandratsch nun schon als Extremschwimmer kennt, immer das Gefühl hatte, dass er sich mit dem, was er gerade tat, wohlfühlte. Der Veitsbronner ging nicht mit stolzgeschwellter Brust durch die Gegend, nachdem er zweimal Europameister über 25 Kilometer geworden war. Und wenn eine Schwimm-Expedition oder ein Wettkampf mal in die Hose ging, hat man ihn auch selten hadernd oder gar zu Tode betrübt erlebt. Der "Wandi", wie ihn viele nennen, ist eben nicht nur ein Wasserfrosch, sondern auch eine ausgewiesene Frohnatur." Foto: Matthias Kamm © Matthias Kamm, NN
Matthias Volz: „Unser Stolz“
Schwabacher, Turner, Olympiasieger. Sebastian Böhm über Matthias Volz: "Damals war man es in Schwabach sowieso. "Matthias Volz, unser Stolz" riefen die Menschen, als das Cabrio durch das Nürnberger Tor gefahren kam. Auf der Rückbank saß Matthias Volz, Sohn einer Goldbeschneiderin und eines Nadlers, Turner des TV 1848 Schwabach, Bronzemedaillengewinner im Pferdsprung, Bronzemedaillengewinner an den Ringen, hinter dem legendären Leon Stukelj, vor allem aber Goldmedaillengewinner in der Mannschaftskonkurrenz mit Franz Beckert, Konrad Frey, dem Fürther Alfred Schwarzmann, Willi Stadel, Innozenz Stangl, Walter Steffens und Ernst Winter. Vielmals erzählte er bei den Feierlichkeiten in den unbeschwerten Tagen im August 1936, dass er niemals damit gerechnet hätte, auf dieser Bühne bestehen zu können – unter 111 Turnern aus 14 Ländern. Die drei Medaillen auf seiner Brust ließen darauf schließen, dass sich Matthias Volz getäuscht hatte." Foto: oh © a-nn-st-20160802_141202-2.jpg, ARC
Mark Nzeocha: Volle Kraft voraus
Rothenburger, Football-Profi, Superbowl-Finalist. Wolfgang Laaß über Mark Nzeocha: "Dass er für die Franken Knights, bei denen er als 13-Jähriger mit Flag Football angefangen hatte, bereits als junger Mann viel zu gut war, konnte jeder sehen. Mittlerweile ist Mark Nzeocha zwar rundum mit dicken Muskeln bepackt, aber nach wie vor ein Modellathlet; man möchte sich das nicht vorstellen, wie es ist, wenn er im Spiel mit seinen schnellen Beinen auf einen zurast oder zufliegt." Foto: oh © Wolfgang Laaß
Kurt Leucht: Das Sportwunder
Nürnberger, Ringer, Olympiasieger. Fadi Keblawi über Kurt Leucht: "Es waren anstrengende Tage im Krachtsportgebouw von Amsterdam. Innerhalb von drei Tagen musste Leucht zu sechs Kämpfen auf die Matte. „Der Ringkampf war damals viel anstrengender als jetzt“, hat sich Leucht einmal erinnert, „wir mussten 20 Minuten durchstehen. Dazu brauchte man eine ungeheure Kondition.“ Oder einen „Schultersieg durch Kopfgriff“ wie gegen Maudr. Die Strapazen von Amsterdam aber konnte auch der Olympiasieg offenbar nicht ganz mildern. Leucht setzte sich in den Zug und kam etwas früher nach Hause, als sie das in seiner Heimatstadt erwartet hatten. Leucht hatte sich eine Kieferverletzung zugezogen, das geschwollene Gesicht leuchtete rot und blau – da wollen auch Olympiasieger erst einmal nur ins Bett. Als er dann aber doch noch erfahren hat, wer da am Hauptbahnhof auf ihn wartet, nämlich Blaskapelle und Menschenmasse, da wollte sich Leucht das Spektakel doch nicht entgehen lassen. Also hat er sich aufgemacht nach Fürth – und ist wenig später einfach noch einmal mit dem Zug in Nürnberg angekommen." Foto: NN-Archiv © e-arc-tmp-20200703_125538-1.jpg, NN
Reinhard Leibold: Ein ehrlicher Läufer
Fürther seit 1974, Läufer, verhinderter Olympia-Teilnehmer. Sebastian Böhm über Reinhard Leibold: "Leibold ist eine bayerische, Pardon, fränkische, nein, eigentlich sogar eine deutsche Lauflegende. 25 Deutsche Meistertitel hat er in der Aktivenklasse gesammelt, in der Seniorenklasse waren es noch einmal viele mehr. Natürlich hat er in den 70er- und 80er-Jahren auch von den starken Mannschaften des LAC Quelle profitiert. Mannschaften aber, die ohne ihren Vorläufer nicht so erfolgreich gewesen wären. Leibold ist ein Haudegen aus einer anderen Zeit, in der einem Laufschuhe lediglich passen und einen nicht auch noch schneller machen mussten. Ein Kämpfer wie der große Emil Zatopek, allerdings mit einer läuferischen Bandbreite, die das Herz eines jeden Bundestrainers heute an seine Belastungsgrenze treiben würde." Foto: privat © privat, NN
Rudolf Markel: Weltmeister für 900 Mark
Eibacher, Faustball-Nationalspieler, Weltmeister. Sebastian Böhm über Rudolf Markel: "Dem Faustballer Rudolf Markel eröffnete sich eine Welt, die ihm als Fußballer in Eibach wohl verborgen geblieben wäre. In Hirschfelde stellten sie die Kraftwerke ab, damit die Gäste aus der BRD hinter dem Ruß die Leine erkennen konnten. 3000 Zuschauer waren 1972 im Schweinfurter Willi-Sachs-Stadion mit dabei, als er zum ersten Mal Weltmeister wurde. Vier Jahre später waren es in Novo Hamburgo sehr viel mehr, als er im Finale gegen Gastgeber Brasilien mithalf, den Titel zu verteidigen. „Die Leute standen mit auf dem Platz. Es war eng, wir mussten auf Zeit spielen. Und den Schiedsrichter aus der Schweiz wollten sie lynchen.“ 900 Mark hatte er selbst bezahlen müssen, um dabei sein zu können. Auch in den 70er-Jahren war man als Faustballer nicht privilegiert, noch nicht einmal als Weltmeister." Foto: Rainer Fechter © e-arc-tmp-20200702_133436-2.jpg, NN
Norbert Schramm: Die Kunst kann man nicht aufhalten
Nürnberger, Eiskunstläufer, Europameister. Sebastian Böhm über Norbert Schramm: "Man sieht Schramm in seinem engen feuerroten Anzug über das Eis der Patinoire Charlemagne fliegen, man sieht atemberaubende Schrittfolgen und Sprünge, eine Mischung aus Vogue und Electric Boogie, und man sieht in Schramms Gesicht eine Begeisterung für den Sport und für den Moment, die jede Kür zu einem historischen Ereignis macht. 91 Jahre lang hatte sich kein Deutscher mehr den Titel des Europameisters sichern können. Schramms Kür aber war so viel mehr, er ließ die Welt in die Zukunft der Sportart blicken. „Ein Läufer wie Norbert Schramm“, sagte der große Toller Cranston, „ist nicht aufzuhalten. Man kann eine athletische Maschine aufhalten, aber nicht die Kunst.“ Schramm wiederholte seinen Triumph von Lyon ein Jahr später in Dortmund, sammelte Medaillen und Titel, Schramm war ein herausragender Eiskunstläufer, wahrscheinlich Deutschlands wichtigster. Vor allem war er aber ein Künstler und ist es immer noch." Foto: Horst Linke © Horst Linke, ARC
Milena Slupina: Auf dem Kunstrad zum Regenbogen
Rotherin, Kunstradfahrerin, Weltmeisterin. Thomas Scharrer über Milena Slupina: "n ihrem durchaus exotischen Sport hat die junge Frau seitdem Tittel regelrecht gesammelt. Beinahe selbstverständlich, dass sie bayerische und dreimalige deutsche Meisterin ist; auch den Weltcup, den es seit 2018 gibt, hat sie gewonnen, als Krönung die beiden WM-Titel geholt, und den Punkteweltrekord für die beste Kür hält sie auch. In Roth hat sie beinahe ein Abonnement zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt, und bei der Ehrung zur Sportlerin des Jahres hat sie im Triathlon-Dorado nun schon dreimal hintereinander die meisten Stimmen erhalten." Foto: Wilfried Schwarz © Wilfried Schwarz, ARC
John Degenkolb: Von Hundsdorf nach Roubaix
Wahl-Franke, Radprofi, Sieger von Paris-Roubaix. Thomas Scharrer über John Degenkolb: "Das Frühjahr 2015 werden er, seine Eltern, der RC Germania und viele deutsche Radsport-Fans nicht vergessen. Mit einem Paukenschlag eröffnete Degenkolb die Saison, gewann den Frühlingsklassiker Mailand–Sanremo. Bei seinem erklärten Lieblingsrennen, der Plackerei übers Kopfsteinpflaster von Paris nach Roubaix, hatte er schon 2014 Platz zwei belegt und zählte im Jahr darauf nach dem Sieg bei der „Primavera“ zu den Favoriten. Und er schaffte die Sensation: In einer siebenköpfigen Spitzengruppe kam er ins Velodrome von Roubaix und riss im Ziel als Erster jubelnd die Arme nach oben. Er war 119 Jahre nach Josef Fischer erst der zweite deutsche Radsportler, dem dieser Prestige-Erfolg gelang." Foto: Lionel Bonaventure/afp © LIONEL BONAVENTURE, AFP
Hannelore Glaser-Franke: Aus Fürth in die alpine Weltspitze
Fürtherin, Ski-Rennläuferin, Hahnenkamm-Siegerin. Michael Fischer über Hannelore Glaser-Franke: "Doch im Google steht nicht viel über sie, nur die groben Eckpunkte ihrer außergewöhnlichen Karriere sind im Fürth-Wiki aufgelistet. Die besondere Geschichte beginnt am 4. Januar 1933, als Hannelore Franke in Fürth geboren wird. 26 Tage später wird Hitler zum Reichskanzler ernannt, es gab wahrlich schönere Zeiten, um diese Welt als junger Mensch kennenzulernen. Die Frankes aber haben zu dieser Zeit eine große Leidenschaft: den Sport beim TV 1860. „In Fürth habe ich viel Gymnastik gemacht, bin als Leichtathletin gelaufen und gesprungen“, erinnert sich Glaser-Franke, „mein Vater war ebenfalls sehr sportlich.“ In den kalten Wintermonaten sind sie dann immer öfter nach Oberstdorf gefahren, die junge Hannelore hielt es morgens nicht lange aus im Hotel, „wir sind in der Früh bald los, wir wollten immer gerne Skifahren“. Aus ein bisschen Spaß in der Skischule wurde schnell mehr, irgendwann schauten selbst die Menschen im Allgäu, für die der Schnee zum Leben gehörte, genauer hin, wenn die junge Frau aus Fürth die Piste hinuntersauste." Foto: TV Fürth/oh © e-arc-tmp-20200608_172238-1.jpg, NN
Cornelia Dumler: Immer noch unverzichtbar
Feuchtwangenerin, Volleyball-Nationalspielerin. Wolfgang Laaß über Cornelia Dumler: "Hierzulande rissen sich die damaligen Top-Klubs wie Karbach, Münster oder Leverkusen förmlich um die sprunggewaltige Außenangreiferin, deren Aufschläge noch heute höchstens Ansprüchen genügen. Bereits mit 16 zog es sie nach Berlin, mit 23 nach Italien, in das seinerzeit nicht nur wegen seiner Gehaltsstrukturen gelobte Volleyball-Land in Europa. Vier Jahre, drei Vereine, danach hatte sie auch wegen vieler leerer Versprechungen genug vom Leistungssport. Auf ihrer letzten Station beim damaligen Zweitligisten Cremona „konnte ich einfach nicht mehr so sein, wie ich wollte“, sagt Cornelia Eichler. Internationales Karriereende mit 27 – weil es doch Wichtigeres gibt im Leben. Und dennoch: „Ich würde es wieder genauso machen.“" Foto: Deutscher Volleyballverband/oh © Deutscher Volleyball-Verband
Markus Schwindl: Er kann nicht anders
Pegnitzer, Eishockeyspieler, Freieis-Legende. Sebastian Böhm über Markus Schwindl: "Diese Serie versammelt Olympiasieger, Welt- und Europameisterinnen, Torschützenkönige und Seriensiegerinnen, Vereinslegenden, Stars und Publikumslieblinge. Markus Schwindl hat einst in der zweiten Liga Eishockey gespielt. Aber nicht sehr lange. Trotzdem steht er hier vollkommen zu Recht. Um Schwindl zu sehen, sind sie ins Eisstadion gegangen. In Amberg, in Schweinfurt, in Nürnberg, in Deggendorf und Dingolfing. Und überall haben sie ihn ausgepfiffen, beleidigt und sich insgeheim gewünscht, dass er in ihrer Mannschaft spielte und nicht immer nur für Pegnitz. Und in Pegnitz haben sie ihn dafür geliebt, dass er dem Eislaufverein treu geblieben ist und wohl auch, dass er mehr als 500 Tore geschossen hat." Foto: Richard Reinl © Richard reinl, ARC
Günther Meier: Rocky aus Lichtenhof
Nürnberger, Boxer, Bronze-Medaillengewinner. Sebastian Böhm über Günther Meier: "1957 wurde Meier erstmals Deutscher Meister in der Juniorenklasse. Von der Einberufung ließ er sich nicht aufhalten, im Gegenteil. 1965 holte er seinen ersten Deutschen Meistertitel bei den Männern. 1968 stand er im Ring der Arena México, der zähe Junge aus Lichtenhof hatte es bis zu den Olympischen Spielen geschafft. „Das war ein erhebendes Gefühl, das man kaum beschreiben kann“, sagte er später einem Sportreporter der Nürnberger Zeitung. „Gänsehaut pur, einmalig – Weihnachten ist öfter.“ Mexiko war für Meier sogar Weihnachten und Ostern gleichzeitig. Er kehrte mit einer Bronzemedaille zurück. Allein diejenigen, die ihn damals trainieren gesehen hatten, waren nicht überrascht." Foto: Archiv © arc-200412_cd10-20091229-222951-0462.jpg, NN
Ünsal Arik: Morddrohungen sind Teil seines Lebens
Parsberger, Boxer, Erdogans Gegner. Sebastian Böhm über Ünsal Arik: "Man kann Ünsal Arik kennen, als prominenten Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, als Autor, als Veganer, als Talkshow-Gast, als Rapper und nach seinem Praktikum bei einem SPD-Bundestagsabgeordneten bald vielleicht auch als Politiker. Der Grund aber, warum der Oberpfälzer mit den beiden Pässen auch in dieser Zeitung eine Schlagzeile bekommt, über dem 14. Teil einer Serie, die die 100 größten Sportlers aus dem Verbreitungsgebiet der Nürnberger Nachrichten würdigen soll, ist aber, dass Arik Ünsal zunächst einmal als Sportler bekannt wurde, erst als „begnadeter Fußballer“ (Ünsal Arik über den Fußballer Ünsal Arik), dann als Boxer und irgendwann als erfolgreicher Boxer." Foto: Edgar Pfrogner © Edgar Pfrogner, NN
Bastian Doreth: Der Lieblingsspieler
Nürnberger, Basketballnationalspieler. Sebastian Böhm über Bastian Doreth: "Und trotzdem verlor er als Handlungsreisender in der großen Basketballwelt und, naja, Quakenbrück niemals die Bindung zu seiner Heimatstadt. Wenn man mit Tausenden das Schicksal teilt, sein Herz an den 1. FC Nürnberg verloren zu haben, ist das wahrscheinlich auch gar nicht anders möglich. Doreth aber fieberte aus der Ferne auch immer mit dem Nürnberger Basketballclub und seinem „Bruder“ Sebastian Schröder. Als der NBC im Mai 2019 tatsächlich in die Bundesliga aufstieg, da war Doreth natürlich in der Halle, klatschte, schrie, jubelte und ließ ein, zwei Tränen in seinen Bart rollen." Foto: Nicolas Armer/dpa © Nicolas Armer, ARC
Karlheinz Radschinsky: Das Jahrhunderttalent
Neumarkter, Gewichtheber, Olympiasieger. Michael Fischer über Karlheinz Radschinsky: "Karlheinz Radschinsky wurde immer stärker, sammelte immer mehr Titel, insgesamt wurde er neunmal Deutscher Meister. Alfred Bechtold aber wusste, dass sein Bester nicht nur die deutsche, sondern auch die Konkurrenz in Europa und auf der ganzen Welt dominieren könnte. „Du kannst scho’ Weltmeister wer’n“ gab er ihm mit auf den Weg, als er irgendwann auszog aus Neumarkt. Weltmeister wurde Radschinsky dann zwar nicht, 1981 und 1982 allerdings WM-Dritter, der größte Erfolg aber sollte ihm kurz darauf gelingen, bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles. Alfred Bechtold saß „früh um Fünfe“ in Neumarkt vor dem Fernseher und schaute seinem Schützling zu, wie der tatsächlich im Mittelgewicht insgesamt 340 Kilogramm hob und so die Goldmedaille gewann." Foto: Günter B. Kögler © Günter Kögler, NN
Servet Tazegül: Ein Nationalheld aus der Südstadt
Nürnberger, Taekwondo-Kämpfer, Olympiasieger. Sebastian Böhm über Servet Tazegül: "Für diese 55 Sekunden hat er 19 Jahre lang trainiert, hunderte, tausende Stunden in einem Zweckbau am Maffeiplatz, zusammen mit seinem Trainer, Nurrettin Yilmaz. Er ist als Welt- und Europameister angetreten, als Favorit in der Gewichtsklasse bis 68 Kilogramm. Doch was hilft das in einem Turnier der weltbesten Taekwondoin, die alle in der Lage sind, jeden Augenblick der Schwäche auszunutzen. Die erste Runde hat er nur knapp für sich entschieden, im Viertel- und im Halbfinale führte er seine technische und taktische Überlegenheit vor. In diese letzten Sekunden aber geht er nur mit dem denkbar knappen Vorsprung von 5:4 Punkten. Bagheri greift an. Er wehrt ab, man sieht ihm aber an, wie schwer es ihm fällt, fokussiert zu bleiben, nicht an seine Mutter zu denken, die zwei Monate vor den Olympischen Spielen gestorben ist und nicht an die Medaille, die Siegerehrung. Trotzdem trifft er. 6:4. Bagheri legt nach. 6:5. Zehn Sekunden. Fünf. Drei. Zwei. Eine. Und dann hat sich sein Leben für immer verändert. Servet Tazegül aus Nürnberg ist Olympiasieger." Foto: Jean-Christophe Bott/dpa © Jean-Christophe Bott, picture alliance / dpa
Tim Schleicher: Die perfekte Mischung
Nürnberger, Ringer, Olympia-Teilnehmer. Michael Fischer über Tim Schleicher: "Spricht man heute mit Weggefährten aus der damaligen Zeit, schwärmen die von TIM Schleicher. Fabian Schmitt beispielsweise, der zuletzt zweimal mit Wacker Burghausen Deutscher Mannschaftsmeister wurde, machte schon früh Erfahrungen mit dem vier Jahre älteren Ringer. Als er mit 14 Jahren erstmals in der Bundesliga dabei sein durfte, stand der Nachwuchs-Ringer immer mal wieder im Training mit Tim Schleicher auf der Matte. „Er war damals ja schon ein gestandener, erfolgreicher Mann“, erinnert sich Schmitt, „ich habe von ihm sehr viel gelernt, vor allem was die Härte angeht“." Foto: Roland Fengler © NZ, NZ
Willi Uebler: Ein Spezialist für Leibesübungen
Fürther, Kugelstoßer, Olympia-Teilnehmer. Sebastian Böhm über Willi Uebler: "Ein Jahr später katapultierte Uebler die 7,257 Kilogramm schwere Kugel auf 15,61 Meter. Er bewies damit, dass er hatte mithalten können mit Hirschfeld und den Amerikanern. Amsterdam aber kam noch zu früh für den Fürther. Bei Deutschen Meisterschaften sammelte er Silbermedaillen – hinter Hirschfeld. Mit dem Turnverein aber wurde Deutscher Vereinsmehrkampfmeister. Ein Gruppenfoto zeigt den durchtrainierten und im Vergleich zu seinen Nachfolgern ein Jahrhundert später schlanken Kugelstoßer. Wilhelm Uebler hätte in dieser Zeit auch einen hervorragenden Tarzan abgeben." Foto: Archiv © e-arc-tmp-20200628_131936-4.jpg, ARC
Tahir Gülec: Gegen den Familienfluch
Nürnberger, Taekwondo-Kämpfer, Weltmeister. Sebastian Gloser über Tahir Gülec: "„Er hat die Nerven und das Potenzial, den Körper und den Geist“, hat sein Onkel und Trainer einmal gesagt, 2013 hat Tahir Gülec das bereits auf einer sehr großen Bühne bewiesen. Beim WM-Finale im mexikanischen Puebla stand er ja nicht nur Lokalmatador Rene Lizarraga gegenüber, sondern auch 7000 frenetischen Zuschauern, die alle gekommen waren, um den 1,91 Meter großen und knapp 80 Kilogramm schweren, im Vergleich aber doch irgendwie zerbrechlich aussehenden jungen Mann aus Deutschland verlieren zu sehen. 20 Jahre alt war Gülec da gerade, man hätte gut verstanden, wenn er in Anbetracht der Umstände noch nicht den Körper, den Geist, vor allem aber nicht die Nerven gehabt hätte, das alles auszublenden. Erst recht nicht, nachdem er nach einem umstrittenen Kopftreffer vor der letzten Runde mit 1:4 in Rückstand lag. Cool bleiben, sich keinen Druck machen, alles ausblenden, zur Not auch 7000 Menschen, die einen ausbuhen – so ist Gülec alle seine Kämpfe angegangen, am besten geglückt ist ihm das 2013. Am Ende eines spektakulären Kampfes durfte er sich Weltmeister nennen." Foto: Lukas Schulze/dpa © A4642/_Lukas Schulze, ARC
Patrick Reimer: Nur als Mensch noch wertvoller
Nürnberger seit 2012, Eishockey-Nationalspieler, ewiger Kapitän der Ice Tigers. Sebastian Böhm über Patrick Reimer: "Reimer bekam das C auf sein Trikot genäht, da war er keine zwei Wochen in der Stadt, die ihm von August bis April zur Heimat werden sollte. Er startete als Posterboy für das Winter Game, war erster Ansprechpartner für große Siege gegen München, Mannheim, in der Champions League und in Davos und er stellte sich nach jedem Playoff-Aus. Reimer war bei jedem Treffen mit den Fans im Rollstuhl, im Winter schenkt er zu Gunsten notleidender Kinder auf dem Christkindlesmarkt Glühwein aus, jedes Jahr. Reimer ist der, der immer stehen bleibt, auf jedem Smartphone eines Ice Tigers-Fans finden sich Selfies mit Reimer. Und wenn ihn ein Rotzlöffel unverschämt um seinen Schläger anbettelt, dann lächelt er – und behält seinen Schläger." Foto: Thomas Hahn/Zink © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, NN
Charly Mai: Der Held aus dem Ronhof
Fürther, Fußballer, Weltmeister. Michael Fischer über Charly Mai: "Als Deutschland später mit 3:2 gewonnen hatte, da wusste Karl Mai, dass auch er einen großen Teil zu diesem Erfolg beigetragen hatte – auch wenn Max Morlock sowie Helmut Rahn, dem sogar zwei Tore gelangen, mehr im Mittelpunkt standen. „Na, hab ich den Kocsis gschnupft?“, soll Mai Sepp Herberger in der Kabine gefragt haben, die Reaktion des Bundestrainers ist nicht überliefert. Zimmermanns legendäre Worte blieben die bedeutendsten dieses Finalspiels, der geschnupfte Kocsis geriet in Vergessenheit. Ein Star war Karl Mai nach modernen Maßstäben nicht, berühmt aber war er durchaus, vor allem in seiner Heimatstadt Fürth. Seine Verlobte Else holte ihren Mann, der zu einem der Helden von Bern geworden war, 1954 in Nürnberg ab, „dann sind wir in einem offenen Wagen nach Fürth gefahren. Links und rechts der Nürnberger Straße jubelten die Menschen“, erinnerte sich Else Mai." Foto: Archiv © Archiv der SpVgg Greuther Fürth
Svenja Schröder: Das größte Talent
Nürnbergerin, Faustballerin, Weltmeisterin. Michael Fischer über Svenja Schröder: "Als die Bundestrainerin aber die Namen der zehn Spielerinnen veröffentlichte, die Deutschland bei der Weltmeisterschaft in Österreich vertreten sollten, stand auch Svenja Schröder auf der Liste. Sie musste dann erst zuschauen, sich als Talent hinten anstellen, doch im Halbfinale war ihr Moment gekommen. Mit harten und präzisen Schlägen brachte sie ihre Mannschaft ins Finale. Dort gewann Deutschland gegen die Schweiz und verteidigte den Weltmeistertitel, im vergangenen Jahr wurde Svenja Schröder auch Europameisterin." Foto: Jürgen Rauh/Zink © Sportfoto Zink / JüRa, ARC
Rainer Weber: Der Kran vom Zeisigweg
Nürnberger, Ringer, Olympia-Vierter. Michael Fischer über Rainer Weber: "Rainer Weber aber ist keiner, der damit hadert, nicht noch mehr erreicht zu haben, er hat jede Sekunde auf der Matte genossen. Auch wenn er mit den wenigen Niederlagen durchaus zu kämpfen hatte, „ich hab’ oft griena, wenn ich verloren habe“, erzählte das „Mannsbild mit den Bärenkräften“ dieser Zeitung im Februar 1996, als er seinen letzten Kampf in der Bundesliga absolviert hatte. 22 Jahre lang hat er „jede Saison durchgerungen“, da gaben die Gelenke einfach irgendwann nach. Aber Reue? Niemals. „Es war die beste Zeit meines Lebens“, sagt Weber." Foto: Eduard Weigert © e-arc-tmp-20200527_115541-5.jpg, ARC
Herbert Erhard: Der Bademeister vom Ronhof
Fürther, Fußballer, Weltmeister. Michael Fischer über Herbert Erhard (in Weiß, Max Morlock links): "Doch so hart Herbert Erhard auf dem Feld war, so sehr er seine Gegenspieler zum Verzweifeln brachte: Daheim in Fürth war er ein nahbarer Fußballer, ein Held zum Anfassen. Er arbeitete nach seiner großen Karriere als Sportlehrer an der Pfisterschule, im Sommer spielte er mit den Jugendlichen im Freibad am Scherbsgraben Fußball, weshalb die Menschen in der Stadt ihn irgendwann „Boadmassder“, Bademeister, nannten." Foto: Archiv © Erhard
Thomas Steiger: Liebe auf den zweiten Blick
Nürnberger, Goalball-Spieler, Paralympics-Teilnehmer. Sebastian Gloser über Thomas Steiger: "Beim Goalball treten zwei Mannschaften mit jeweils drei Spielern gegeneinander an, Ziel ist es den 1,25 Kilogramm schweren Klingelball im Tor des Gegners unterzubringen. Um Chancengleichheit herzustellen, tragen die Sportler eine lichtundurchlässige Brille, sie müssen sich ausschließlich auf ihr Gehör und ihre Reflexe verlassen. Wer zu spät reagiert, bekommt den Ball gerne mal mit voller Wucht ins Gesicht. Thomas Steiger hat über die Jahre ein großes Talent darin entwickelt, den Ball nur noch sehr selten ins Gesicht zu bekommen. Tagsüber lässt er sich zum Physiotherapeuten ausbilden, abends trainiert er mit der Mannschaft des Behinderten- und Versehrtensportvereins Nürnberg, an den Wochenenden fährt er zu Turnieren oder ist mit der Nationalmannschaft unterwegs. Er will noch besser werden, auch wenn er schon so viele Ziele erreicht hat." Foto: Lidia Piechulek © Lidia Piechulek, ARC
Michael Keck: Mit Altpapier im Kofferraum
Fürther, Badminton-Spieler, Rekordnationalspieler. Sebastian Gloser über Michael Keck: "Dass er es später trotzdem in zwei voll besetzte Stadien geschafft hat, liegt daran, dass sich Keck nicht nur in Badminton verliebte, sondern einer der besten Spieler Europas wurde. Mit Fortuna Regensburg wurde er erstmals als Erwachsener Deutscher Meister, bald zog es ihn ins Saarland, wo auch der Bundesstützpunkt gerade ein neues Zuhause gefunden hatte. Der Experte für die Mixed- und Doppel-Konkurrenz sammelte Titel in Serie, wurde Rekordnationalspieler, 1996 holte er bei der Europameisterschaft Bronze, zwei Jahre später sogar Silber. Wichtiger als Bronze, Silber oder Gold war und ist bis heute aber eine andere Währung im Badminton: Herzblut, so hat es Keck gerade erst wieder erzählt, war und ist die Basis in diesem Randsport. Das Bundesliga-Team in Regensburg wurde unter anderem durch den Verkauf von Altpapier finanziert, immer wenn er sich mit seinem Bruder Markus in Fürth aufmachte, luden sie den Kofferraum damit voll." Foto: Hans-Joachim Winckler © nas-fn-2000-08598.jpg, NN
Elke Philipp: Pferde als Lebenstherapie
Treuchtlingerin, Dressur-Reiterin, Silbermedaillengewinnerin. Wolfgang Laaß über Elke Philipp: "Ihre Philosophie hat die 56-Jährige auf der eigenen Internetseite (elke-philipp.de) verewigt. „Ich bin stolz, wenn es mir gelingt, mit meinen Pferden im Einklang zu sein“, steht da unter anderem, ihre physischen und sensorischen Defizite versucht sie, mit so genannten kompensatorischen Hilfsmitteln auszugleichen. „Ich fordere mich jeden Tag aufs Neue nach dem Motto: Eine Behinderung ist nur eine besondere Herausforderung, die gemeistert werden muss.“ Aufs Reiten als Reha-Form stieß sie erst während der Krankengymnastik nach ihrer Meningítis. Normalerweise sitzt Elke Philipp im Rollstuhl, kann aber auf Krücken laufen. Pferde geben ihr deshalb auch ein Gefühl von Freiheit, einfach ein gutes." Foto: Nadine Harms © Nadine Harms
Roland Diepold: Der König des Schlamms
Berchinger, Motocrosser, Serienmeister. Sebastian Gloser über Roland Diepold: "Verletzungen. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die Karriere von Roland Diepold und wer Mitschnitte aus der zumindest oberflächlich betrachtet goldenen Ära sieht – ohne Zeitlupe und mit hypnotisierendem Krautrock im Hintergrund – der wundert sich eher, dass Männer wie Diepold ihren Sport wenigstens bis Anfang 30 betreiben konnten. Die pure Anarchie ist auf den Mitschnitten zu sehen, Motorradfahrer, die sich schon mal ohne Rücksicht auf Verluste über den Haufen fahren, die hoch in der Luft stehen und durch Kurven gleiten, obwohl das verkrustete Visier eigentlich kaum noch Orientierung zugelassen haben dürfte." Foto: Mark Johnston © nas-hez-2001-05251.jpg, NN
Lisa Zimmermann: Gegen alle Konventionen
Nürnbergerin, Freestyle-Skierin, Weltmeisterin. Sebastian Gloser über Lisa Zimmermann: "2015 war es im österreichischen Kreischberg allerdings kein schlecht präparierter Ski, keine matschige Piste und auch kein Gedanke an den nächsten möglichen Sturz, der Lisa Zimmermann beinahe den ersten großen Titel gekostet hätte. Es war: der deutsche Skiverband. Vor der Weltmeisterschaft musste sie einen Fitnesstest absolvieren – und fiel durch. Der Verband wollte Zimmermann, das größte Talent dieses noch jungen und vor allem von Nordamerikanern dominierten Sports, nicht starten lassen. Zimmermann musste Formulare ausfüllen, im Falle einer Verletzung hätte sie das alleinige Risiko getragen. Sie unterschrieb. Dann fuhr sie in die Steiermark und wurde Weltmeisterin. Von Fitnesstests dieser Art bleibt sie seitdem verschont." Foto: Jens Büttner/dpa © Jens Buettner, ARC
Marco Wittmann: Es fehlte nur der Geldkoffer
Fürther, Rennfahrer, DTM-Champion. Sebastian Gloser über Marco Wittmann: "Wer sehen konnte, wie sich Wittmann die Freudentränen unter dem Visier wegwischte, der ahnte, wie schwierig, wie entbehrungsreich der Weg bis hier hin gewesen war. Er hatte sich trotz aller Widrigkeiten gegen die Gnadenlosigkeit im Betrieb durchgesetzt und jetzt wurde sie natürlich wieder gestellt, hundertfach: Ob es nun nicht auch für die Formel 1 reichen könnte? Wittmann gab erst geduldig, später, nachdem er 2016 zum zweiten Mal DTM-Champion geworden war, zunehmend genervt, die gleiche Antwort: er sei zufrieden mit seinem Platz, die Formel 1 – unbezahlbar, er könne eben nicht wie andere einen Geldkoffer mit 20 Millionen mitbringen, und ohne den schaffen es eben immer weniger in die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen." Foto: Jürgen Rauh/Zink © Sportfoto Zink / JüRa, ARC
Angelica Wagner: Demonstration der Anmut
Fürtherin, Eiskunstläuferin, WM-Teilnehmerin. Sebastian Gloser über Angelica Wagner: "„Bei einer Bärenkälte von Minus 20 Grad“, so stand es damals in dieser Zeitung, „rollte am Samstagabend ein großartiger Kampf der 20 Eisprinzessinnen um Sieg und Plätze ab.“ Schon am Freitag hatte sich Wagner in der Pflicht einen Vorsprung erarbeitet, nun glänzte sie erstmals auch bei der Kür. Eine „Demonstration der Anmut“ beobachtete der Sportredakteur der Nürnberger Nachrichten, „gelöst und lebhafter als sonst“ brannte Wagner „kantenrein“ einen Doppel-Salchow, einen Doppel-Rittberger und einen Doppel-Lutz ins Allgäuer Eis, die Pirouetten waren „zentriert“. Die Jury war überzeugt – von Trainer Walter Hofer und den Begleitern gab es „so viele Küßchen wie noch nie“ für die 16-Jährige." Foto: Hans Kammler © e-arc-tmp-20200702_145840-2.jpg, NN
Kurt Albert: Der rote Punkt bleibt für immer
Nürnberger, Kletterer, Revolutionär. Thomas Scharrer über Kurt Albert: "Rotpunkt-Philosophie an den drei Zinnen auf die Alpen und später auf legendäre Felstürme in Patagonien. Mit einem roten Punkt am Einstieg hatte Albert immer seine Routen quasi signiert und damit die Garantie gegeben, dass er die Route „frei“, also ohne technische Hilfsmittel bewältigt hatte. „Wer sich heute auf die Suche begibt nach der Seele des Sportklettern, nach dem Geist der Freikletterei, trifft in vorderster Linie auf den Namen Kurt Albert“, hat der Alpin-Journalist Uli Auffermann einmal geschrieben. Es ist eine bittere Ironie des Schicksals, dass der Mathematik- und Physiklehrer Kurt Albert, der die schwierigsten Wände der Welt besiegt hatte, an einem banalen Klettersteig in der Hersbrucker Alb zu Tode kam, der auch noch „Höhenglücksteig“ heißt." Foto: privat © privat, NN
Florian Schwarthoff: „Flo“, der Hürden-Riese
Erlanger, Leichtathlet, Deutscher Rekordhalter über 110 Meter Hürden. Thomas Scharrer über Florian Schwarthoff: "Es sollten drei weitere olympische Starts folgen, dreimal drang der Erlanger dabei in den Endlauf vor. 1992 in Barcelona belegte er Rang fünf, vier Jahre später folgte dann in Atlanta sein größter internationaler Erfolg. Schon 1994 in Helsinki mit EM-Silber dekoriert holte sich Schwarthoff im olympischen Hürdenfinale in der US-Metropole in 13,17 Sekunden die Bronzemedaille hinter den beiden US-Sprintern Allen Johnson (12,95) und Mark Crear (13,09). Was den Erfolg für die Region noch wertvoller machte, war Schwarthoffs Wechsel vom TV Heppenheim zum LAC Quelle Fürth im Jahr davor. Ein Sportler aus Erlangen gewinnt für den damals in der Leichtathletik dominierenden Fürther Klub eine olympische Medaille – „eine traumhafte Nacht für unseren Verein“, kommentierte LAC-Geschäftsführer Ludwig Franz diesen Erfolg." Foto: Erich Malter © e-arc-tmp_20170810-094617-002.jpg, NN
Klaus Wolfermann: Zwei Zentimeter
Altdorfer, Speerwerfer, Olympiasieger. Hans Böller über Klaus Wolfermann: "Jetzt gehörte beiden das ganze Stadion, die Dramaturgie verlieh dem Wettkampf Flügel. Lusis blieb noch ein Versuch, vier Jahre zuvor hatte er im letzten Anlauf den Finnen Jorma Kinnunen noch übertroffen, jetzt, dachte Wolfermann, wird sich auch Lusis daran erinnern. Der Konter fiel fulminant aus, der Speer flog weit über die 90 Meter hinaus, gut, dachte Wolfermann, es ist Silber. Es folgten die langen Sekunden der Weitenmesser, denen Millionen Menschen via Bildschirm atemlos zusahen. Das war erstmals nicht mehr reine Handarbeit, das digitale Zeitalter hatte begonnen, aber es dauerte – eine gefühlte Ewigkeit, ehe man den Jubel wahrscheinlich bis Altdorf hörte. Das Wunder war passiert, 90,46 Meter, Lusis fehlten winzige zwei Zentimeter." Foto: dpa © dpa, picture alliance / dpa
Pasquale Passarelli: Die goldene Brücke
Nürnberger aus Italien, Ringer, Olympiasieger. Thomas Scharrer über Pasquale Passarelli: "Nur mit dem Kopf und den Zehenspitzen, der Rücken zum Hohlkreuz durchgebogen, hatte Passarelli Kontakt zur Matte, hätte Eto diesen menschlichen Spannungsbogen gebrochen, wäre der damals 27 Jahre alte Passarelli auf die Schultern gekracht und hätte den Kampf verloren. Sicher, er hätte noch Silber gewonnen, aber Passarelli wollte Gold und kämpfte dafür eben rund 90 Sekunden gegen immer schlimmer werdende Schmerzen in seiner ohnehin lädierten Schulter. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Pasquale Passarelli, der kleine, aus Gambatesa stammende gebürtige Italiener, hielt seine Brücke, die so eben sprichwörtlich eine goldene wurde." Foto: dpa © p-nn-20130213-034921-0246.jpg, ARC
Bernd Kannenberg: Glücksfall für Franken
Fürther, Geher, Olympiasieger. Hans Böller über Bernd Kannenberg: "Kannenberg und Soldatenko gingen an diesem sonnigen Sommertag lange Schulter an Schulter, nach 35 Kilometern ließ der Deutsche den Europameister stehen und war, drei Jahre, nachdem er das Gehen entdeckt hatte, der erste westdeutsche Olympiasieger in dieser speziellen Kürübung, gefeiert von 80 000 Zuschauern im Stadion – zum Abschluss eines Tages, der als „Goldener Sonntag“ in die Sport-Annalen einging, zuvor hatten Klaus Wolfermann im Speerwerfen und Hildegard Falck über 800 Meter Olympiasiege für die Gastgeber feiern dürfen." Foto: Archiv © e-arc-tmp-20111109-153451-0001.jpg, ARC
Lydia Bauer: Das Gesicht einer großen Ära
Nürnbergerin, Handballerin, WM-Dritte. Thomas Scharrer über Lydia Bauer: "Lydia Bauer hat das zuverlässig und regelmäßig getan, auch in der deutschen Nationalmannschaft, für die sie in 23 Länderspielen 17 Treffer erzielte und 1965 WM-Bronze gewann. Auf dem Großfeld fielen ja längst nicht so viele Tore wie im heutigen Hallenhandall, dafür musste man läuferisch sehr gut für die großen Distanzen sein. Bauer war das, weshalb sie als Aushilfe auch bei den FCN-Leichtathleten gefragt war, wenn denen mal eine Frau in der Staffel fehlte. „Ich konnte gut in der Kurve laufen“, berichtet sie und gerät darüber ins Schwärmen, wie sich damals alle Abteilungen des 1. FC Nürnberg füreinander interessiert hätten. „Da hat jeder jeden gekannt. Die Leichtathleten die Fußballer und die Fußballer die Handballer. Das war ein Vereinsleben, wie man es heute gar nicht mehr kennt.“" Foto: dpa © e-arc-tmp-20200407_141336-1.jpg, ARC
Horst Leupold: Lebensliebe Fußball
Nürnberger, Fußballer, Deutscher Meister. Hans Böller über Horst Leupold: "Horst Leupold wird, von Zeitungen, Vereinen oder Bildungseinrichtungen, immer wieder gebeten, davon zu erzählen. Je weiter 1968 zurückliegt, desto größer wird das Ereignis, und der Club ist ja seither ziemlich geschrumpft. Leupold schmerzt das, er hängt sehr an seinem Verein, „nach meiner Familie das Wichtigste in meinem Leben“, sagt er, sei der 1.FC Nürnberg. Aber er gehört nicht zu den Besserwissern, die andere belehren oder maßregeln; wenn Horst Leupold erzählt, spürt man, was das bedeutet, Liebe zum Fußball, Liebe zum Club." Foto: dpa © e-arc-tmp-20130925-174742-001.jpg, ARC
Theresa Rohmann: Ein viel zu kurzes Glück
Nürnbergerin, Schwimmerin, Olympia-Teilnehmerin. Hans Böller über Theresa Rohmann: "Eine „Goldschwimmerin“ nannte sie Chef-Bundestrainer Ralf Beckmann, im Blick auf die Weltmeisterschaft 2005 in Montreal galt Teresa Rohmann als große Hoffnung. Sie hatte gelernt, sich durchzusetzen – dass die Karriere trotzdem tatsächlich auf ein frühes Ende zusteuerte, konnte da noch keiner ahnen. Im Januar gewann Teresa Rohmann das Berliner Weltcup-Rennen über 400 Meter Lagen, schon mit schmerzender Schulter qualifizierte sie sich als Deutsche Meisterin über 200 und 400 Meter Lagen souverän für Montreal, als der Flieger abhob, fehlte sie. Eine Operation am sensiblen linken Schultergelenk bedeutete, nach einigen Komplikationen, eine Pause von über eineinhalb Jahren, alle Comeback-Versuche endeten in Schmerzen, darüber kehrten auch die Zweifel zurück. Teresa Rohmann war immer viel besser, als sie es zu sein glaubte. Als sie gelernt hatte, sich richtig zu vertrauen, war die viel zu kurze Karriere schon zu Ende." Foto: Bernd Böhner © Bernd Böhner, NN
Bengt Zikarsky: Der Vier-Meter-Express
Erlanger, Schwimmer, eine Hälfte des erfolgreichsten Zwillingspaars im deutschen Schwimmsport. Hans Böller über Bengt (im Bild rechts, und Björn) Zikarsky: "Mit Bengt Zikarsky am Abend vor einem kleineren Wettkampf noch ein Bier zu trinken, war durchaus nicht ganz unüblich. Manchmal war sein Bruder Björn dabei, manchmal, heute kann man es ja sagen, waren es sogar zwei Biere. Die Zikarskys waren immer ziemlich freigeistige, nonkonforme Sportler, andere – die, die niemals ein Bier tranken – sagten gelegentlich: Chaoten, meistens mit dem Zusatz liebenswürdig. Liebenswürdig chaotisch zu sein und Weltklasse im Schwimmen, wenn das wirklich gehen sollte, hätten die Zwillinge Zikarsky gezeigt, wie." Foto: Florentine Schlagintweit © e-arc-tmp-20200506_112534-1.jpg, no credit
Marek Mintal: Geliebtes Phantom
Ehren-Nürnberger, Fußballer, Torschützenkönig. Hans Böller über Marek Mintal: "In seiner letzten Bundesligasaison glückte ihm kein einziges Tor mehr, aber Mintals letztes Heimspiel im Mai 2011 gegen die TSG Hoffenheim wird zu einem Erlebnis, „wie man es vielleicht nie mehr haben wird“, wie Torwart Raphael Schäfer danach sagte. Wieder weinten Zehntausende – und Marek Mintal mit ihnen, Rührung verband sie, Dankbarkeit, um „gute und um schlechte Zeiten“, wie es Mintal einmal gesagt hatte, weit über das Spielfeld hinaus. „Es war eine ganz große Liebe, das bleibt für immer so“, sagte Marek Mintal ins Stadion-Mikrofon. Jeder wusste, dass das kein zu großes Versprechen war." Foto: Daniel Karmann/dpa © Daniel Karmann, ARC
Ingeborg Wolf-Plank: Pionierin des Frauensports
Nürnbergerin, Speerwerferin, Olympiasiegerin der Herzen. Hans Böller über Ingeborg Wolf-Plank: "Damals war Bausenwein, die Sport, Geschichte und Geographie studiert hatte, noch Gymnasiallehrerin, als Witwe nahm sie 1944 in Erlangen das Studium der Medizin auf, das sie 1950 mit einem glänzenden Examen abschloss. Fortan war sie beides, Ärztin und Athletin, den Traum von Olympia wollte sie sich noch erfüllen – und schaffte es im Herbst ihrer ausklingenden Sportkarriere zu den Spielen 1952 in Helsinki, wo sie nicht mehr zu den Favoriten gehörte. Aber in Helsinki war sie schon mehr als die berühmte Sportlerin, bei der Wiederaufnahme Deutschlands in die olympische Familie führte die seit 1950 zum zweiten Mal verheiratete Ingeborg Bausenwein die Auswahl der jungen Republik als Kapitänin an und gehörte zum medizinischen Betreuerteam. Die erste Karriere endete mit Platz zwölf – die zweite führte Ingeborg Bausenwein als Mannschaftsärztin regelmäßig zu den Olympischen Spielen, letztmals 1972 in München, wo Ruth Fuchs und Klaus Wolfermann aus Altdorf bei Nürnberg die ersten olympischen Goldmedaillen im Speerwerfen für Deutschland gewannen." Foto: Archiv © e-arc-tmp-20150715_130756-3.jpg, ARC
Gerda Reitwießner: Eine Frau für alle Bälle
Nürnbergerin, Handballerin, neunmalige Deutsche Meisterin. Thomas Scharrer über Gerda Reitwießner: "Viele große Trainer wie Adolf Feldlin, Erwin Porzner oder Volker Schneller hat sie in dem erfolgreichen Jahrzehnt erlebt, aber hervorheben möchte sie keinen. „Ach“, sagt sie, „sie hatten alle ihre Stärken.“ Die größte Stärke von Gerda Reitwießner war wohl, dass sie kaum eine Schwäche hatte – und so vielseitig einsetzbar war. Sie spielte auf dem Großfeld und in der Halle im Angriff oder in der Verteidigung, sie war flink und bekannt dafür, dass sie den Gegnerinnen flugs mal den Ball klaute. Und sie war – ohne große Wurfgewalt zu haben – sehr treffsicher. „Ein gutes Auge und enorm trickreich“, so beschreibt Walter Keim, damals beim FCN der große Handball-Zampano, die Spielerin Gerda Reitwießner – „und sehr gesellig“, schiebt er nach." Foto: Kurt Schmidtpeter © e-arc-tmp-20200519_155037-1.jpg, ARC
Stephan Harlander: „Harli“ im Basketball-Biotop
Nürnberger, Zweitliga-Basketballer, Legende. Thomas Scharrer über Stephan Harlander (links, bei dem Versuch, Dirk Nowitzki zu stoppen): "„Vergangenheit, ist vergessen“, sagt er und zupft sich kurz das T-Shirt von der Brust – eine seine schon als Spieler typischen Gesten, wenn er sich ärgert, das aber nicht unbedingt zugeben will. Jene Vergangenheit, an die er sich gerne erinnert, die fand ja schon vor diesem juristischen Scharmützel statt. Es ist die Geschichte über einen Buben, der als Zwölfjähriger zur DJK Falke Nürnberg kam, um dort Basketballer zu werden. Nach einigen Jahren schaffte es der Aufbauspieler in die erste Herrenmannschaft, und weil auch andere sein Talent erkannten, spielte er von 1992 an drei Jahre lang bei Breitengüßbach in der 2. Bundesliga. „Ja“, sagt er, „und dann haben sie mir angeboten als Spielertrainer zurück zur DJK zu kommen.“ Die trat damals in der Regionalliga an, es war eine schöne, kleine Basketballwelt, die sich Falke-Abteilungsleiter Fritz Böhme gemeinsam mit anderen basketballverrückten aufgebaut hatte. Die Spiele fanden im Untergeschoss der Gesamtschule Langwasser statt, auf den ledernen Bezügen der großen Kästen für den Schulsport wurde eines der feinsten Kuchenbuffets (das Stück zu einer Mark) angeboten, an das wir uns im Nürnberger Sport erinnern können." Foto: Michael Matejka © arc-curr-20110614-182925-0002.jpg, ARC
Dieter Burkhardt: Schöne Geschichten vom Altmeister
Wahl-Katzwanger, Rennradfahrer, Deutscher Meister. Thomas Scharrer über Dieter Burkhardt: "Vor allem der erste Erfolg gemeinsam mit Dieter Flögel, Friedrich von Loeffelholz und Dieter Münch war für die RSG Katzwang damals so eine Art Ritterschlag; und es war ein Rennen, das in Burkhardts Erinnerung schon deshalb ganz weit oben rangiert, weil die Vierer-DM damals in Dittelbrunn stattfand, wo er als Radsportler seine ersten Meriten gesammelt hatte. „Wir haben wie die Verrückten auf dieses Zeitfahren trainiert“, erzählt er, „und wir waren so heiß, dass uns damals der strömende Regen überhaupt nichts anhaben konnte.“ Auf der Pendelstrecke zwischen Schweinfurt und Hassfurt seien er und seine drei Mitstreiter „regelrecht übers Pflaster geflogen“. Von der Siegerehrung gibt es das Schwarzweißfoto, auf dem Burkhardts Vater mit verklärtem Blick unterm Siegerpodest steht und fast mehr ergriffen wirkt als sein Sohn. Burkhardt senior war damals ein wichtiges Rad im Getriebe der Katzwanger und später Nürnberger Rennsportgruppe, denn die Laufräder, die er per Hand einspeichte, hatten in der Szene den legendären Ruf, fast nicht zerstörbar zu sein." Foto: Günther B. Kögler © arc-200709_cd88-0034.jpg, NN
Barbara Fischer: WM-Titel als Krönung
Nürnbergerin, Rollschnellläuferin, Weltmeisterin. Thomas Scharrer über Barbara Fischer: "Sie war nicht zu übersehen. Barbara Fischer ragte schon dank ihrer Größe und ihrer Athletik immer ein wenig heraus aus einem Feld von Rollschnellläuferinnen, die auch oft auf der Bahn des 1. FC Nürnberg am Valznerweiher ihre Runden im Training oder bei Wettkämpfen drehten. Und sie war, passend zu ihrer imposanten Erscheinung, auch enorm erfolgreich. Ihre große Zeit hatte Fischer in den 1980er Jahren, damals noch auf herkömmlichen Rollschuhen mit zwei parallel stehenden Rollenpaaren, sogenannten Quads. Diese wurden 1992 von den in Mode gekommenen Inlinern abgelöst, bei denen die vier Rollen in Linie hintereinander befestigt sind. Zu diesem Zeitpunkt hatte Barbara Fischer ihre Karriere gerade aus gesundheitlichen Gründen beendet, allerdings nicht ohne diese bei der letzten traditionellen Weltmeisterschaft im herkömmlichen Rollschnelllauf noch mit ihrem größten Erfolg zu krönen." Foto: Herbert Voll © e-arc-tmp_20150901-130026-001.jpg, ARC
Andreas Köpke: Sternstunden in Wembley
Ehren-Nürnberger, Fußballnationaltorhüter, Europameister. Hans Böller über Andreas Köpke: "Loyal, beinahe edelmütig: Das trifft Andreas Köpke, geboren 1962 in Kiel, gut, man hat diesen sehr verlässlichen Mann nie herablassend oder gereizt, nie streitsüchtig erlebt, er trat immer höflich und zuvorkommend auf. Jedwede Art der Selbstdarstellung war ihm völlig fremd, er glänzte zwischen den Pfosten – und machte eine Karriere, die ihm nicht einmal jeder, der ihn mochte, unbedingt zugetraut hatte. Die begann – nach Stationen bei Holstein Kiel, dem SC Charlottenburg und Hertha BSC – in Nürnberg erst richtig. „Eigentlich fand ich ihn körperlich etwas zu klein“, erinnerte sich Torwart-Trainer Manni Müller später, „aber Andi war unheimlich ehrgeizig und lernbereit.“ Als sich im August 1986 Herbert Heider schwer verletzte, rückte der als Nummer zwei verpflichtete Köpke nach – und gab sein Debüt bei einem 3:5 in Bremen, ein prominenter Nürnberger Sportredakteur prophezeite: „Mit dem Torwart, das wird nie ’was.“" Foto: Oliver Berg/dpa © Oliver Berg, ARC
Tobias Dier: Three-Hit-Wonder
Nürnberger, Golf-Profi. Wolfgang Laaß über Tobias Dier: "Einer der erfolgreichsten Deutschen, die jemals auf die Tour durften, ist er ja nach wie vor und wird es wohl auch mangels qualifiziertem Nachwuchs noch länger bleiben. Und einer der ganz wenigen, die mal Nick Faldo, John Daly oder Lee Westwood geschlagen haben. An den fünf besten Tagen seiner Karriere, damals, Ende Juli 2002 in Hilversum. Wovon er leider nicht mehr so viel weiß. „Ich erinnere mich noch an die zwei ersten und die zwei letzten Bahnen, der Rest ist weg.“" Foto: Harald Hofmann © Harald Hofmann
Christiane Pape: Eine Excel-Tabelle für die Titel und Medaillen
Lauferin, Tischtennis-Spielerin, Paralympionikin. Wolfgang Laaß über Christiane Pape: "Obwohl ihr der damalige Bundespräsident Richard von Weizäcker bereits 1993 das „Silberne Lorbeerblatt“ verliehen hatte, musste sie selbst in ihrer Heimatstadt Nürnberg erst noch um Anerkennung kämpfen; Bayreuth war da etwas schneller und kürte sie 2004 nicht nur aufgrund der beeindruckenden Auftritte im dortigen Rollstuhl-Sportverein zur „Sportlerin des Jahres“; der damalige Oberbürgermeister Dieter Mronz hob in seiner Laudatio vor allem ihre Willensstärke und Selbstdisziplin hervor – ohne die es Christiane Pape vermutlich nicht so weit nach oben geschafft hätte. „Ich hatte meine Hände, ich hatte meinen Kopf, in der Bayreuther Klinik waren ja Patienten, die gar nichts mehr bewegen konnten“, so erklärte sie mal ihre Trotzreaktion, letztlich die Basis für einen neuen, unglaublich inspirierenden Lebensinhalt, der auch ihrem Selbstwertgefühl ausgesprochen gut tat. „Zu meiner Zeit“, sagt Christiane Pape im Gespräch mit unserer Redaktion, „bin ich ja nie ohne Medaille heimgekommen.“ Foto: privat © nas-nn-1998-02374.jpg, ARC
Karl-Friedrich Haas: In Vaters ausgelatschten Schuhen
Nürnberger, Leichtathlet, Silber-Medaillengewinner bei Olympischen Spielen. Thomas Scharrer über Karl-Friedrich Haas: "Und da sind die vier Bücher im Format DIN A5, die uns Karl-Friedrich Haas einmal zeigte. Sein ganzes Leben hat er darin notiert. Unter dem 29. November 1956 steht sein größter Erfolg vermerkt: Olympia-Zweiter über 400 Meter in Melbourne. Und auch noch die persönliche Bestleistung von 46,2 Sekunden. Die sprintete Haas allerdings im Halbfinale. Im Finale hätten sie zum Sieg gereicht, aber da blieben die Stoppuhren für den damals 25-Jährigen bei 46,8 Sekunden stehen; und damit war er ein Zehntel länger unterwegs als der neue Olympiasieger Charles Jenkins aus den USA. Karl-Friedrich Haas war damals schon längst ein Aushängeschild der deutschen Leichtathletik - und ein besonders hell strahlendes des 1. FC Nürnberg, dessen Läufer, Springer und Werfer damals zu den besten in Deutschland zählten." Foto: dpa © e-arc-tmp-20200327_104436-1.jpg, ARC
Max Müller: Weltklasse
Nürnberger, Kapitän der Hockey-Nationalmannschaft, Olympiasieger (zweimal). Sebastian Böhm über Max Müller: "Die Goldmedaille von Peking 2008 hat seitdem schwer gelitten. Müller hat von „obligatorischen Bisspuren“ berichtet und von einem Filzstiftstrich als Andenken an eine von vielen Autogrammstunden. Und doch glänzt sie noch als Symbol für einen Generationswechsel in der deutschen Hockey-Nationalmannschaft. Müller beerbte erst Crone und dann sogar Timo Weß als Kapitän. Die Binde war ihm anfangs zu groß, weil Weß nicht nur durch knallharte Querpässe auffiel, sondern auch durch einen beeindruckenden Bizeps. Aber auch in diese Rolle wuchs Müller, weil er der perfekte Führungsspieler war – und ein „überragender Verteidiger, einer der besten, der dieses Spiel je gespielt hat“. Florian Fuchs hat das nach dem Abschiedsspiel gesagt, fünf Jahre zuvor war er mit Wesley und Kapitän Max Müller Olympiasieger in London geworden." Foto: Jürgen Rauh/Zink © Sportfoto Zink / JüRa, NN
Hans Kalb: Der Beste seiner Zeit
Nürnberger, Fußballer, fünfmaliger Deutscher Meister. Fadi Keblawi über Hans Kalb (in zivil, vor dem legendären Endspiel in Leipzig gegen den HSV 1922): "Er war laut, böse, trinkfreudig und eine Schäufele nie abgeneigt. Oder, um es mit Sepp Herberger zu sagen: „Der beste deutsche Fußballer seiner Zeit.“ Im April 1944 starb Hans Kalb an den Folgen einer Infektion. 45 Jahre alt war er nur geworden, es hatte ihm die kurze Zeit gereicht, zu einer Berühmtheit zu werden – weit über Nürnberg hinaus. Kalb wäre heutzutage ein Liebling der aufgeregten Medienlandschaft gewesen. Im Standardwerk „Die Legende vom Club“ wird der Club-Chronist Hans Hofmann zitiert: „Man muss die noch lebenden Zeitgenossen von Hans Kalb erzählen hören, wie er verstand, seinen Bewachern – nicht auf den Spielfeld, sondern in den Unterkünften – ein Schnippchen zu schlagen, um in mitternächt´ger Stunde noch auszurücken und dem leichtsinnigen Gott Bacchus das notwendige Opfer zu bringen.“" Foto: dpa © Harro Schweizer/dpa
Hannah Krüger: Out of Buchenbühl
Nürnbergerin, Hockey-Nationalspielerin. Fadi Keblawi über Hannah Krüger: "Sie spielte dann bald sehr dauerhaft in der Nationalmannschaft, insgesamt 166 Mal. Rückschläge gab es aber weiterhin. Als sie schon 63 Spiele absolviert hatte für Deutschland durfte Krüger zum letzten Lehrgang vor den Olympischen Spielen 2012. Zu den Olympischen Spielen durfte sie nicht. Am Tag nach dem Lehrgang erreichte sie eine elektronische Nachricht des Bundestrainers, in der ihr mitgeteilt wurde, dass es nicht klappt mit der Reise nach London. „Das Schlimmste“, sagte sie damals, „war das erste Treffen mit meinen Eltern danach.“ Tränen waren geflossen, aber Krüger fand zurück in ihr Hockey-Leben. 2013 wurde sie Europameisterin, 2016 durfte sie mit zu den Olympischen Spielen und gewann die Bronzemedaille." Foto: Ralf Rödel © Ralf Rödel, NNZ
Ute Schiffmann: Die Kämpferin
Wahl-Nürnbergerin, Moderne Fünfkämpferin, Titelsammlerin. Fadi Keblawi über Ute Schiffmann: "Sie hat sich trotzdem hineingekämpft. Als Feministin sah sie sich bei diesem Kampf nie, sagt Schiffmann heute. Kritisch betrachtet sie die Geschlechterbehandlung trotzdem immer noch. „Es gibt heute mehr Gleichberechtigung“, sagt sie, „aber da ist schon auch noch Nachholbedarf.“ Auch dass sie da in einer Sportart unterwegs war, in der sich kein Geld verdienen lässt, ist ihr im Rückblick egal. „Ich hatte ja meinen Sport“, sagt sie. Und der Sport blieb ihr, auch nachdem sie ihre Karriere nach der Weltmeisterschaft 1982 zumindest im Leistungsbereich beendet hat." Foto: Matthias Kamm © matthias kamm, ARC
Georg Voggenreiter: Unvergessen, der „Vogges“
Nürnberger, Radrennfahrer, Titelsammler. Thomas Scharrer über Georg Voggenreiter: "Ja, der „Vogges“, er war wohl mit seiner Urgewalt auf dem Renn- und Bahnrad, seiner verbalen Schlagfertigkeit und seiner Leidenschaft so etwas wie das erste große Nürnberger Radsport-Idol. Dabei hatte der 1919 in der Noris geborene Georg Voggenreiter nun gar nicht die körperlichen Voraussetzungen für diesen Sport. Seine Beine und Arme waren muskulös wie die eines Ringers oder eines Gewichthebers, und als er als Jugendlicher mal zu einem Sichtungslehrgang in Dortmund war, schickte ihn der zuständige Trainer Walter Rütt ziemlich brüsk als „untauglich“ zurück nach Hause. Foto: Archiv/Manfred Marr © arc-200911_cd145-20091124-221905-0090.jpg, ARC
Lothar Matthäus: Loddar
Herzogenauracher, Fußballer, Weltmeister. Fadi Keblawi über Lothar Matthäus: "Er wurde ein Weltstar, als man sich 1990 in seiner Wahl-Heimat zur Weltmeisterschaft traf. Im ersten Gruppenspiel gegen Jugoslawien traf Matthäus zweimal beim überraschend deutlichen 4:1. Das zweite Tor eine Offenbarung, als er mit dem Ball am Fuß über den halben Platz rannte und trocken mit rechts traf, ein ikonisches Tor. „Wenn er so spielt, gibt es keinen Besseren auf der Welt“, sagte Beckenbauer." Foto: dpa © Frank Kleefeldt, NN
Daniela Götz: Immer auf der Suche
Katzwangerin, Schwimmerin, Medaillen-Sammlerin. Hans Böller über Daniela Götz: " Daniela Götz erlebte die letzten großen deutschen Schwimmerinnen nicht nur, sie gehörte dazu, als respektierte Rivalin. Aber so wenig, wie sie ein Vorbild suchte, wollte sie eines sein, und obwohl sie – erfolgreich, eloquent, attraktiv – alle Voraussetzungen mitbrachte für eine öffentliche Sportfigur, mochte sie diese Rolle nie spielen. Es waren, weil van Almsicks Karriere mit Athen beendet war, die Jahre, als der Boulevard händeringend „die neue Franzi“ suchte, Daniela Götz lehnte dankend ab. Britta Steffen, sagte sie, sei ihr „vielleicht noch eine Art Vorbild, aber eher eine Freundin, sie ist eine ganz Liebe – aber mit Franziska kann ich mich gar nicht vergleichen“." Foto: Bernd Settnik/dpa © Z1015 Bernd Settnik, dpa/dpaweb
Volker Schneller: Der Herzens-Franke
Wahl-Franke, (Feld)Handballer, Weltmeister. Wolfgang Laaß über Volker Schneller (im Bild, links, mit Fritz Walter): "Dazwischen: etliche Titel und Triumphe. 1960 und 1962 deutscher Meister mit dem TSV Ansbach, wobei ihm vor allem das zweite Finale vor knapp 30 000 Zuschauern im Nürnberger Zabo für immer im Gedächtnis bleiben wird, ebenso der WM-Gewinn 1966 mit der deutschen Auswahl und Erwin Porzner, seinem Freund fürs Leben. Offiziell 28 Länderspiele bestritt Volker Schneller, 20 auf dem Feld, acht in der Halle. Und warf dabei um die 70 Tore, das eine oder andere auch 1961 in Wien, vor knapp 100000 Zuschauern im Prater-Stadion. Die Feldhandballer hatten es seinerzeit ins Vorprogramm des Fußball-Länderspiels Österreich gegen Brasilien geschafft." Foto: Archiv © Archiv
Jörg Spengler: Olympia im „Pengertz-Ratz“
Wahl-Nürnberger, Segler, Weltmeister. Hans Böller über Jörg Spengler: "Im „Pengertz-Ratz“ segelte Spengler 1976 mit seinem Vorschotmann Jörg Schmall, der zeitlebens ein Freund blieb, auf dem Ontariosee zur olympischen Bronzemedaille in der Tornado-Klasse, in der er auch, 1975 in Kopenhagen und 1977 in Long Beach, zwei Weltmeistertitel und 1970 den Gewinn der Europameisterschaft feiern durfte. Vielleicht wäre Jörg Spengler sogar Olympiasieger geworden, aber 1980, als Mitfavorit auf Gold, wurde er eines der Opfer des Boykotts der Sommerspiele von Moskau durch weite Teile der westlichen Welt. „Die Politisierung des Sports war das wirklich Schlimme“, sagte Spengler zwei Jahrzehnte später auf einer Podiumsdiskussion der Deutschen Olympischen Gesellschaft in Nürnberg, „die Enttäuschung nach einer aufwendigen Vorbereitung war fürchterlich.“ Foto: Kurt Schmidtpeter © arc-200501_cd3-0326.jpg, ARC
Martin Jellinghaus: Ein Weltklasse-Sportler mit Haltung
Im Estadio Olímpico Universitario steigerte er sich auf Zeiten, die allein seinen Trainer Bert Sumser und ihn selbst nicht überraschten. „Voll fokussiert“ rannte er auf 2300 Metern Höhe 44,9 Sekunden im Zwischenlauf und egalisierte Kaufmanns Europarekord. Im Finale wurde er Fünfter, als Schlussläufer der Viertelmeilerstaffel sicherte er Deutschland und sich selbst Bronze. Dass Bob Beamon in diesen Tagen 8,90 Meter weit und Dick Fosbury rückwärts über die Latte flog, bekam er jeweils danach erzählt. Auch von Tommie Smith, John Carlos und Peter Norman, gegen die er selbst gerannt war, die er schätzte, für ihre Leistungen und für ihre Haltung. Jellinghaus sympathisierte mit der Black Power-Bewegung und mit jedem, der sich gegen Hass und Unterdrückung aussprach. Dass er selbst den Button trug, vermeldete eine Zeitung im fernen Deutschland. Aber anders als für Smith und Carlos gab es für den angehenden Zahnarzt keine Konsequenzen. Noch nicht. Weil der geflüchtete DDR-Läufer Jürgen May bei der EM 1969 nicht starten durfte, boykottierte die deutsche Mannschaft in Piräus die Einzelwettkämpfe. Jellinghaus war ihr Sprecher. Ein halbes Jahrhundert später zuckt er mit den Schultern, sagt: „Es war ein Fehler.“ Er wäre Europameister geworden." Foto: Werek/Imago © imago sportfotodienst, NN
Friedrich von Loeffelholz: Ein Rad-Baron als erste Leitfigur der „Blauen“
Nürnberger, Radrennfahrer, Freiherr. Thomas Scharrer über Friedrich von Loeffelholz: "1978 eröffnete der Rad-Baron, der mit vollem Namen Friedrich Freiherr von Loeffelholz von Colberg hieß, diese Erfolgsserie jener Radrebellen, die als eingeschworenes und manchmal auch ein wenig eigensinniges Team lange Zeit dem Bund Deutscher Radfahrer die Zornesader schwellen ließen. Von Loeffelholz war als erste Leitfigur auch maßgeblich daran beteiligt, dass sich so starke Amateure wie Dieter Burkhardt und Dietel Flögel der RSG anschlossen; als diese Drei mit Dieter Münch als viertem Mann 1979 den Meistertitel im Straßenvierer holten, da dürfte das einer der schönsten Erfolge des Rad-Barons gewesen sein." Foto: Archiv/Manfred Marr
Christian Haas: Der Ästhet
Nürnberger, Vereins-Fürther, der vielleicht schnellste Mann seiner Zeit. Sebastian Böhm über Christian Haas (mit Ben Johnson): "Johnsons „Vitamine“ machten ihn erst zum schnellsten Mann der Welt, zu einem Star, einem Phänomen und dann zur Hauptfigur des ersten Dopingskandals. Mittlerweile weiß man, dass Lewis, Griffith-Joyner und alle anderen Medaillengewinner der 80er-Jahre ebenfalls von Vitaminen und von Vitamin B profitiert haben. Haas hatte derweil keine auffälligen Leistungssprünge, brauchte im Gegensatz zu den Vitaminsprintern ideale Bedingungen, um Bestzeiten und Rekorde zu verbessern. So wie am 28. Mai 1980 in Ost-Berlin. „Das Rennen schlechthin“, erzählte Haas. „Auf einmal blinkt da eine 10,12 auf, nach einem Lauf, in dem du nichts gespürt hast, in dem du nichts mitbekommen hast. Ein schwereloser Sprintzustand. Der Nachteil war, das jemand über Lautsprecher gesagt hat, das sei westdeutscher Rekord. Und so wurden 0,7 Meter Rückenwind plötzlich unzulässige 2,1 Meter/Sekunde, weil ein Westdeutscher in Ost-Berlin natürlich keinen Rekord laufen durfte.“" Foto: Imago © imago sportfotodienst
Johann Nüsslein: Nürnberger Wunderkind
Nürnberger, Tennisspieler, Nummer eins der Weltrangliste. Wolfgang Laaß über Hanne Nüsslein: "Als „Boris Becker der 30er Jahre“ bezeichnete ihn einst sein Biograph Robert Geist; mit dem dreimaligen Wimbledon-Sieger gemein hatte er schon seinerzeit den Berufsspielerstatus, allerdings eher unfreiwillig, weil damals ausschließlich Amateure in Roland Garros oder bei den US Open antreten durften. Mitglieder eines offenbar rivalisierenden Vereins petzten den zuständigen Beamten, dass Johann Nüsslein die eine andere Trainer-Stunde nicht ganz unentgeltlich gegeben hatte. Und schon war er zeitlebens um die Teilnahme an den bedeutsamsten Turnieren gebracht." © Foto: NN-Archiv
Willi Fuggerer: Der Frust des „schnellen Willi“
Nürnberger, Rennradfahrer, Medaillengewinner. Thomas Scharrer über Willi Fuggerer (hinten): "Auch Jahre später, nachdem der damalige Star des RC Herpersdorf mit seinem Partner Klaus Kobusch (Bocholt) 1964 bei den Sommerspielen in Tokio Bronze auf dem Tandem gewonnen hatte, konnte er sich mit den Umständen dieses „Erfolges“ so gar nicht abfinden. „Über den dritten Platz habe ich mich nicht freuen können, denn eigentlich hatten wir Gold bereits ziemlich sicher“, erzählte Fuggerer einmal dem Nürnberger Radsport-Experten und -Journalisten Manfred Marr. Wenigstens konnte der rauschende Empfang in Herpersdorf den damals 22-Jährigen ein wenig über den verpassten Olympiasieg hinwegtrösten." © e-arc-tmp_20150908-162859-001.jpg, NN
Max Morlock: Idol für alle
Nürnberger, Fußballer, Weltmeister. Hans Böller über Max Morlock: "Der Halbstürmer Morlock, gelernter Mechaniker („Seine Führung war lobenswert“, stand im Lehrlings-Zeunis der Firma Noris Zünd-Licht), war Nürnbergs erster Fußballer des Jahres und erster Bundesliga-Torschütze, aber Ehrungen und Zahlen reichen bei weitem nicht aus, um diesen stets freundlichen und gern lustigen Menschen zu würdigen. „Er war ein Kapitän, vor dem du am liebsten sogar während des Spiels den Hut gezogen hättest“, hat Heini Müller einmal gesagt, „ein feiner Kerl, über den man nur das Beste äußern kann.“" Foto: Friedl Ulrich © arc-curr-20110712-142023-0002.jpg, NN