Leichtathletik-DM: Fürths Schneider will angreifen
6.8.2020, 10:56 UhrPatrick Schneider ist kein Virologe, aber seine Vorhersagen erweisen sich als präzise. "Irgendwann", sagte er im April, "werde ich in diesem Jahr noch zeigen können, wie schnell ich bin." Thomas Bach hatte sich da gerade dazu durchringen können, die Olympischen Spiele um ein Jahr zu verschieben. Schneider hatte damit gerechnet, trotzdem löste sich auf, wofür er sein Leben umgekrempelt hatte, wofür er nach Birmingham gezogen war, wofür er hart trainiert hatte, erst im mittelenglischen Nieselregen, dann auf der Wöhrder Wiese. Trotzdem blieb er optimistisch. 2020 würde er an 400-Meter-Rennen teilnehmen. Vielleicht nicht in Tokio. Aber irgendwo.
Olympische Spiele sollen 2021 auch mit Corona stattfinden
Mit den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen ist auch die Leichtathletik wieder erwacht. Nach den Olympischen Spielen 2020 wurden zwar auch die Europameisterschaften in Paris abgesagt. Am Wochenende aber treffen sich 477 Leichtathleten in Braunschweig. Die Deutschen Meisterschaften sind der erste, letzte und wichtigste Saisonhöhepunkt zugleich. Und Schneider, der optimistische 400-Meter-Sprinter vom LAC Quelle Fürth, wird mit dabei sein.
Hygienekonzept statt Zuschauer
Aber natürlich wird im Städtischen Stadion an der Hamburger Straße vieles anders sein. Auch für die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften liegt ein detailliertes Hygienekonzept vor, das nicht mehr als 999 Personen auf dem Stadiongelände zulässt. Weil auch die Leichtathletik auf Zuschauer verzichten muss, aber auf Kampfrichter nicht verzichten kann, müssen Athleten nach ihrem Wettkampf das Stadion zügig verlassen. Betreten dürfen sie es nur nach einem Fiebertest.
Wie viele Betreuer ein Verein nach Braunschweig schicken darf, legt ein strenger Schlüssel fest. Neben Schneider haben sich die starke 1500-Meter-Läuferin Kerstin Hirscher, Jonas Hügen (200 Meter), Jamie Williamson (800) und Tanja Neubert (5000) qualifiziert. Der LAC Quelle Fürth dürfte also drei Betreuer entsenden. Wettkämpfe finden schon des längeren wieder statt. Patrick Schneider hatte sich Anfang Juni mit Sprintern auf der ganzen Welt zu einem Wettkampf vernetzt. In Braunschweig aber wagt der Deutsche Leichtathletikverband erstmals eine Großveranstaltung und das sind Deutsche Meisterschaften auch ohne Zuschauer.
"Ganze Leichtsathletik-Welt wird nach Braunschweig schauen"
Auch dem DLV geht es dabei ums Geld. "Der Verlust wäre im hohen sechsstelligen Bereich gewesen", stellte Präsident Jürgen Kessing am Mittwoch in einer Videopressekonferenz fest. Und es geht um Fernsehbilder. ARD (Samstag ab 17.10 Uhr) und ZDF (Sonntag ab 17.10 Uhr) übertragen insgesamt fünf Stunden live. Das ist vor allem für die Werbepartner des DLV wichtig. "Wir hätten sonst Vertragsgespräche führen müssen, die nicht ganz angenehm gewesen wären." Kessing ließ es sich aber ebenso wie seine Kollegen vom Fußball und vom Basketball nicht nehmen, die Bedeutung der Veranstaltung hervorzuheben. Kessing ist Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen und kein Virologe, prognostiziert aber: "Die ganze Leichtathletik-Welt wird am Wochenende nach Braunschweig schauen."
Der LAC fiebert der Leichtathletik-DM entgegen
Sollte das so kommen, wird sie sehen, dass viele deutsche Leichtathleten die schwierige Zeit sinnvoll genutzt haben. Der Speerwerfer Johannes Vetter tritt in Braunschweig als Zweiter der Weltbestenliste an, über 100 Meter der Frauen fordert Rebekka Haase als Fünfte der Welt Gina Lückenkemper heraus. Und über 400 Meter muss sich Patrick Schneider an seiner Vorhersage messen lassen. Seine Vorleistung von 46,51 Sekunden ist ordentlich, der 27-Jährige glaubt aber, den Rasen in der Mitte des Stadions schneller umrunden zu können.
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